Wer das Spiel nicht gesehen hat und nach der Schlusssirene lediglich unten im Kabinengang den Erklärungen von Zugs Trainer und seinen Spielern lauscht, weiss, was zuvor auf dem Eis los war. Sogar in den Ausführungen der offensiven Leitwölfe – wie Lino Martschini oder Grégory Hofmann – sind fast nur Wörter wie «kompakt», «solid», «defensiv sehr gut», «und natürlich Leo» (gemeint sind die Paraden von Goalie Leonardo Genoni) oder «fokussiert» zu hören.
Trainer Dan Tangnes spricht noch nicht vom besten Spiel seiner Mannschaft in diesem Viertelfinal. Aber von der solidesten Leistung. Es war also eine Partie, die sich für ein Hörspiel eignet. Zuhören hat genügt, um zu verstehen. Sehen war nicht erforderlich.
Die Lakers haben die drei ersten Partien optisch und statistisch dominiert und eine davon gewonnen. Mit 43:19 Torschüssen das erste (2:5), mit 36:25 (3:4) das zweite und 33:27 (4:1) das dritte und einzige siegreiche Spiel. Auch wenn sie nur diese dritte Partie zu gewinnen vermochten, so blieb doch der mutmachende Schönheitspreis nach dem Motto: «Besser gespielt, aber verloren.»
Wobei: Der Zweck des Spiels ist einzig und allein der Sieg. Wer verliert, kann gar nicht besser gespielt haben. Höchstens schöner. Aber der einzige Sport, bei dem jahrelang ein Schönheitspreis für Verlierer vergeben wurde, ist das Schwingen. Da gab es einst auch bei grossen Festen den «Schönschwinger-Preis».
Nun ist am Mittwoch alles neu und anders. Erstmals dominieren die Zuger (25:22 Torschüsse) und zum ersten Mal sind die Lakers völlig chancenlos. Sie kommen nicht einmal während sechs Minuten Powerplay zu einer guten Abschlussmöglichkeit. Zug hingegen trifft im zweiten Powerplay in der 51. Minute zum entscheidenden 2:0. Wobei: Schon das 1:0 hatte definitiven Charakter. Nur ein «Lucky Punch» – den kann es immer geben – hätte die Lakers bis zu diesem zweiten Treffer noch ins Spiel zurückbringen können.
Am Mittwoch ist Zug zum ersten Mal meisterlich aufgetreten. Will heissen: Das Selbstvertrauen und die Gelassenheit ist zum ersten Mal förmlich zu spüren, die nur eine Mannschaft haben kann, die zwei Titel hintereinander gewonnen hat.
Die Zuger hatten keine leichte Qualifikation. Sie rutschten im Oktober zwischendurch bis auf den 9. Platz ab, verloren auch gegen Ajoie oder Langnau und haben die direkte Playoff-Qualifikation (Rang 6) erst im Schlussspurt geschafft. Aber Trainer Dan Tangnes hatte nie die Ruhe verloren und auch in kritischen Phasen mit beneidenswerter Gelassenheit erklärt, er habe schon noch Antworten auf die Schwierigkeiten seines Teams. Ganz offensichtlich hat er diese Antworten gefunden. Nun sagt er rückblickend: «Was dem Trainer leichter fällt, wenn er absolute Rückendeckung durch das Management hat.»
Und umgekehrt ist es für einen Sportchef einfacher, einen Trainer durch alle Böden hindurch zu stützen und in seiner Strategie zu bestärken, der zwei Meisterschaften hintereinander gewonnen hat. Nicht vom Kurs abkommen, nicht in Panik verfallen, konsequent die Linie auch dann durchsetzen, wenn es zwischendurch nicht so läuft, wie es laufen sollte: Das ist Dan Tangnes gelungen.
Wer einfach das Spiel gesehen und nicht hinterher unten im Kabinengang den Erklärungen der Sieger gelauscht hat, brauchte sich nur zwei Szenen einzuprägen, um alles erklären zu können. Nach einer missglückten Angriffsauslösung von Leandro Profico – immerhin der wahrscheinlich beste Schweizer Verteidiger ohne Länderspiel – kontert Zug aus der Tiefe der neutralen Zone. Der glücklose Verteidiger der Lakers eilt noch so schnell ihn die Füsse tragen vors Tor, um den Schaden zu begrenzen. Er wird auf der Fläche eines Badetuches von Grégory Hofmann ausgetrickst und der Zuger lässt einem starken Melvin Nyffeler absolut keine Chance. 1:0.
64 Sekunden vor dem Ende des ersten Drittels. In Vorbereitung und Abschluss ein Weltklasse-Tor. Bis unters Stadiondach hinauf ist zu spüren: Das ist der Anfang vom Ende der Lakers.
Gegen Schlussphase des zweiten Drittels ermöglichen die Hockey-Götter den Lakers doch noch eine goldene Möglichkeit: Der einzige echte defensive Aussetzer der Zuger öffnet Nico Dünner und Sandro Forrer den Weg zum Sturmlauf in die gegnerische Zone. Niemand ist mehr da, um Leonardo Genoni zu helfen. Nach einem Doppelpass vergibt Sandro Forrer diese wunderbare Gelegenheit. Wie sich zeigen wird: Es ist die letzte Chance für die Lakers, ins Spiel zurückzukehren.
Sandro Forrer und Nico Dünner verdienen zusammen in zwei Jahren nicht so viel wie Grégory – Zugs teuerster Feldspieler – in einer Saison. Nun können wir einwenden, dass Geld keine Tore schiesst. Das ist richtig. Aber Grégory Hofmann schiesst Tore. Er ist bezahlt, um Treffer wie dieses 1:0 in einem Playoff-Viertelfinal gegen die Lakers zu erzielen. Nicht, um im November vier Treffer gegen Ajoie zu zelebrieren.
Das ist der Unterschied zwischen Zug und den tapferen, mutigen Hockey-Romantikern aus Rapperswil-Jona. Sie holen aus ihren Möglichkeiten ein Maximum heraus. Sie haben alles richtig gemacht. Auch am Mittwoch in dieser vierten Viertelfinalpartie. Aber sie können sich keine «Game Breaker», keine Schweizer Spieler wie Grégory Hofmann leisten. Spieler, die dann, wenn es wirklich zählt, die Differenz machen können. Es stimmt zwar: Eishockey ist das letzte wahre Mannschaftsspiel. Aber trotzdem wird nur Meister, wer sich Spieler wie Grégory Hofmann leisten kann.
Volle Geldspeicher wie in Zug garantieren allerdings den Erfolg noch nicht. Zur meisterlichen Währung wird dieses Geld erst, wenn es in die richtigen Spieler investiert wird. In Spieler wie Grégory Hofmann und – natürlich – Leonardo Genoni.
Beim HCFG ging schon Ende Qualifikation der Saft aus.
Rappi hat eigentlich alles richtig gemacht. Ist aber zu abhängig von den Topspielern. Diese kann man während einer Serie mit massgeschneiderten Taktiken kontrollieren.
Zudem fehlt ihnen ein Spieler wie Abdelkader. Wenn er sich unter Kontrolle halten kann, ist er richtig gut, beschäftigt die Gegenspieler, macht gute Screens und punktet regelmassig. Ein richtiger Play-Off Spieler.