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Die neue grossrussische Hockey-Strategie – Servette statt die «Helvetics»?

Die «Helvetics» wird es nach dem Machtwechsel in der KHL wohl nie geben.
Die «Helvetics» wird es nach dem Machtwechsel in der KHL wohl nie geben.Bild: helveticshockey.ch
Vom Westen profitieren statt investieren

Die neue grossrussische Hockey-Strategie – Servette statt die «Helvetics»?

Die grossrussische Liga KHL hat eine neue Führung und ändert ihre Expansionsstrategie. Das dürfte das Ende für Markus Bösigers «Helvetics» sein – und bringt Servette ins Spiel.
08.12.2014, 11:1108.12.2014, 12:23
klaus zaugg, Toronto
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Hin und wieder vernehmen wir auf einem anderen Kontinent Neuigkeiten, die Einfluss auf das Geschehen vor der eigenen Haustüre haben. Mein alter russischer Freund Igor hat mir soeben in Toronto während eines feinen Essens die neue Strategie der KHL erklärt. Er war der Meinung, das sei interessant für mich. Was durchaus richtig ist. Die Dinge sind im Fluss, vieles ändert sich. In einer globalisierten Welt haben manchmal Entscheidungen in Moskau Einfluss auf das, was in Langenthal oder Genf passiert.

KHL? Richtig, das ist die inzwischen multinationale grossrussische Liga. Markus Bösiger hat mit seinen Plänen eines KHL-Teams («Helvetics») in der Schweiz nationale Schlagzeilen gemacht. Aber ein spektakulärer Wechsel an der Spitze der KHL bringt einen Strategiewechsel der zweitwichtigsten Hockey-Liga der Welt. Die KHL ändert ihre Expansionspläne.

Alte und neue KHL-Führung: Wladimir Putin mit Dmitri Tschernyschenko (l.) und Alexander Medwedew (r.). 
Alte und neue KHL-Führung: Wladimir Putin mit Dmitri Tschernyschenko (l.) und Alexander Medwedew (r.). Bild: AP RIA Novosti Kremlin

Fast unbemerkt vom Westen hat die Kontinental Hockey League (KHL) die Führung ausgewechselt. Seit dem 27. November amtiert Dmitri Tschernyschenko als neuer Präsident. Er war OK-Chef der Olympischen Winterspiele in Sotschi und ersetzt nach sechsjähriger Amtszeit das KHL-Gründungsmitglied Alexander Medwedew. Unter Medwedews Führung ist das Projekt «Helvetics» aufgegleist worden.

Der zweite starke Mann der KHL ist neu Gennadi Timtschenko als Vorstandsvorsitzender. Er hat seit 2002 einen Wohnsitz in Genf (wo er pauschal besteuert wird) und sein Vermögen wird auf rund 14 Milliarden Franken geschätzt. Er ist Präsident von SKA St. Petersburg und mit Servette-Präsident Hugh Quennec befreundet und auch Sponsor des NLA-Klubs.

KHL mit wirtschaftlichen Problemen

Der unerwartete Führungswechsel ist das Resultat eines Machtkampfes über die Ausrichtung einer multinationalen Liga, die mittlerweile 28 Teams in sieben Ländern (Russland, Finnland, Lettland, Kroatien, Kasachstan, Weissrussland, Slowakei) umfasst.

Wirtschaftlich ist die zweitwichtigste Liga der Welt nach der nordamerikanischen NHL nach wie vor fragil. Die Klubs leben grösstenteils von Mäzenen. Sie können bei weitem nicht genug Geld erwirtschaften, um den Spielbetrieb zu finanzieren. Der KHL fehlt der Zugriff auf die lukrativen westlichen TV- und Werbe-Märkte. Die Ticketpreise müssen den lokalen wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst werden. Inzwischen beeinträchtigen die politischen Spannungen (Wirtschafts-Sanktionen) die Geschäftstätigkeit einiger Klubbesitzer. Der Westen ist für die Oligarchen kein sicheres Territorium mehr.

Die Hockey-Arena von Medveščak Zagreb.
Die Hockey-Arena von Medveščak Zagreb.bild: getty images europe

Alexander Medwedew hatte die Expansion der KHL mit neuen Teams in neue westliche Märkte vorangetrieben. Diese Strategie ist nicht richtig aufgegangen. Klubs in Poprad und Prag (Tsch) gingen in Konkurs, andere Projekte wie Markus Bösigers «Helvetics» in der Schweiz, Teams in Italien (Mailand) und in Deutschland sind trotz offizieller Partnerschaft nicht aus den Startlöchern gekommen. Gleichzeitig mussten traditionsreiche Teams daheim in Russland wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten aus der KHL aussteigen.

Die neue Strategie

Die neue Führung hat eine andere Strategie. Sie will erst einmal Russland, das Kernland der KHL stärken und die traditionellen russischen Klubs wieder in die KHL bringen. Im Westen setzt sie auf bereits bestehende, starke, traditionelle Hockeyunternehmen aus Skandinavien und Mitteleuropa, die nicht der Subventionierung durch die KHL bedürfen. Aber genau das wäre die Voraussetzung für das Gelingen des Projekts «Helvetics» gewesen.

Die 28 KHL-Teams der Saison 2014/15

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Bild: imgur

Gennadi Timtschenko war bereits die treibende Kraft des Wechsels von Jokerit Helsinki in die KHL. Jokerit ist der «SCB Finnlands» und der erste Klub in der KHL aus einem Land, das nicht zum ehemaligen Ostblock gehörte. Die Teilnahme mit drei Klubs am Spengler Cup (Jokerit, Ufa, Zagreb) passt in die neue KHL-Strategie (vom Westen profitieren statt investieren). Die KHL bekommt im Westen kostenlos einen Werbeauftritt, der bis nach Nordamerika ausstrahlt.

Die neue KHL-Führung arbeitet inzwischen intensiv an einer Expansion nach Osten. Dort soll Geld investiert werden. Die möglichen neuen Märkte sind China, Südkorea (wo 2018 die Olympischen Winterspiele stattfinden) und Japan. Es gibt erst rund 500 lizenzierte Eishockeyspieler in China. Bei über einer Milliarde Chinesen also ein grosses Entwicklungspotenzial.

Wird Servette lieber in der KHL nie Meister?

Die KHL führt inzwischen intensive Gespräche mit dem chinesischen Hockeyverband: Es geht auch um eine Expansion der multinationalen Nachwuchsliga MHL nach Asien. Die 2009 von der KHL und dem russischen Verband gegründete MHL (Molodjoschnaja Chokkeinaja Liga) ist die grösste Juniorenliga (für 17- bis 20-Jährige) der Welt mit mehr als 1000 Spielern und umfasst 39 Teams aus Russland, Österreich (Salzburg), Weissrussland, Tschechien, Kasachstan und Lettland.

Eine Ausdehnung nach China könnte der erste Schritt sein, um den grössten Markt der Welt fürs Eishockey zu erschliessen. Da helfen die guten Beziehungen von Gennadi Timtschenko. Eine seiner Firmen (Volga Group) ist mit Pipeline-Projekten von Sibirien nach China beschäftigt.

Muss Chris McSorley seine Mannen bald auf die KHL einschwören?
Muss Chris McSorley seine Mannen bald auf die KHL einschwören?Bild: KEYSTONE

Die politischen Spannungen führen dazu, dass sich Russland wieder vermehrt auf der Suche nach neuen Partnern und Märkten nach Osten wendet – und damit ist Markus Bösiger letztlich so etwas wie ein Opfer der weltpolitischen Entwicklung. Das «Aus» für seine «Helvetics»? Ja, mit ziemlicher Sicherheit.

Wir könnten aus dem Fragezeichen eigentlich ein Ausrufezeichen machen. Die Neuausrichtung der KHL-Strategie belebt aber auch die Gerüchte, eines Tages könne Gennadi Timtschenkos lieber Freund Hugh Quennec Servette in die KHL überführen. Es wäre attraktiver, in der KHL statt in der NLA nie Meister zu werden.

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5 Kommentare
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Zwingli
08.12.2014 12:22registriert August 2014
eventuell kann die KHL auch den Modus so ändern, damit Langnau in die KHL aufsteigen kann.
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Pascal Mona
08.12.2014 11:58registriert März 2014
Obwohl ich die KHL nicht im Detail kenne, bin ich nicht so überzeugt vom letzten Satz. Ich glaube kaum (zumindest vorerst nicht) das die KHL attraktiver für Servette ist als die "NLA". Hier lebt Eishockey vorallem von Rivalitäten/Derby's, das ein Spiel Servette gegen Mytishi oder Cherepovets das grosse Zuschauerinteresse weckt, darf doch bezweifelt werden; wodurch nebst Zuschauereinnahmen wohl auch Sponsoren verschwinden werden. Ich glaube nicht, dass die KHL bei uns ohne sehr finanzstarken Mäzen funktioniert. Gibt es Zuschauerzahlen von Jokerit diese Saison? Habe nichts gefunden.
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