Keine andere Persönlichkeit hat die Sportabteilung eines NL-Klubs in den letzten zehn Jahren so stark beeinflusst wie Christian Dubé. Er ist 2012 als Spieler mit Schweizer Lizenz nach Fribourg gekommen. Seit 2015 führt er die Sportabteilung als Sportdirektor, seit dem 4. Oktober 2019 auch als Cheftrainer. In der Zeit als Sportdirektor und als Trainer hat er gerade mal zwei Playoff-Serien gewonnen.
Nun übernimmt Gerd Zenhäusern das Amt des Sportchefs und Christian Dubé hat für die nächste Saison noch einen Vertrag als Trainer.
Warum ist er eigentlich nicht Sportdirektor geblieben und hat einen neuen Trainer gesucht? Der Job als Sportdirektor ist doch wesentlich sicherer als jener des Trainers. Oder? Er hat auf diese Frage einmal eine kluge Antwort gegeben: «Wie viele Jobs gibt es als Sportchef und wie viele als Trainer?»
Wo er recht hat, da hat er recht. Es werden mehr Trainer entlassen und eingestellt als Sportchefs.
Nun gibt es eine neue Frage: Braucht Christian Dubé einen neuen Job als Trainer? Bei einem gewöhnlichen Klub und einem gewöhnlichen Trainer wäre die Antwort: «Ja, natürlich.» Vertrag bis 2025 hin oder her. Aber Gottéron ist kein gewöhnlicher Klub und Dubé kein gewöhnlicher Trainer.
Er ist ein charismatischer Netzwerker, der mit Schlauheit und Charme die Menschen für sich einzunehmen versteht. Mag sein, dass ihn nicht alle Spieler mögen (es gibt sowieso keinen Trainer, den alle Spieler mögen). Aber die Entscheidungsträger hat er alle umgarnt und auf seiner Seite. Weil er auf jede Frage eine passende Antwort findet und so gut zu erklären vermag, warum Siege und Titel nicht alles sind und warum es wichtig ist, in grossen Zusammenhängen und über eine Saison hinaus zu denken.
Er mahnt in seinem Wesen und Wirken an Patrick Fischer. Seit dem Final von 2018 ist der Nationaltrainer in allen Titelturnieren im Viertelfinal gescheitert und hat doch eine Vertragsverlängerung bis 2026 bekommen. Weil er die Entscheidungsträger alle umgarnt und auf seiner Seite hat.
So wie Christian Dubé Gottérons sportliche DNA, so prägt Patrick Fischer die sportliche DNA des Verbandes. So wie Dubé mit dem neuen Sportdirektor Gerd Zenhäusern nun eine «Marionette» als Linienvorgesetzten, so hat Fischer mit Verband-Sportdirektor Lars Weibel schon seit mehreren Jahren eine «Marionette» als Chef.
Das bedeutet: Eine Entlassung von Trainer Christian Dubé würde Gottéron über die Sportabteilung hinaus in den Grundfesten erschüttern wie eine Entlassung von Patrick Fischer den Verband. Zu viele der Verantwortlichen würden aus der Komfortzone gescheucht und müssten sich unbequemen Grundsatzfragen stellen. Da ist es doch kommoder, alles zu lassen, wie es ist.
Es gibt nämlich noch eine Parallele zwischen Dubé und Fischer: So wie sich Gottéron das Scheitern in den Playoffs leisten kann, so kann sich auch der Verband das Steckenbleiben in den Viertelfinals finanziell problemlos leisten: Bei Gottéron war diese Saison jedes Heimspiel ausverkauft. Wenn es von September bis Anfang April rockt, dann spielt es eigentlich gar keine Rolle, wenn die Meisterparty ins Wasser fällt. Die dauert ja sowieso nur eine Nacht.
Beim Verband sind die Kassen auch dann randvoll, wenn die Nationalmannschaft bei der WM nicht über den Viertelfinal hinauskommt. Bei Gottéron und beim Verband geht es darum, die Hoffnung zu verkaufen, dass es nächste Saison vielleicht doch gelingen wird. Und das ist Christian Dubé und Patrick Fischer bisher formidabel gelungen.
Allerdings gibt es einen feinen, kleinen Unterschied zwischen dem Verband und Gottéron, den Dubé nicht unterschätzen sollte: Verbandsportdirektor Weibel hält in Nibelungentreue zu Fischer. Komme was wolle. Gottérons neuer Sportdirektor Gerd Zenhäusern mag bisher eine Marionette Dubés gewesen sein. Aber er ist nicht nur ein exzellenter Hockey-Fachmann. Er ist auch ein schlauer Walliser, der seinen Machiavelli gelesen hat und der sich, falls erforderlich, von seinem Mentor emanzipieren wird. Er weiss sehr gut: Trainer kommen und gehen, Gottéron bleibt bestehen.
Bleibt noch die Frage, warum Gottéron erneut gescheitert ist. Auch da sind die Parallelen zum Nationaltrainer nicht zu übersehen. Fischer und Dubé sind Bandengeneräle ohne Fortune. Der grosse Napoléon wusste eben schon, warum er auch bei einem fähigen Offizier vor der Beförderung zum General nur eine Frage stellte: «Hat der Mann auch Glück?»
Seit dem Final von 2018 hat Patrick Fischer kein Glück mehr. Seit dem Final von 2013 mit Gottéron als Spieler hat auch Christian Dubé als Trainer kein Glück mehr. Die Schweizer sind bei der WM im Viertelfinal seit 2018 nicht nur aus Unvermögen gescheitert. Sie hatten auch kein Glück.
Wie schon 2021 im Viertelfinal gegen Servette, 2022 im Halbfinal gegen die ZSC Lions und 2023 in den Pre-Playoffs gegen Lugano hatte Gottéron mit Christian Dubé an der Bande nun im Halbfinal gegen Lausanne erneut kein Glück. Die alles entscheidende vierte Niederlage (2:4) ist einfach und in wenigen Worten zu erklären: Sie war nicht eine Frage der Taktik, der Energie, der Linienzusammenstellung, des Coachings und damit des Trainers.
Torhüter Reto Berra hat diese Niederlage auf dem Gewissen. Ein grosser Goalie hätte nur einen Gegentreffer zugelassen und ein guter letzter Mann höchstens zwei. Das spielentscheidende 1:3 ist zu hundert Prozent haltbar. Eine Mannschaft mit einem Torhüter, der in den Playoffs in einer heiklen Phase einen solchen Treffer kassiert und nur 86,36 Prozent der Pucks stoppt, ist auch dann chancenlos, wenn der Hockey-Gott an der Bande steht.
Unsere Nationalmannschaft und Gottéron leben nicht von Siegen und Titeln allein. Das ist das Glück von Patrick Fischer und Christian Dubé. Oder?
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
- Einige Top Spieler
- Zuschauerrekord
- gute Resultate in der Quali
- wirtschaftlich gesund
Was fehlt:
- Kadertiefe
- Mehr Mut zur Lücke (einsetzen von Junioren)
- Besserer Coach (variable Taktiken)
- ein Titel.
So, war sonst eine geile Saison. In Fribourg wird sich nicht viel ändern, so viel ist sicher.
Ciao zäme.