Sein Aufstieg und sein Sturz haben etwas von einer griechischen Tragödie. Werner Kohler war der Begründer des modernen HCD und um die Jahrhundertwende als Verbandspräsident der mächtigste Mann in unserem Eishockey. Werner Kohler, gelernter Bäcker und Konditor, kommt in den Achtzigerjahren aus Regensdorf, wo er die Beiz «Feldschlösschen» geführt hat, nach Davos.
Er kauft das Hotel «Dischma» mit Dorfbeiz und Dancing und später das Hotel «Bristol». Zum Eishockey hat er keinen Bezug, als ihn Hanspeter Sumi, ein Stammgast, dazu überredet, das Präsidium beim HCD zu übernehmen. Weil es niemand mehr machen will. Der HCD ist 1989 in die NLB abgestiegen.
Heute Vormittag erreichte uns die traurige Mitteilung, dass unser Ehrenmitglied Werner Kohler verstorben ist. Werner war von 1989 bis 1996 HCD-Präsident, ihm verdanken wir unter anderem die Modernisierung des Clubs und den Wiederaufstieg in die NLA: https://t.co/mVrTvq3QBC pic.twitter.com/9gpEjkqd3o
— Hockey Club Davos (@HCD_offiziell) January 4, 2024
Werner Kohler steigt ein, weil ihm versichert wird, das Amt werde ihn allerhöchstens eine Stunde am Tag belasten. Das Amt wird sein Leben tiefgreifend verändern. Noch in seinem ersten Amtsjahr tauchen die Davoser 1990 sogar in die 1. Liga und das Gespenst von Arosa geht um: Die Aroser sind im Frühjahr 1986 freiwillig in die 1. Liga abgestiegen. Viele im Dorf sind jetzt der Meinung, die 1. Liga genüge auch für Davos.
Doch Werner Kohler sieht die sich abzeichnenden Chancen im heraufziehenden Zeitalter des Profihockeys, geht neue Wege in der Vermarktung, gründet eine Donatoren-Vereinigung und den Kristallklub. Er bringt eine Million Budget zusammen, schafft 1991 auf Anhieb den Wiederaufstieg in die NLB und zwei Jahre später 1993 die Rückkehr in die oberste Spielklasse. Er holt im Sommer Arno Del Curto sowie Reto und Jan von Arx nach Davos. Als er 1996 geht, steht das Budget bei sieben Millionen, und den Gewinn aus dem Spengler Cup hat er von 200'000 auf 1,6 Millionen Franken hochgefahren. Das Fundament des modernen HCD steht und der HCD verleiht ihm die Ehrenmitgliedschaft.
1996 folgt der Wechsel ins Verbandspräsidium, und wieder schreibt Werner Kohler Geschichte: Er holt Ralph Krueger als Nationaltrainer und mit ihm kehrt die Schweiz in die Weltklasse zurück (WM-4. 1998 in Zürich und Basel). Später wird Werner Kohler mit ein bisschen Wehmut sagen, wer hoch steige, könne eben auch tief fallen.
Er wird zu stark und fällt einer raffiniert eingefädelten Intrige zum Opfer. Der haltlose Vorwurf, er habe sich unrechtmässig eine Million aus der Verbandskasse angeeignet, und die Strafanzeigen lösen sich vollumfänglich in Schall und Rauch auf – aber auch die Reputation von Werner Kohler. Trotz juristisch vollständiger und vorbehaltloser Rehabilitation. 2003 tritt er unfreiwillig freiwillig vom höchsten Amt unseres Hockeys zurück.
Es ist wie eine bittere Ironie des Schicksals und mahnt an eine griechische Tragödie, dass Werner Kohler wegen Betrugsvorwürfen stürzt, weil er … zu ehrlich ist. Er hat Charme und Herzlichkeit, Humor und auch eine gute, gesunde Portion Schlauheit. Aber er ist immer authentisch: Lügen und Intrigen sind nie seine Sache und als er als Verbandspräsident ganz oben steht, durchschaut er die Mechanik der Macht und der Politik auf dieser Stufe nie ganz. Die Klubvertreter, die nicht gern einen starken Verbandspräsidenten hatten (und auch heute nicht gern haben), stürzen ihn. Auch das eine Ironie des Schicksals: Der ehrenwerte Funktionär, der damals angeblich die Fäden der Intrige gegen Werner Kohler gezogen haben soll, ist inzwischen rechtskräftig wegen Kreditbetrügereien verurteilt worden.
Werner Kohler hat den HC Davos als Präsident zwischen 1989 und 1996 und unser Hockey als Verbandspräsident (1996 bis 2003) in einer turbulenten Phase beim Übergang vom Amateursport zum hochprofessionellen «Big Business» geprägt. Er war seiner Zeit voraus, erkannte die sich anbahnenden Entwicklungen und zog daraus die richtigen Schlüsse. Er ist einer der ganz Grossen unseres Hockeys.
Ruhe in Frieden, Werner🥲