
Die Tigers bejubeln den Siegestreffer in der Verlängerung von Spiel 3 – nur noch ein Sieg fehlt zum Aufstieg.Bild: Sandro Stutz/freshfocus
Eismeister Zaugg
Langnau gewinnt bei den Lakers in der Verlängerung und führt in der Serie mit 3:0. Noch nie ist in der Liga-Qualifikation ein
0:3 aufgeholt worden. Zeit, um im Emmental
an die NLA zu denken.
07.04.2015, 11:2107.04.2015, 12:04
Die Nordamerikaner pflegen zu sagen: «It's
not over till the fat lady sings» («Es ist nicht
vorbei, bevor die dicke Frau gesungen hat»).
Die Redewendung hat ihren Ursprung in der
Oper. Vor allem die grandiosen Opern von
Richard Wagner enden mit dem Auftritt einer
in der Regel dicken Sopranistin.
Die Oper ist
also nicht vorbei, bevor die dicke Frau
gesungen hat. Auf die Liga-Qualifikation
übertragen bedeutet diese Redewendung: Es
ist erst vorbei, wenn es vorbei ist. Die SCL
Tigers sind erst aufgestiegen, wenn sie
viermal gewonnen haben. Drei Siege genügen
nicht.
Vollschlanker Opernstar der Neuzeit: Montserrat Caballé gemeinsam mit Queen-Legende Freddie Mercury.Video: Youtube/Freddie Mercury solo Die Lakers werden den Turnaround kaum schaffen
Die dicke Frau kann sich allerdings auf ihren
Auftritt vorbereiten. Die Lakers müssten jetzt
viermal hintereinander gewinnen. Das ist
ihnen diese Saison zwar einmal gelungen. Sie
haben die drei letzten Partien der Qualifikation
und die erste der Platzierungsrunde gewonnen
(gegen die ZSC Lions, Servette und zweimal
gegen Kloten). Aber nun viermal
gegeneinander gegen die SCL Tigers
gewinnen? Eher nicht.
Wir erlauben uns deshalb einen Blick nach
vorne. Obwohl die dicke Frau noch nicht
gesungen hat. Aber im Sportkapitalismus des
21. Jahrhunderts gehört es zum umsichtigen
Management, lange vor der Zeit, bevor die
dicke Lady gesungen hat, Pläne zu schmieden.

Michel Zeiter, der «König der Löwen», soll gegen die Tiger das Wunder schaffen und die Lakers zu vier Siegen in Folge coachen.Bild: KEYSTONE
«Mindestens zwei Ausländer enttäuschten uns jedes Mal»
So ist es auch in Langnau. Präsident Peter
Jakob, der aus eigenen Mitteln 15 Millionen in
die Stadionerneuerung investiert hat, weiss,
wie es im Falle eines Aufstieges weiter gehen
wird. Er war schon Vorsitzender, als die
Langnauer im Frühjahr 2013 abstiegen. Das
ist der Vorteil eines intakten
Sportunternehmens. Es ist möglich, aus den
Fehlern der Vergangenheit zu lernen.
Peter Jakob, ein erfolgreicher, international
tätiger Unternehmer (Drahtseile) mit Sitz in
Trubschachen, wird in erster Linie die
Ausländerpolitik ändern. «Die Ausländer haben
uns in der NLA jede Saison mehr als
anderthalb Millionen gekostet», sagt Jakob. «Wir verliessen
uns auf gute Namen und Statistiken und
hatten trotzdem nie vier gute Ausländer.
Mindestens zwei enttäuschten uns jedes Mal.»

Tigers-Präsident Peter Jakob hat die Planungen für den Aufstieg längst begonnen.Bild: KEYSTONE
Auch im Lande Gotthelfs ist der Sportchef immer wichtiger
Die neue Strategie ist daher klar: «Wir werden
namenlose ausländische Spieler für
vernünftige Saläre engagieren. Sie können
sich bei uns mit guten Leistungen für bessere
Verträge bei den grossen Klubs empfehlen
und dann verlassen sie uns halt wieder.»
Er weiss, wie schwierig die Suche nach der
Rolex auf dem internationalen
Transferwühltisch ist. «Aber es ist möglich. Ich
bin zuversichtlich, dass unser Sportchef
erfolgreich sein wird.» Peter Jakob sagt, mit
Jörg Reber habe man jetzt einen Sportchef,
der sich mit dem Klub identifiziere. «Wir haben
in der Vergangenheit die Wichtigkeit des
Sportchefs unterschätzt und hatten auf dieser
Position Amateure.»
Peter Jakob sagt, Jörg
Reber habe sich dagegen gewehrt, während
dieser Saison Transfers um der Transfer willen
zu machen: «Es war für ihn wichtig, die
Chemie im Team zu bewahren. Das hat sich
bewährt.» Zur Strategie des Sportchefs gehört
auch, dass die Zukunft von Trainer Bengt-Ake
Gustafsson erst nach der Saison diskutiert
wird.

Trainer Gustafsson: Muss er trotz Aufstieg gehen?Bild: Sandro Stutz/freshfocus
DiDomenico und Hecquefeuille bleiben beim Aufstieg
Die Strategie der «Billig-Ausländer» hat sich
diese Saison ja bereits ausbezahlt. Chris
DiDomenico und Kevin Hecquefeuille dürften
die Ausländer mit dem besten
Preis-Leistungs-Verhältnis der ganzen
Nationalliga sein. Kevin Hecquefeuille kam im
Herbst 2013 für 80'000 Euro netto und im
Laufe der Saison 2013/14 holten die
Emmentaler aus der italienischen Liga Chris
DiDomenico. Beide werden auch nächste Saison für die SCL
Tigers spielen. Der Sportchef muss also auf
dem internationalen Transferwühltisch noch
zwei Spieler finden.
Mit dem Aufstieg wäre auch klar, dass Anton
Gustafsson seine Option für einen Wechsel zu
den Lakers nicht einlöst und in Langnau bleibt
– ausgerechnet er hat am Ostermontag in der
Verlängerung den Siegestreffer gebucht.
Der «Königstransfer» Reto von Arx?
Die Langnauer rechnen in der NLA mit rund
1,5 Millionen Mehreinnahmen (TV-Geld,
höhere Ticket-Preise, höherer Werbeertrag).
Mit diesem Betrag ist es möglich, die zwei
zusätzlichen Ausländer und ein paar günstige
Schweizer Transfers zu finanzieren. Die Mittel
für ein oder zwei zusätzliche «Königstranfers»
könnten aufgebracht werden.
Ein solcher Königstransfers wäre Reto von
Arx. Der 38-jährige Leitwolf des HC Davos ist
im Sommer 1995 ausgezogen, um mit dem
HCD unsere Hockeywelt zu erobern – nach 20
Jahren könnte er heimkehren. Aus Kreisen des
Verwaltungsrates ist zu vernehmen, dass
dieser Transfer im Falle eines Aufstieges sehr
wohl ein Thema sein wird.

Reto von Arx: Davos als Meister verlassen und eine letzte Saison in der Heimat absolvieren?Bild: KEYSTONE
Der Abstieg tat dem Klub gut
Ob die fette Lady am Donnerstag (oder später
im Laufe der Liga-Qualifikation) noch singen
wird oder nicht – eines dürfen wir jetzt schon
feststellen: Präsident Peter Jakob und sein
Vize Karl Brügger haben eine der
erstaunlichsten Leistungen der neueren
Hockeygeschichte vollbracht. Im Frühjahr
2013 standen sie nach dem Abstieg
buchstäblich vor dem Nichts: Sämtliche
Spielerverträge waren nicht mehr gültig.
Joel
Genazzi, Federico Lardi, Philippe Rytz und
Etienne Froidevaux wechselten zum Aufsteiger
Lausanne und sind dort inzwischen
Stammspieler des zweimaligen
Playoff-Teilnehmers geworden. Simon Moser
(SC Bern), Simon Lüthi (Lakers), Arnaud
Jacquemet (Servette) und Christian Moser
(Biel) wechselten ebenfalls in die NLA.
Zwei Jahre später haben die SCL Tigers
wieder eine Mannschaft, die nur noch einen
Sieg für die Rückkehr in die höchste
Spielklasse braucht. Eines der erstaunlichsten
Comebacks seit der Auferweckung des
Lazarus. Mehr noch: Der Aufbau einer neuen
Mannschaft ist auch eine wirtschaftliche
Meisterleistung – die SCL Tigers mussten sich
nicht verschulden. Ganz im Gegenteil. Sie
haben in den zwei Jahren in der NLB
insgesamt schwarze Zahlen geschrieben und
wenn sie den Aufstieg schaffen, dann kehrt
ein finanziell durch und durch gesundes
Hockeyunternehmen in die NLA zurück.
Yverdon geht im Abstiegskampf der Super League mit einem Punkt Vorsprung auf die Grasshoppers und Winterthur in die letzten vier Partien der Relegation Group. Die Waadtländer steigern sich im Nachtragsspiel gegen St. Gallen zu einem 1:1.
Zwei Tage nach den starken Regenfällen am Sonntag und dem unbespielbaren Terrain im Stade Municipal war St. Gallen auf gutem Weg, sich für die neuerliche weite Reise aus der Ostschweiz ans südwestliche Ende des Neuenburgersees mit dem ersten Auswärtssieg in Yverdon seit dessen Aufstieg vor zwei Jahren zu rächen. Eine gelb-rote Karte gegen Albert Vallci wegen eines überharten Einsteigens ebnete Yverdon in den letzten 20 Minuten aber noch den Weg zum Remis.
Die SCL Tigers stehen vor dem Wiederaufstieg in die NLA. Spätestens jetzt sollten Sie sich langsam, aber sicher Gedanken machen, wie es mit den 6 Zusatzrunden in „regionalen“ Gruppen nächste Saison weitergehen soll. Geplant ist nämlich ein geografischer Unsinn. Die Gruppen sollen sich – gemäss heutiger Planung – wie folgt zusammensetzen:
1. Genf, Lausanne, Freiburg, Bern
2. Lugano, Ambri, Zug, Biel
3. Davos, Zürich, Kloten, Langnau (für Rapperswil)
Die drei kantonalbernischen Teams Bern, Biel und Langnau sollen also in drei verschiedene Gruppen eingeteilt werden! Das kann wohl kaum der Weisheit letzter Schluss sein. Am Sinnvollsten wäre eine Reduktion der Anzahl Spiele von 50 auf 48 in wirklich regionalen Gruppen. Da seit dieser Saison neu der Cup und – künftig für die Hälfte der Clubs – die CHL dazukommen, ist dies sportlich sinnvoll und finanziell verkraftbar. Diese vier Gruppen à 3 Mannschaften wären idealerweise:
1. Genf, Lausanne, Freiburg
2. Bern, Biel, Langnau
3. Lugano, Ambri, Zug
4. Davos, Zürich, Kloten
Falls Sie sich nicht zu diesem Schritt durchringen können, ist zumindest die Gruppeneinteilung zu hinterfragen. Eine ideale Lösung gibt es bei drei Gruppen à 4 Mannschaften allerdings nicht. Folgende Einteilung aber wäre zumindest besser als die geplante:
1. Genf, Lausanne, Freiburg, Biel
2. Bern, Langnau, Zürich, Kloten
3. Lugano, Ambri, Zug, Davos