Wie gut ist Francis Bouillon? Wenn wir die Antwort auf diese Frage schon wüssten, dann könnten wir bereits jetzt sagen, ob Ambri die Playoffs zum zweiten Mal hintereinander erreichen wird.
Der in New York geborene Amerikaner weckt vor allem durch seine Statistik himmelhohe Erwartungen. 776 NHL-Spiele in der Qualifikation (32 Tore, 117 Assists) und 55 Playoffpartien (4 Tore, 7 Assists).
Solche Referenzen waren vor 15 Jahren noch ein Garantieschein für herausragende Leistungen in der NLA. Aber heute nicht mehr. Die NLA ist inzwischen so gut, dass ein ausländischer Verteidiger das Spiel nur noch dominieren kann, wenn er gut genug für die NHL wäre. Francis Bouillon ist nicht mehr gut genug für die NHL. Er hat seine Zukunft hinter sich. Deshalb kommt er nach Ambri.
Wir zitieren Auszüge aus seinem «Scouting Report». Dabei geht es um sein Spiel in der NHL: «Bouillon is very strong for his size… he is an excellent skater, and has the ability to not get beat off the rush… he is very good in isolation situations…Offensively, Bouillon is a poor man’s Brian Rafalski… he is smart and alert and handles the puck well…he competes hard… he has some good offensive instincts».
Das lassen wir mal in der Originalsprache der Scouts so stehen. Zusammengefasst: Francis Bouillon ist klein, aber käftig (173 cm/90 kg) und so schnell, dass er in der Regel nicht überlaufen wird. Er ist smart, kann gut mit dem Puck umgehen, arbeitet hart und hat eine gute offensive Spielintelligenz.
To play 776 NHL regular season games as an undrafted, under-sized defenceman is no small feat, and one Francis Bouillon should be proud of.
— Аrpon Basu (@ArponBasu) 6. Oktober 2014
Mit diesen Referenzen aus der NHL müsste er eigentlich der beste Verteidiger der Liga werden. Aber diesen «Scouting Report» habe ich aus dem Archiv gefischt. Er stammt aus dem Jahr 2002. Als er gerade drauf und dran war, bei den Montréal Canadiens einen Stammplatz zu erarbeiten. Ab 2003 bis zum Ende der letzten Saison musste er dann nie mehr ins Farmteam zurück.
BREAKING NEWS: Live picture of Francis Bouillon leaving Montréal to start his new adventure in Switzerland with Ambrì pic.twitter.com/pU14IbOrGQ
— Nicola Martinetti (@NickMar11) 14. Oktober 2014
Ich habe Francis Bouillon in den letzten zehn Jahren in mehr als 25 NHL-Spielen gesehen. Er war in Montréal und in Nashville nie ein Star und mehr als 1,5 Millionen Dollar pro Saison hat sein Agent Don Meehan nie herausgeholt. Er war emsig, fleissig, mutig und schnell.
Aber er hatte auch in seinen besten Zeiten nie das Charisma und die Dominanz eines Mark Streit oder gar eines Roman Josi. Francis Bouillon ist von seinem Stil her so etwas wie eine Mischung aus Eric Blum und Beat Gerber.
Er war immer Läufer und ein bisschen auch ein «Warrior» (Krieger) und belegte in der Check-Statistik in der Regel einen der vordersten Plätze seines Teams. Er ist auch mal für eine kernige Disziplinlosigkeit gut. Für seinen generösen Einsatz hat er seinen Preis bezahlt.
Nur in einer einzigen Saison (2009/10) hat er mehr als 80 Partien bestritten. Die letzten 37 Qualifikationspartien und die Playoffs der Saison 2010/11 verpasste er in Nashville wegen einer Gehirnerschütterung.
Nur wenn Francis Bouillon gesund und fit ist, kann er nach einer Angewöhnungszeit von 15 bis 20 Partien einer der besten NLA-Verteidiger sein und die himmelhohen Erwartungen in Ambri weitgehend erfüllen. Seine Verletzungsanfälligkeit kann ein Problem sein. Das Alter hingegen nicht. Er ist läuferisch so gut, dass wir ihm seine 38 Jahre nicht anmerken werden.
Setzt Ambri am Freitag in Bern Francis Bouillon ein, dann ist das ein Grund, zum Spiel zu gehen.