Das Hockey-Imperium HC Davos vor dem Zerfall? So schien es vor dieser Saison. Seit dem letzten Titel von 2011 ist der Rekordmeister dreimal hintereinander im Viertelfinal gescheitert. In der Qualifikation zuletzt die Ränge zwei, sechs und nochmals sechs. Ja, sogar das Undenkbare wurde in den urbanen Zentren des Unterlandes denkbar. Arno Del Curto im Frühjahr 2015 erstmals nicht in den Playoffs. Götterdämmerung in Davos.
Aber einmal mehr zeigt sich: Arno Del Curto (58) ist eben doch eine Lichtgestalt. Der HCD steht nach sieben Runden auf Platz 1. Nur im Startspiel musste man sich dem EV Zug im Penaltyschiessen geschlagen geben. Am meisten Tore erzielt, am zweitwenigsten kassiert, so die Bilanz.
Ein Hockey-Wunder? Nein, für den guten Start gibt es durchaus Erklärungen. Der HCD hat im letzten Betriebsjahr rund eine Million Verlust eingefahren. Die Abgänge von Sandro Rizzi (Rücktritt), Robin Grossmann, Dario Bürgler (Zug), René Back und Peter Guggisberg (Kloten) konnten nicht mehr kompensiert werden.
Also hat Arno Del Curto aus der Transfernot eine Tugend gemacht und ist zu den Ursprüngen, zum Jugendstil zurückgekehrt: Junge, von der Konkurrenz übersehene Talente fordern und fördern. So wie damals, als er 1996 den HCD übernommen hat.
Leitwolf Reto von Arx ist zwar schon 38 und sein Bruder Jan 36. Trotzdem hat der HCD mit einem Durchschnittsalter von 24,80 Jahren das jüngste Team der Liga. Selbst in der NLB sind nur Ajoie (23,8 Jahre) und die GCK Lions (21,40 Jahre) noch jünger als Davos. Zudem ist Torhüter Leonardo Genoni so gut wie seit der letzten Meistersaison (2010/11) nie mehr. Er ist mit der höchsten Fangquote (93,60 %) seit dem letzten HCD-Meisterjahr (93,90 %) unterwegs.
Mit intensivem, schnellem und gut strukturiertem «Arno-Hockey» sind die Davoser wieder an die Spitze gestürmt. In unserer Tempo- und Laufliga können in der Qualifikation Partien in der Offensive entschieden werden. Es ist also kein Zufall, dass das offensiv beste Team (der HCD mit 32 Treffern) auf Platz 1 und das offensiv schwächste Team (Kloten mit 13 Treffern) auf dem letzten Platz steht.
Die Jugend ist beim HCD Stärke und Schwäche zugleich. Für junge Spieler ist es schwierig, konstant auf hohem Niveau zu spielen. Partien mit Routine und Taktik zu verwalten, wird nicht einfach sein. Die Davoser sind zum Offensivspiel verurteilt und werden diese Saison im besten Wortsinne so weit kommen, wie sie die Füsse vorwärts tragen. Im Grunde geht nur «Vollgas». Deshalb die Frage: Tanzt der HCD nur im Herbst?
Es hat nämlich immer wieder Tabellenführer gegeben, die nach einem goldenen Herbst im Tabellen-Mittelfeld verschwunden sind. Wie zuletzt Servette, das im Herbst 2012 lange Zeit unbesiegt auf Platz 1 stand und am Schluss die Qualifikation auf dem 7. Platz beendete. Ein wenig mahnt der HCD mit einer Leibgarde an Routiniers, starken Ausländern, einem guten Torhüter und fleissigen Mitläufern an dieses «Herbst-Servette» von 2012.
Wie auch immer die Saison für den HCD weiter geht: die erfolgreiche Rückkehr zum Jungendstil hat so oder so noch einen erfreulichen Nebeneffekt: Arno Del Curto wird es nicht übers Herz bringen, die jungen Spieler im Stich zu lassen, die so viel versprechend in die Saison gestartet sind und so viel Potenzial erkennen lassen. Er dürfte seinen auslaufenden Vertrag verlängern.