Wieder wird Biels Sportchef Martin Steinegger für seine Tüchtigkeit bestraft. Er sagt, er verliere Ende Saison Matthias Rossi. «Ich rechne nicht mehr mit einer Einigung. Wir haben unsere finanziellen Limiten, die wir nicht überschreiten.» Er bestätigt damit, was gerüchteweise schon lange herumgeboten wird.
Steineggers Bedauern über den Abgang hält sich in Grenzen und er sagt lakonisch: «Es ist, wie es ist.» Und er wird wohl die Skorerliste im Kopf haben. In 19 Partien hat Matthias Rossi bloss zwei Tore erzielt. Aber er hat das Potenzial für 20 Saisontreffer.
Immer wieder findet Biels Sportchef Spieler, die von der Konkurrenz übersehen worden sind. Wenn sich diese vergessenen Talente in der höchsten Liga durchsetzen, lockt die Konkurrenz (in diesem Falle Lausanne) mit höheren Löhnen. So oder ähnlich war es bei Ramon Untersander (SC Bern), Dario Trutmann (Lausanne), Clarence Kparghai (Lugano) oder Noah Schneeberger (Davos). Was die Gelassenheit von Martin Steinegger erklären mag, die Gemütslage in der Bieler Chefetage, lässt sich in einem Satz so zusammenfassen:
Matthias Rossi ist nicht als gefeierter Transfercoup oder als Jahrzehnt-Talent, sondern durch die Hintertüre nach Biel gekommen. Ja, wäre Basel im Sommer 2014 nicht dem Konkurs verfallen, dann würde ihn die NLA vielleicht gar nicht kennen.
Der Menziker hat seine Karriere im Wynental beim SC Reinach angefangen und kam mit 15 Jahren in die Nachwuchsabteilung des EV Zug. Dort konnte er sich nicht durchsetzen. Im Frühjahr 2013 wechselte der kräftige Powerstürmer (185 cm/101 kg) deshalb in die NLB zu Basel und wurde schliesslich so etwas wie eine «Konkurs-Dividende» für die Bieler. Er habe bereits am Tag, als Basel die Bilanz deponiert habe, einen Anruf von Martin Steinegger bekommen. «Es ging alles sehr schnell und Biel ist für mich zum Glücksfall geworden.»
Der tüchtige Bieler Sportchef hatte den Stürmer schon lange auf dem Radarschirm gehabt und verlängerte in weiser Voraussicht bereits im November 2014 den Vertrag vorzeitig bis 2017. Was intern erst nicht ganz unumstritten war, sich aber bald einmal als kluger Schachzug erwiesen hat.
Nun kapitalisiert Matthias Rossi sein Talent und verlässt Biel am Ende der Saison. Er mahnt vom Stil her ein bisschen an eine dynamische Version des ehemaligen Bieler Meisterstürmers Urs Bärtschi oder, wer es gerne in grossen Dimensionen hat, eine Kombination aus Eric Lindros und Nino Niederreiter. Zumindest wird der Spieleragent Sven Helfenstein seinen Klienten Lausanne so angepriesen haben. Der ehemalige Stürmer, Schwiegersohn von FIFA-Kultkritiker Guido Tognoni, ist ein Neuling in der Agenten-Branche und am ehesten kann er sich mit der «Vergoldung» eines eher unbekannten Spielers einen Namen machen.