Reto von Arx ist das, was die Nordamerikaner einen «franchise player» nennen. Ein Spieler, der ein ganzes Sportunternehmen durch seine Leistungen und seine Persönlichkeit besser macht und während Jahren prägt. Einer wie beispielsweise Mario Lemieux in Pittsburgh, Felix Hollenstein in Kloten, Mark Messier in Edmonton und New York oder Renato Tosio beim SCB.
Reto von Arx ist die Personifizierung der ruhmreichsten HCD-Epoche der Neuzeit mit fünf Meistertiteln. Als Leitwolf steht er im Rampenlicht. Sein «kleiner» Bruder Jan, zwei Jahre jünger, zählt zu den meistunterschätzten Verteidigern der Liga. Die Fünfjahresverträge der beiden ehemaligen Langnauer Junioren laufen aus.
Reto und Jan von Arx sind 1995, ein Jahr vor Arno Del Curto, nach Davos gekommen und hier heimisch geworden. Sie werden für keinen anderen Klub mehr spielen. Die Frage ist nur, in welcher Form sie künftig für den HCD tätig sein werden. Noch zwei oder drei Jahre als Spieler? Oder beginnen sie bald einmal eine Karriere als Trainer?
Den neuen Vertrag wird schliesslich und endlich Präsident Gaudenz Domenig unterschreiben. Aber die Bedingungen handelt Arno Del Curto aus. Dass der Präsident (bzw. der Verwaltungsrat) gegen den Willen von Arno Del Curto die «Ära von Arx» beendet, ist so unwahrscheinlich wie Beni Thurnheer als neuer Chefredaktor bei der NZZ.
Wenn wir herausfinden wollen, wie es im «Fall von Arx» weitergeht, dann müssen wir also Arno Del Curto befragen. Weil die Sache so heikel ist, antwortet er in der Art des Orakels zu Delphi. Das Orakel zu Delphi war einst Mittelpunkt der antiken Welt. So wie Arno Del Curto der Mittelpunkt des HCD-Universums ist.
Das Orakel zu Delphi zu befragen, war nicht ganz einfach. Man besprengte einen jungen Ziegenbock (keinen Steinbock) mit eisigem Wasser. Blieb er ruhig, fiel das Orakel für diesen Tag aus, und die Ratsuchenden mussten einen Monat später wiederkommen. Zuckte er zusammen, konnten die Weissagungen der schönen Pythia beginnen. Sie badete, rauchte einen Joint und sprach dann verklausuliert. Deshalb brauchte es in der Regel einen Priester, um ihre Weissagungen richtig zu deuten.
Wir haben Arno Del Curto nach dem 1:4 in Zürich nicht mit kaltem Wasser besprengt. Aber doch versucht herauszufinden, was im «Fall von Arx» läuft. Wie einst die Ratsuchenden in Delphi müssen wir seine verklausulierten Aussagen zu deuten versuchen.
Frage: Arno Del Curto, verlängern Sie mit Reto von Arx?
Arno Del Curto: «Das diskutieren wir ganz unaufgeregt in den Tagen des Spengler Cups»
Frage: Möchten Sie mit Reto von Arx überhaupt verlängern?
Arno Del Curto: «Das diskutieren wir ganz unaufgeregt in den Tagen des Spengler Cups.»
Frage: Planen Sie nächste Saison mit Reto von Arx?
Arno Del Curto: «Das diskutieren wir ganz unaufgeregt in den Tagen des Spengler Cups.»
Frage: Ist ein HCD ohne Reto von Arx denkbar?
Arno Del Curto: «Das diskutieren wir ganz unaufgeregt in den Tagen des Spengler Cups»
Frage: Kann der HCD auch ohne Reto von Arx ein Spitzenteam sein?
Arno Del Curto: «Das diskutieren wir ganz unaufgeregt in den Tagen des Spengler Cups.»
Frage: Könnten Sie sich Reto von Arx als Trainer-Assistenten vorstellen?
Arno Del Curto: «Das diskutieren wir ganz unaufgeregt in den Tagen des Spengler Cups.»
Es folgten von einem vorwitzigen Chronisten noch mehrere Fragen in dieser Richtung und stets war die Antwort von Arno Del Curto gleich, und er sagte schliesslich: «Ich lasse mich nicht provozieren. Sonst ist es nicht mehr möglich, die ganze Sache unaufgeregt zu besprechen.» Auch mit der Zusicherung, man werde ganz sicher nichts aufbauschen oder zuspitzen, liess sich der HCD-Trainer nicht zu einer konkreten Aussage verleiten. Das ist ganz und gar ungewöhnlich.
Denn eigentlich ist Arno Del Curto ein Mann des klaren und freien Wortes. Er gibt beispielsweise freimütig zu, dass die Vertragsverlängerung (um zwei Jahre) mit Torhüter Leonardo Genoni längst klar sei und auch Gregory Sciaroni bleiben werde. Aus dem Verhalten von Arno Del Curto können wir schliessen, dass es sich offensichtlich um die heikelste HCD-Personalie der letzten Jahre handelt.
Wäre alles klar, würde Arno Del Curto leichthin sagen: «Ah, kein Problem. Das regeln wir bis zum Spengler Cup.» Wäre Arno Del Curto zum Schluss gekommen, es gehe künftig auch ohne Reto von Arx, dann würde er beschwörend sagen: «Ja einmal muss es ohne den Reto gehen! Es ist bei Bayern München auch ohne Franz Beckenbauer, bei der Nationalmannschaft ohne Ralph Krueger und in Barcelona ohne Johann Cruyff weitergegangen!»
Ginge es nur um unterschiedliche finanzielle Vorstellungen, würde er unwirsch sagen: «Es ist alles klar, aber die Details muss halt der Gaudenz (Präsident Gaudenz Domenig – die Red.) regeln. Das geht mich nichts mehr an.»
Was ist also los, wenn uns Arno Del Curto bloss immer wieder sagt: «Das diskutieren wir ganz unaufgeregt in den Tagen des Spengler Cups»? Dass es spannend wird. Arno Del Curto will nicht auf seinen Leitwolf und Freund verzichten, mit dem er 19 Jahren durch dick und dünn geht.
Aber es gibt offenbar Unklarheiten. Arno Del Curto weiss noch nicht, wie er die künftige Zusammenarbeit mit Reto von Arx ausgestalten soll. Noch ein oder zwei Jahre als Spieler und dann ein geregelter Übergang zu einer anderen Tätigkeit beim HC Davos? Soll er Reto von Arx mit einer Vertragsklausel die Entscheidung überlassen, wie lange und in welcher Position er noch spielen möchte? Welche Jobzusicherungen können Reto von Arx über die Spielerkarriere hinaus gemacht werden? Und wie soll der neue Vertrag mit Jan von Arx eigentlich aussehen?
Reto von Arx ist eine der grössten Spielerpersönlichkeiten ausserhalb der NHL. Selbstbewusst, stolz, bisweilen eigensinnig, aber ebenso loyal und ehrlich. Keiner, der um Verträge pokert oder gar über die Medien Druck macht. Er ist einer, der viel fordert, von den anderen und von sich selbst. Aber auch einer, der sehr viel Wert darauf legt, dass er die Erwartungen seines Arbeitgebers hundertprozentig erfüllen kann.
Es ist für ihn undenkbar, die Leistung nicht zu erbringen, die von ihm erwartet wird. Nach Anhörung des Hockey-Orakels Arno Del Curto komme ich zu folgendem Schluss: Reto von Arx ist möglicherweise nicht glücklich darüber, dass ihn sein Freund Trainer inzwischen als Verteidiger und nicht mehr in der zentralen Rolle des Mittelstürmers einsetzt. Das ist so etwas wie eine Degradierung. Da sind noch klärende Gespräche nötig.
Aber Reto von Arx ist auch nach mehr als 900 NLA-Spielen bereit weiterzumachen – wenn der Vertrag so ausgestaltet wird, dass er über den Zeitpunkt seines Rücktrittes frei entscheiden kann. P.S: Sollten die Gespräche wider Erwarten ins Stocken geraten, dann empfehle ich Präsident Gaudenz Domenig und Arno Del Curto zur Auflockerung Buchung und Besuch eines Vortrages bei einem alten Davoser Kumpel, Vortragsredner und Weltverbesserer. «Mutanfall in der Führung – Verlassen von alten Pfaden und Gewohnheiten» von Ernst «Aschi» Wyrsch.