Nach Chris DiDomenico geht auch Trainer Heinz Ehlers per Ende Saison. Die SCL Tigers haben durch eine schwere Führungskrise den sportlichen Kompass verloren. Es gibt verhängnisvolle Parallelen ausgerechnet zum SC Bern.
Zuerst geht der charismatischste Spieler. Bereits im Dezember wird der Wechsel von Chris DiDomenico zu Gottéron per Ende Saison verkündet. Schon im Januar hat Trainer Heinz Ehlers den SCL Tigers mitgeteilt, dass er Ende Saison gehen wird. Was nun offiziell bestätigt worden ist.
Dass er gehen wird, ahnten viele. Denn wenn Heinz Ehlers gefragt wurde, ob er denn seinen Vertrag bis Ende der nächsten Saison erfüllen werde, war zu spüren, dass ihm die Frage körperliches Unbehagen bereitete wie einem untreuen Ehemann, der von seiner Gattin gefragt wird, ob er fremdgehe.
Er pflegte dann zu sagen: «Ich habe einen Vertrag.» Und wenn nachgehakt wurde, wiederholte er: «Ich habe einen Vertrag.» Das ist so, wie wenn der untreue Ehemann seiner Gattin sagt: «Wir sind verheiratet.» Und Heinz Ehlers Agent Andi Rufener pflegte auf die Frage zu antworten, ob sein Klient Offerten für nächste Saison habe und gehen werde: «Also aus der NHL habe ich noch keine Anrufe erhalten. Aus der KHL auch nicht.» Was nicht gelogen war.
Nun heisst es in Langnau allenthalben, wie lieb sich alle haben. Wie sehr man Heinz Ehlers Abgang bedaure. Wie gut man doch miteinander ausgekommen sei. Welche Freude die Zusammenarbeit allen bereitet habe. Dass es eine Trennung im Guten sei und so weiter und so fort.
Wir zitieren der Korrektheit halber Heinz Ehlers: «Ich bin seit mehr als 10 Jahren in der Schweiz tätig. Trotzdem ist Dänemark meine Heimat, der Ort wo ich meine Wurzeln habe und meine Familie lebt. Ich habe mich deshalb entschieden, zurück nach Dänemark zu gehen. Die SCL Tigers haben meine Bitte um vorzeitige Auflösung des bis Ende Saison 2020/21 gültigen Vertrages per 30. April 2020 akzeptiert. Mir ist es aber ein Anliegen, die aktuelle Saison bei den Tigers noch erfolgreich abschliessen zu können.» Heinz Ehlers wird hauptamtlicher Nationaltrainer in Dänemark.
Und wir zitieren auch Sportchef Marco Bayer: «Heinz hat in den letzten Jahren hervorragende Arbeit geleistet und durch seine konsequente und kompetente Arbeit das Team stetig weiterentwickelt und in die Playoffs geführt. Wir respektieren seinen Wunsch, weshalb wir der vorzeitigen Vertragsauflösung zugestimmt haben.»
Alles schön und gut. So redet man halt, wenn es zu einer vorzeitigen Trennung kommt. Aber daraus abzuleiten, dass diese Scheidung unvermeidlich und einvernehmlich war ist – excusez l’expression – barer Unsinn.
Das Tuch zwischen Heinz Ehlers und Sportchef Marco Bayer ist schon seit Monaten zerschnitten. Im kleinen Kreis hatte Heinz Ehlers bereits im Herbst angeregt, ob es denn nicht möglich sei, Marco Bayer eine andere Arbeit zuzuweisen und Jörg Reber wieder zum Sportchef zu machen. Marco Bayers Vorgänger ist heute in Langnau «Nachwuchs-General.»
Die Behauptung, Heinz Ehlers gehe wegen Sportchef Marco Bayer ist zwar polemisch, wenn nicht gar bösartig. Aber: der Konflikt mit dem Sportchef ist einer von vielen Gründen. Es kann eigentlich nicht sein, dass der Mann, der am engsten mit dem Trainer zusammenarbeitet, einer der Gründe für dessen «Flucht» ist. Die Behauptung, Marco Bayer sei es nicht gelungen, Heinz Ehlers zu halten, ist hingegen in jeder Beziehung korrekt. Dieses Versagen müsste eigentlich Konsequenzen haben.
Wenn der Chef der Sportabteilung und sein wichtigster Angestellter im Alltag nicht mehr harmonieren, dann funktioniert eine Hockeyfirma nicht mehr. Je weniger Geld, je weniger Talent, desto wichtiger ist die enge Zusammenarbeit zwischen Sportchef und Trainer. Auseinandersetzungen um fachliche Frage müssen sein. Aber auf Augenhöhe. Und am Ende muss eine konstruktive Lösung stehen. Seit Heinz Ehlers den Langnauer intern den Abgang mitgeteilt hat, sind die Langnauer die schwächste Mannschaft der Liga.
Seit Monaten funktioniert das Tandem Sportchef/Trainer in Langnau nicht mehr. Das ist höchst beunruhigend. Denn in Langnau ist die Mannschaft wie an keinem anderen Ort auf den Trainer zugeschnitten. Die Transfers der letzten zwei Jahre sind «Ehlers-Transfers». Es ist zwar nicht so, dass in Langnau der Trainer transferiert. Aber es sind Spieler verpflichtet worden, die ins «System Ehlers» passen. Disziplinierte Defensivsoldaten mit gutem Spielverständnis. Andere Spieler kann sich Langnau ja eigentlich gar nicht leisten.
Mit dem charismatischen, eigenwilligen Chris DiDomenico ist Marco Bayer nicht klargekommen. Mit der starken, eigenwilligen Persönlichkeit seines Trainers auch nicht. Und ein grosser Transfer ist ihm diese Saison auch nicht gelungen. Die SCL Tigers stehen mitten im Kampf um den Ligaerhalt und beschäftigen sich quietschfidel mit hausgemachten Schwierigkeiten. Auf der Titanic hat ja das Bordorchester auch noch gespielt, als das Schiff so schräg stand, dass die Gläser von der Theke rutschten. So schräg steht inzwischen auch das Traumschiff des Emmentaler Sportes.
Das Problem von Marco Bayer: Er kann mit starken Persönlichkeiten nicht umgehen und er kann Konflikte nicht lösen, die es nun mal unter Männern gibt, die bezahlt werden, um zu spielen statt zu arbeiten. Charismatische, gute Spieler sind nun mal schwieriger als weniger gute, die froh sind, überhaupt einen Job zu bekommen. Es sind nie die schlechtesten Früchte, woran die Wespen nagen.
Nach dem Grundsatz «Spieler kommen und gehen, Klubs bleiben bestehen» alle gleich zu behandeln und mit der Begründung «Reisende soll man nicht aufhalten» jeden ziehen lassen, der an einem anderen Ort eine Chance bekommt, ist gerade in einer Hockeyfirma wie Langnau fatal. Guten, wichtigen Spielern muss man «chüderlen» (= liebevoll umsorgen») damit sie sich wohl fühlen und in Langnau bleiben. Obwohl sie bei der Konkurrenz mehr verdienen könnten.
Chris DiDomenico ist schwierig? Gut, dann soll er halt gehen. Einen Ersatz haben die Langnauer nicht. Damiano Ciaccio ist unzufrieden? Gut, dann soll er halt trotz eines weiterlaufenden Vertrages gehen. Auf einen gleichwertigen Ersatz mit NL-Erfahrung wird verzichtet. Heinz Ehlers fühlt sich nicht mehr ganz wohl? Gut, dann soll er halt gehen, Vertrag hin oder her. Eine neuen Trainer haben die Langnauer noch lange nicht. Wir sehen: Sobald der Sportchef in einer Konfliktsituation gefordert ist, kommt es zur Trennung.
Am Ende der nächsten Saison laufen die Verträge von Torhüter Ivars Punnenovs und Topskorer Harri Pesonen aus. Heisst es nun wieder: Na, dann sollen die halt gehen? Das wäre verhängnisvoll.
Es gibt beunruhigende Parallelen zwischen dem SC Bern und den SCL Tigers. Die Geschäftsführung ist ohne Fehl und Tadel. Der SCB und Langnau sind die einzigen Hockey-Firmen im Land, die ohne Zuwendung von Mäzen und nur mit den im Spielbetrieb erwirtschafteten Einnahmen schwarze Zahlen schreiben. Aber an beiden Orten ist in den letzten zwei Jahren zu wenig in die Sportabteilung investiert worden. Warum auch? Es ging ja. Der SCB hat in vier Jahren dreimal den Titel gewonnen. Langnau hat im letzten Frühjahr erstmals seit 2011 wieder die Playoffs erreicht.
Nun haben beide Berner Hockeyfirmen die Playoffs verpasst und treiben sportlich führungslos auf offener See. Die sportliche Führungskrise hat beim SCB zu einem Verlust des Titels und der Spitzenposition geführt. In Langnau kann die sportliche Führungskrise zum Abstieg führen.
Der SC Bern und die SCL Tigers stehen vor der gleichen Herausforderung. Nach mehreren Jahren der Stabilität beginnt eine neue Ära. Es gibt eine Aussage eines hochrangigen Funktionärs in Langnau, die alles erklärt: «Wir werden schon eine Lösung finden, mit der alle zufrieden sind.»
Genau das ist das Problem in Langnau und in Bern: eine Lösung suchen, mit der alle zufrieden sind. Der Präsident, die Verwaltungsräte, vor allem aber der Sportchef. Was heisst zufrieden sein? Alles bleibt wie es ist. Ja keine Konflikte. Ja kein Wechsel beim Führungspersonal der Sportabteilung. Männerfreundschaft und Filz über dem Interesse des Klubs. Stillstand. Nur ja kein Risiko. Nur ja keine revolutionäre Lösung.
Die Nordamerikaner sagen für diese mutlose «Geisteshaltung»: «Cover your ass.» Satan der Veränderung – weiche von mir! Dabei haben Davos und Servette soeben gezeigt, wie mit dem Mut zu unkonventionellen Lösungen auch ohne den Einsatz von viel Geld der Turnaround geschafft werden kann.
In Bern und in Langnau geht es nicht darum, Lösungen zu finden, mit der alle zufrieden sind. Sondern die bestmöglichen Lösungen. Und die werden dazu führen, dass nicht alle zufrieden sind. Gefordert ist in Bern Marc Lüthi und in Langnau der Verwaltungsrat.
Der Sport ist in Langnau und in Bern zu wichtig, um ihn den Sportchefs zu überlassen. Heinz Ehlers ist 2016 nicht vom Sportchef verpflichtet worden. Es war der Verwaltungsrat, der den Trainerwechsel und die Verpflichtung von Heinz Ehlers über den Kopf des Sportchefs hinweg angeordnet und durchgesetzt hat.
Nun ist der Verwaltungsrat in Langnau erneut gefordert.
- kennt die Schweiz
- relativ jung (muss nicht zwingend ein Argument sein)
- spricht Deutsch
- kennt sowohl NL als auch SL
- kann sowohl mit erfahrenen Profis als auch mit jungen Spielern arbeiten
- hat immer noch Familie im Oberaargau (persönliches Interesse an einer Rückkehr)
- versteht es aus den Gegebenheiten das Beste herauszuholen (Meister mit Langenthal, PO-Quali mit der Academy und soweit ich es beurteilen kann auch aktuell in Deutschland)
Für ein Lacher wurde ebenfalls gesorgt:
Auf der Titanic hat ja das Bordorchester auch noch gespielt, als das Schiff so schräg stand, dass die Gläser von der Theke rutschten.😂
Der Aufstiegsheld von 1998 geniesst in Langnau nachwievor ein hohes Ansehen und ist sehr beliebt. Beim Scl ist ihm doch sowieso langweilig.
Messi Heinz, aber es wurde wahrlich Zeit die Ehe zu annulieren