Nicht nur in der lateinischen Welt sind Transfergerüchte ein bunter Teil der Fussball- und Hockeykultur. Sie sind wie der Sauerstoff des Unterhaltungsgeschäftes und beleben das Interesse. Vor allem dann, wenn gerade nicht gespielt wird. Oder wenn wegen besonderer Umstände (wie zurzeit auch im Hockey) die Meisterschaft nicht so läuft, wie wir es gewohnt sind.
Bei der «Washington Post», so wird erzählt, dürfe eine Meldung erst publiziert werden, wenn sie von mindestens fünf voneinander unabhängigen Quellen bestätigt wird. Unter diesen Umständen gäbe es im helvetischen Hockey keine Gerüchteküche. Keinen «Mercato». Weil es schwieriger ist, für ein Transfergerücht fünf unabhängige Quellen zu finden als einst für Abraham zehn Gerechte zu Sodom. Er fand sie nicht. Obwohl es eine recht grosse Stadt war.
Die Sportchefs dementieren auf Anfrage sowieso, der Agent eines Spielers lässt sich nicht in die Karten blicken und der Spieler ist meistens gegenüber dem neuen Klub an ein «Schweigegelübde» gebunden.
Der Chronist verlässt sich auf seine Gewährsleute. Die verfügen über präzise Informationen. Und scheint die Meldung zudem logisch, dann erübrigen sich weitere Telefonate sowieso.
Manchmal scheint ein Gerücht völlig unlogisch und abenteuerlich. Wie der Wechsel von Raëto Raffainer von Davos nach Bern. Und erfordert für einmal eine Nachfrage beim Direktbetroffenen. Er dementiert. Und siehe da, am anderen Tag ist es doch wahr.
Manchmal ist eine völlig logische Information, die keinerlei Nachfrage erfordert, dann doch nicht richtig. So ist es soeben im Maschinenraum der Hockey-Gerüchteküche zu einer Panne gekommen. Langnaus Raphael Kuonen hat in Kloten nicht unterschrieben. Sein Agent hat den Chronisten per Hosentelefon aus der sonntäglichen Bettruhe aufgescheucht. Und sagte freundlich tadelnd: «Deine Meldung stimmt nicht. Er wechselt nicht nach Kloten.» Wo er nächste Saison spielen werde, sei offen. Böse ist der Agent nicht – sein Klient, sowieso nie in den Schlagzeilen, hatte ein bisschen Gratis-Werbung.
Die Information war von einem sehr zuverlässigen Gewährsmann gekommen. Na ja, kann passieren.
Nun gibt es in einem solchen Fall für den Chronisten zwei Möglichkeiten: Er vertraut auf die heilsame Macht des Vergessens. Es werden in der heutigen Medienwelt unablässig so viele Säue durchs Mediendorf gejagt, dass eine falsche Transfermeldung schon am Abend des gleichen Tages vergessen geht. Wobei: Der grosse Henri Nannen war einst noch strenger als die «Washington Post». Er hatte seine Chronisten ermahnt, auch die Borsten einer Mediensau zu zählen, bevor sie durchs Dorf getrieben wird. Selbst so viel Sorgfalt hat seine Jungs nicht davor bewahrt, die gefälschten Hitler-Tagebücher im «Stern» abzudrucken.
Die andere Möglichkeit: Der Chronist streut Asche über sein Haupt und gesteht seinen Irrtum ein. Wie einst die römischen Feldherren, die sich nach einer Niederlage vor ein Lagerfeuer setzten und zum Zeichen ihrer Schande Asche auf den Kopf streuten. Was hiermit geschehen ist. Raphael Kuonen wechselt nicht nach Kloten.
Wo spielt nun Raphael Kuonen nächste Saison? Tja, der Chronist wird bei Gelegenheit einen seiner Gewährsmänner fragen.
P.S. Es geht natürlich nicht ohne schon wieder ein Gerücht zu verbreiten. Also: Livio Langenegger (22), Captain bei Zugs Farmteam EVZ Academy, wechselt auf nächste Saison entweder zu Ambri oder zu Langnau.