Kyen Sopa? Noch kein grosser Name. Er hat in unserem Hockey bisher kaum Spuren hinterlassen: In elf Partien für den SCB sind es gerade Mal zwei Assists.
Und doch: Sein Name sagt uns viel über die Zustände bei den ZSC Lions und dem SC Bern aus. Bei den zwei grössten Organisationen unseres Hockeys.
Eine der letzten Amtshandlungen von Sven Leuenberger vor dem Wechsel zu den ZSC Lions im Sommer 2017: Er orchestriert den Wechsel eines in Uzwil ausgebildeten Juniors von den Lakers in die SCB-Nachwuchsorganisation. Es handelt sich um Kyen Sopa.
SCB-Elitejunioren (20917/18) bucht er in 41 Partien 21 Tore und 35 Assists. Solche Statistiken gibt es nicht mit spielerischen Hosenknöpfen. Sie erfordern ein aussergewöhnliches Talent.
Nach einer Saison in Bern wechselt er für zwei Jahre in die höchste nordamerikanische Juniorenstufe (Ontario Hockey League, 107 Spiele, 38 Tore, 39 Assists) und spielt die U20-WM 2020. Im letzten Sommer ist er nach Bern zurückgekehrt.
Eine echte Chance hat der 43fache Junioren-Internationale in dieser Saison beim SCB nicht bekommen. Er wird schon im Herbst in die Swiss League verbannt (La Chaux-de-Fonds) und früh lässt ihn Untersportchefin Florence Schelling wissen, dass er in Bern keine Zukunft hat und der Vertrag nicht verlängert wird.
Niemand mag das so bestätigen. Aber es ist keine Panne aus dem Maschinenraum der Informationsbeschaffung: Das Talent, das der SCB verschmäht hat, wird in der Organisation der ZSC Lions mit offenen Armen empfangen. Kyen Sopa steht in Zürich vor der Vertragsunterzeichnung.
Warum? Mit Kyen Sopa bekommen die Zürcher im schlechtesten Fall einen sehr guten Stürmer für ihr Farmteam (GCK Lions) und wenn es normal läuft einen sehr guten, günstigen Ergänzungsspieler für die ZSC Lions.
Kyen Sopa scheint auf den ersten Blick für die National League zu langsam. Aber auf den zweiten Blick offenbart sich eine erstaunliche Spielintelligenz. So kompensiert er läuferische Limiten. Für die NL-Reife fehlt ihm bei 177 Zentimeter Grösse und etwas mehr als 80 Kilo «Kampfgewicht» eigentlich nur die Robustheit. Aber die kann er sich im Kraftraum antrainieren.
Kyen Sopa kann sich bei den GCK Lions in der Swiss League auf der rechten Aussenbahn zu einer bäumigen Flügelfräse für die dritte und vierte Linie in der höchsten Liga entwickeln. Hätte die SCB-Sportabteilung richtig geschaltet, würde er mit einem SCB-Vertrag beim SC Langenthal gefördert und gefordert.
Nun können wir sagen: Was soll diese Polemik um einen Stürmer, den kaum jemand kennt und der noch nicht mal ein Tor in der höchsten Liga erzielt hat? Typische Bosheit eines Chronisten.
Doch sein Beispiel sagt viel über die sportliche SCB-Misswirtschaft aus. Ob das «Financial Fairplay» kommt und ob dieses System der Salärbegrenzung funktionieren wird, wissen wir noch nicht. Angedacht ist die Einführung auf die Saison 2025/26.
Aber gute Mitläufer mit einem vernünftigen Preis/Leistungsverhältnis werden so oder so immer wichtiger. Um die Kosten in Griff zu bekommen. Das ist auch dann nützlich, wenn es die Begrenzung der Gesamtlohnsumme (geplant ist eine obere Limite von 10 Millionen) nicht geben sollte.
Erst recht beim SC Bern. Manager Marc Lüthi beklagt gebetsmühlenartig die zu hohen Saläre der Mitläufer. Deshalb will er sieben Ausländer. Um in Lettland, Finnland, Schweden, Norwegen, Russland, Dänemark, Österreich, Italien, in Tschechien, Slowenien, in ganz Amerika oder in der Slowakei und überhaupt auf der ganzen Welt billige Mittläufer zu rekrutieren.
Kein Schelm wer fragt: Wie soll die SCB-Sportabteilung in Lappland oben, in Sibirien hinten oder drüben in Manitoba billige Mitläufer aufspüren, wenn sie nicht einmal die Talente in der eigenen Organisation richtig einzuschätzen vermag?
Eine gut funktionierende Sportabteilung erkennen wir nicht in erster Linie an spektakulären «Kaiser-Transfers». Aussagekräftiger sind die zahlreichen unspektakulären, kleinen Personalentscheidungen. Sie beeinflussen die Kostenseite eher noch stärker: Drei teure Mitläufer belasten die Ertragslage stärker als ein fürstlich gelöhnter Star. Wir dürfen ganz unpolemisch sagen: Kyen Sopa ist ein kleiner Name, aber ein grosser SCB-Transferfehler.
Der neue Obersportchef Raeto Raffainer träumt davon, als Stratege und Bürogeneral am Kartentisch im geräumigen SCB-Hauptquartier die grossen Transfer-Offensiven zu planen.
Die meiste Zeit wird er in Bern vorerst damit verbringen, zu korrigieren, auszubügeln und geradezubiegen, was seine Untersportchefin Florence Schelling und sein Nebensportchef Alex Chatelain angestellt haben.
Noch fragen? Auch sportchefs haben ein gehalt.