Sport
Eismeister Zaugg

Götterdämmerung im Zürcher Derby? Kloten versetzt den ZSC in Angst vor Playoff-Duell

Im Derby gelingt den Kloten Flyers ein grosser Schritt in Richtung Playoffs.
Im Derby gelingt den Kloten Flyers ein grosser Schritt in Richtung Playoffs.
Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Götterdämmerung im Zürcher Derby? Kloten versetzt den ZSC in Angst vor Playoff-Duell

Eigentlich war dieses 199. Zürcher-Derby ja ein «Strichkampf». Aber es war auch ein Spiel, das die ZSC Lions zutiefst beunruhigen muss.
17.02.2016, 08:2017.02.2016, 09:07
Mehr «Sport»

Götterdämmerung? So heisst die nordische Sage über den Untergang der Götter, der Titanen, den Untergang der Welten. Richard Wagner hat sie zu einer gewaltigen Oper verarbeitet.

Haben wir in diesem Derby also die Götterdämmerung, den kommenden Untergang des Titanen ZSC Lions geschaut? Ein bisschen Dramatik muss ja sein. Die grosse, mächtige Hockeymaschine der ZSC Lions hat diese Qualifikation dominiert und nebenbei auch noch den Cup gewonnen. Der Qualifikationssieg ist nach wie vor möglich – und natürlich der Titelgewinn auch. Schliesslich waren die Zürcher mit Trainer Marc Crawford 2013 Halbfinalist, 2014 Meister und 2015 Finalist. Also sollte eine 3:4-Niederlage nach Penaltys eigentlich noch kein Grund zur Beunruhigung sein. So macht es den Anschein.

Musste untendurch: Pius Suter (Mitte) mit den ZSC Lions. 
Musste untendurch: Pius Suter (Mitte) mit den ZSC Lions. 
Bild: KEYSTONE

Mehr Schein als Sein bei den Löwen?

Der grosse Dichterfürst Goethe lehrt uns: die Welt urteilt nach dem Scheine. Aber die Hockeygötter tun es nicht. Deshalb haben die Kloten Flyers 4:3 nach Penaltys gewonnen. Wenn der Weg in die Playoffs der Strecke zwischen dem Hallenstadion und dem Schluefweg entspricht, dann sind die Klotener gestern in die Tiefgarage ihres Heimstadions eingefahren. Sie werden die Playoffs schaffen.

Dieses 199. Zürcher Derby schien ja eine klare Sache. Die ZSC Lions auf Platz 1 mit 88 Punkten. Die Kloten Flyers auf Platz 8 mit 61 Zählern. Die ZSC Lions konnten locker spielen. Ohne den vielzitierten Druck. Die Kloten Flyers standen hingegen unter maximalem Druck.

Aber eben: der Schein trügt. Am Ende siegt der Aussenseiter. Ja, eigentlich hätten die Klotener den Sieg schon nach 60 Minuten verdient.

Der Hockeypuritaner wird sagen: ein schwaches Spiel. Viel zu viele Fehler. Viel zu wenig taktische Disziplin. Viel zu geringe Intensität. Wer gute Unterhaltung mag, ist hingegen begeistert nach Hause gegangen. Die Kloten Flyers, die so oft noch einen Weg in die vermeidbare Niederlage gefunden haben, schienen auch jetzt den Sieg im Schlussdrittel nach einer 3:1-Führung zu verschenken.

Es steht noch 3:2. Torhüter Martin Gerber kommt raus, sein Ersatz Lukas Boltshauser geht rein. Sein erster Einsatz in der NLA für die Kloten Flyers. Kurz darauf kehrt Gerber ins Tor zurück, kassiert das 3:3, fährt wieder raus und bleibt auf der Bank. Trainer Sean Simpson sagt, Gerber sei aufgrund einer «Oberkörperverletzung» definitiv ausgewechselt worden. Wie schlimm die Blessur ist, weiss er noch nicht. Martin Gerber leidet seit längerer Zeit an einer Blessur seiner Fanghand.

Lukas Boltshauser (22), auf diese Saison verpflichtet und ausersehen, Martin Gerber (41) in naher Zukunft zu ersetzen, lässt keinen Treffer zu und wird im Penaltyschiessen die Titanen Roman Wick und Auston Matthews stoppen.

Martin Gerber: Wie lange setzt ihn seine Verletzung ausser Gefecht?
Martin Gerber: Wie lange setzt ihn seine Verletzung ausser Gefecht?
Bild: KEYSTONE

Gelingt Sean Simpson ein erneuter Coup als Aussenseiter?

Die Niederlage scheint für die ZSC Lions im Kampf um den Qualifikationssieg bedeutungslos. Aber der Schein kann auch da erneut trügen. Vielleicht sind es diese zwei Punkte aus dem gestrigen Derby, die Kloten auf den 8. und letzten Playoffplatz bringen.

Bei einer Viertelfinalserie gegen die Kloten Flyers scheinen die ZSC Lions klare Favoriten zu sein. Aber die Hockeygötter urteilen eben nicht nach dem Scheine. So wie das Spiel gestern gelaufen ist, so arrogant wie die favorisierten ZSC Lions aufgetreten sind, so wie die Kloten Flyers diesmal einen Weg gefunden haben, ein Spiel doch noch zu gewinnen, könnte es durchaus sein, dass es im Viertelfinale zu einer Sensation kommt. Und die Kloten Flyers auf Kosten ihres Lokalrivalen den Halbfinal erreichen.

Was die ZSC Lions zutiefst beunruhigen muss: Die Kloten Flyers haben diese Saison vier von sechs Derbys gewonnen. Je zwei auf eigenem Eis und zwei im Hallenstadion. Vier Siege! Richtig, das reicht exakt, um eine Playoffserie zu gewinnen.

Sean Simpson ist kein Coach für einen Titanen. Seine grossen Triumphe hat er immer als Aussenseiter gefeiert. Mit den ZSC Lions gewann er als Aussenseiter die Champions Hockey League und mit einem Sieg gegen Chicago den Victorias Cup. Aber in der Meisterschaft scheiterte er als Favorit mit den Zürchern zweimal kläglich im Viertelfinale. Mit der Nationalmannschaft schrieb er als Aussenseiter das Silbermärchen von Stockholm, aber als Medaillenanwärter erreichte er anschliessend beim Olympiaturnier 2014 und bei der WM 2014 nicht einmal den Viertelfinal.

Nun ist er drauf und dran, mit den Kloten Flyers grad noch die Playoffs zu erreichen und dort in seiner besten Rolle, in der Rolle des Aussenseiters, eine Sensation zu schaffen.

Sean Simpson: Er weiss, wie man Aussenseiter zum Erfolg führt.
Sean Simpson: Er weiss, wie man Aussenseiter zum Erfolg führt.
Bild: KEYSTONE

Crawford muss sein Orchester ordnen

Kommt es denn tatsächlich zum Viertelfinal gegen die ZSC Lions, dann wird es eine Serie der «Lottergoalies». Die ZSC Lions haben in der Qualifikation bisher so klar dominiert, dass beinahe vergessen gegangen ist, dass sie möglicherweise mit einem Lottergoalie in die Playoffs müssen. Es ist keineswegs sicher, dass Lukas Flüeler für die Playoffs wieder fit und in Form sein wird. Ist Niklas Schlegel (21) gut genug für den Gewinn der Meisterschaft? Er ist talentiert, er hat gestern im Derby sein Team mit ein paar «big Saves» im Spiel gehalten. Aber eben das Spiel nicht gewonnen. Die Fangquote von 82,35 Prozent ist ungenügend.

Die Kloten Flyers können sich auch nicht darauf verlassen, dass Martin Gerber in den Playoffs fit sein wird. Lukas Boltshauser hat seinem Team den Sieg gerettet. Durchaus möglich, dass ihm dieser Sieg jenes Selbstvertrauen gibt, das er braucht, um eine Viertelfinalserie gegen die ZSC Lions zu gewinnen.

Ja, gewiss, das war jetzt nun alles Spekulation. Die ZSC Lions sind noch nicht Qualifikationssieger, die Kloten Flyers noch nicht in den Playoffs und ob es tatsächlich zum Viertelfinal ZSC Lions gegen die Kloten Flyers kommen würde, steht in den Sternen. Und Chefdirigent Marc Crawford hat noch zwei Wochen Zeit, um in seinem Orchester Ordnung zu schaffen und die taktischen und spielerischen Instrumente so zu stimmen, dass darauf der Triumphmarsch gespielt werden kann.

Aber der neutrale Beobachter hat in diesem unterhaltsamen Zürcher Derby so viel gesehen, was gegen die ZSC Lions und für die Kloten Flyers spricht, dass er sich vom schönen Schein des 1. Platzes und der grossen ZSC-Namen nicht blenden lässt und denkt: Vielleicht hat mit dieser Partie die Götterdämmerung der ZSC Lions begonnen. Unabhängig davon, wer der Gegner im Viertelfinale sein wird.

So steht es um die 12 NLA-Trainer (Stand Februar 2016)

1 / 14
So steht es um die 12 NLA-Trainer (Stand Februar 2016)
Lars Leuenberger (SC Bern), Stand: Vertrag läuft bis Ende der Saison 2015/16.
quelle: freshfocus / andy mueller/freshfocus
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
4 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
marak
17.02.2016 09:32registriert April 2014
Nun ja. Mathews wurde vom Pfosten gestoppt, Nilsson von der Latte (wenn ich es richtig gesehen habe).
Es ist vielmehr das Grundübel vom Z. Man glaubt einfach daran, dass man im letzten Drittel die drei Punkte heimfahren kann. Gegen ein Team, das mit dem Rücken zur Wand steht und unbestreitbar Qualitäten hat, ist das natürlich ein fataler Fehler. Und wir stehen wieder wie in den letzten paar Jahren vor der Frage: Kann ZSC den Schalter umkippen? Was braucht es, damit die Mannschaft 60 Minuten lang vor dem eigenen Tor wegputzt und beim Gegner vor der Kiste steht? Das ist der Angstfaktor Nr. 1!
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Altorez
17.02.2016 09:20registriert Juni 2015
Ich habe mir gestern Abend auch angefangen sorgen zu machen .. Natürlich könnte eine mögliche Viertelfinalserie gegen Kloten schwer werden .. Aber auch Bern, Lausanne und Ambri wären keine einfachen Gegner .. Ich hätte am liebsten Ambri damit ich nochmals in die schöne Valascia kann .. Aber ich denke wir als ZSC Fans dürfen uns nicht zu viele Sorgen machen .. Natürlich ist auch der ZSC in Playoff-Serie schlagbar aber gegen ein solch talentiertes und ausgeglichenes Team ist es schwer innerhalb kurzer zeit 4 Spiele zu gewinnen .. Ich wünsche euch allen schöne, spannende und erfolgreiche Playoffs
00
Melden
Zum Kommentar
4
Patrick Fischer, Kevin Schläpfer und die Zufälligkeiten der Hockey-Geschichte
Kevin Schläpfer war im Oktober 2015 ein «Hockey-Gott» und Patrick Fischer ein gescheiterter Trainer. Heute ist Patrick Fischer der mächtigste Mann unseres Hockeys und Kevin Schläpfer Provinzfürst in Basel. Ein einziger Entscheid hat unsere Hockey-Geschichte verändert.

Was wäre, wenn … Unser Hockey liefert ein spektakuläres Beispiel für kontrafaktische Geschichtsschreibung: Was wäre, wenn Kevin Schläpfer am 15. Oktober 2015 Nationaltrainer geworden wäre? Der damalige Verbandssportdirektor Raëto Raffainer offerierte Biels Trainer Kevin Schläpfer den Job. Doch Biels Verwaltungsrat sagte einstimmig nein und unter Tränen verzichtete der Baselbieter auf seinen Traumjob. Gut ein Jahr später musste er in Biel gehen.

Zur Story