Im Fussball gehören Schwalben und die Nummer «sterbender Schwan» zur Kultur. Im Eishockey hingegen nicht. Doch diese Saison beobachten wir ein Aufkommen dieser Unsitte. Wahrscheinlich wirkt das Beispiel von Neymar über die Fussballplätze hinaus.
Es geht in diesem Zusammenhang nicht in erster Linie um die gelegentlichen Flugnummern eines Schillerfalters wie Gottérons Killian Mottet. Dessen Schwalben können wir als welsche Hockey-Folklore abtun.
Aber es ist beunruhigend, dass ausgerechnet nordamerikanische Berufsspieler sich in einem Playoff-Finale aufführen wie südamerikanische Fussball-Weichlinge. Und einer davon erst noch im Ehrengewand des Topskorers.
Die echte Solo-Sterbetanznummer «sterbender Schwan» dauert auf der Ballettbühne drei Minuten. Zugs Garrett Roe hat diese Nummer nach einem harmlosen Beinstellen von Beat Gerber im ersten Finalspiel in Bern noch verlängert.
Aber auch Berns Mark Arcobello ist längst ein «Neymar on Ice» und versteht es listig, sich immer wieder als bedauernswertes Opfer eines ach so schrecklichen gegnerischen Angriffes zu inszenieren.
Die Wirkung des schlechten Vorbildes ist in solchen Fällen nicht zu unterschätzen: Kids achten sehr wohl darauf, wie sich ihre Vorbilder benehmen, und wenn sie sehen, dass theatralisches Verhalten gebilligt wird, so wachsen kleine Roes und Arcobellos heran.
Das Eishockey-Regelwerk sanktioniert solches Gebaren. Wer sich fallen lässt («Schwalbe») oder wer nach einem erlittenen Foul durch theatralisches Benehmen den Eindruck erweckt, die Missetat sei viel schlimmer, als sie ist («Embellishment»), wird mit zwei Minuten und zusätzlich mit Bussgeld bestraft.
Das theatralische Benehmen von Garrett Roe und Mark Arcobello ist einer Finalserie unwürdig. Die Stimmung wird völlig unnötig aufgeheizt und die ohnehin schon schwierige Arbeit der Schiedsrichter erschwert.
Zweiminuten-Strafen und ein paar Tausender Busse wie bisher genügen nicht, um dieses unwürdige Schauspiel zu beenden.
Es gilt den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren. Mehr als zwei Minuten sind im Spiel nicht angebracht. Restausschlüsse sind schweren Vergehen vorbehalten.
Für die Schiedsrichter, die eine Aktion nur in Echtzeit sehen, ist es oft sehr schwierig, die Betrügereien zu erkennen. Ihnen kann strengeres Durchgreifen nicht zugemutet werden. Selbstjustiz würde zwar helfen, ist aber im modernen Eishockey nicht mehr zeitgemäss.
Ein paar Tausendernoten Busse richten nichts aus. Entweder bezahlt sowieso der Klub die Busse oder die Jungmillionäre begleichen das Strafgeld aus ihrer Portokasse.
Was hingegen verlässlich wirkt, sind Sperren. Wir können zwar mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass unsere Hockeykultur nach wie vor so stark ist, dass sich die Vorfälle aus dem ersten Finalspiel nicht wiederholen werden.
Aber in dieser Sache gilt: Wehret den sichtbar gewordenen Anfängen. Was gar nicht so schwierig ist. Unsere Hockeyrichter visionieren ja jede Partie. Erkennen sie eine Schwalbe oder eine Schwan-Nummer, dann sollten sie künftig (d.h. ab nächster Saison) einen Sünder nicht nur büssen und nicht erst ab dem vierten, sondern gleich beim ersten Mal sperren dürfen. Damit es wirkt, sollte es mindestens drei Spielsperren geben.
Wenn die besten Spieler aussetzen müssen, wird die Mannschaft geschwächt. Dann reagieren die Sportchefs und die Trainer. Wenn diese Autoritäten eingreifen, dann ist das ganze Fehlverhalten weg wie ein böser Spuk.
Wir wollen ja alle, dass Eishockey nicht wird wie Fussball.
Ein spezielles Shirt oder Helm der bei den nächsten Spielen getragen werden muss würde es auch tun.