Basel – Kevin Schläpfer bis 2028 und ein Operetten-Aufstiegsgesuch
Diese Aussage seines Sportchefs müsste Basels Trainer Eric Himelfarb in Schockstarre versetzen. Kevin Schläpfer sagt nämlich: «Ja, ich habe nach wie vor die Energie, um ein Profiteam zu trainieren.» Keine Frage also: Sein Traum von der Rückkehr an die Bande lebt und kann eigentlich nur in Basel in Erfüllung gehen. Schläpfers Vertrag ist per Ende Jahr beidseitig auflösbar. Erfolgt bis zum 31. Dezember 2025 keine Kündigung, dann wird das Arbeitsverhältnis automatisch um zwei Jahre bis 2028 verlängert. Ohne Ausstiegsklausel zwar. Aber bei einem Angebot aus der höchsten Liga würde er wohl eine Freigabe bekommen.
Doch der Sportchef denkt nicht daran, Basel zu verlassen. «Von meiner Seite wird es keine Kündigung geben.» Dass der Klub den Vertrag per Jahresende auflöst, ist nicht zu erwarten: Die Basler Hockeykultur würde die einzige Persönlichkeit neben Willi Vögtlin verlieren, deren Name jenseits des Belchentunnels jemand kennt. Also bleibt für die Rückkehr an die Bande nur der EHC Basel.
Der letztjährige Qualifikationssieger darbt auf dem 8. Rang, bereits 13 Punkte hinter der Tabellenspitze. Spätestens seit der peinlichen 0:2-Heimpleite gegen Aufsteiger Arosa ist die Frage an den Sportchef, wann er Trainer wird, keine polemische. Sondern eine sachliche und objektive. Er hat ja auch in Biel und in Langenthal in schwierigen Zeiten als Sportchef seinen Trainer erst gestützt, dann gefeuert und das Banden-Kommando übernommen.
Doch von einem solchen Schritt will er trotz seines Traumes, wieder Trainer zu werden, partout nichts wissen. Er unterstütze Eric Himelfarb nach Kräften. Direkt gefragt: Wenn wir es geografisch ausdrücken: Wo steht er auf dem Weg nach Basel zurück an die Bande? «In Tokyo. Mindestens.»
Oha, das ist aber noch weit weg. Da steht ein Sportchef in Nibelungentreue (= eine Form der bedingungslosen, emotionalen und manchmal verhängnisvollen Unterstützung) zu seinem Trainer. Kann das wirklich sein? «Ja. Wir stehen gar nicht so schlecht da. Seit der Niederlage gegen Arosa haben wir zweimal gewonnen. Wir stehen in der Tabelle zwar noch nicht dort, wo wir sein wollen. Letzte Saison haben wir über unseren Verhältnissen gelebt und jetzt sind wir unter Wert klassiert. Unser Ziel ist es, Ende Saison unter den Top 4 zu sein und das ist nach wie vor möglich.» Mit Eric Himelfarb an der Bande? «Ja natürlich.»
Allerdings fällt auf: Der Sportchef ist so oder so näher an der Mannschaft (und damit einem Bandenkommando) als seine Berufskollegen. Während eines Spiels sitzt er oben auf der Tribüne und hat eine Mannschaftsliste vor sich. Mit Strichen notiert er jede gute und weniger gute Aktion jedes Einzelnen. Als Grundlage für – falls erforderlich – eine gesalzene Einzelkritik.
In den Pausen steigt er in der Regel in die Katakomben hinab und begibt sich in die Garderobe. «Nicht ganz» korrigiert der Baselbieter: «Ich gehe in den Trainerraum, um ein paar Worte zu wechseln und nicht in die Spielergarderobe.» Tatsächlich gibt es in jedem Stadion neben der Garderobe einen separaten Raum für den Coach. Aber Gewährsleute erzählen, der Sportchef habe auch schon eine Kabinen-Predigt gehalten. «Ja, ab und zu sage ich etwas zu den Spielern.» Das sei halt seine Art und ja, er sei nahe bei der Mannschaft.
Alles in allem lässt sich sagen: Kevin Schläpfer ist so etwas wie Basels Hockey-Papst und der Trainer sein wichtigster Kardinal, dem er hin und wieder in Glaubensfragen die Leviten lesen muss. «Na ja, dieser Vergleich ist nicht so schlecht…»
Aber eigentlich ist der ehemalige Sportchef und Trainer des EHC Biel in Basel unterfordert. Obwohl er neben der Büroarbeit pro Woche vier Stunden lang die jüngsten Talente auf dem Eis trainiert und sich auch intensiv um die inzwischen wieder auf gut 200 Hockey-Kids angewachsene Nachwuchsorganisation kümmert. Er hat mit 55 Jahren nach wie vor die Energie und das Charisma für die höchste Liga. Dorthin könnte der ehemalige Biel- und Kloten-Trainer zwar auch mit Basel zurückkehren. Er bestätigt: «Wir arbeiten am Dossier für das Aufstiegsgesuch.» Obwohl er ahnt, ja wissen muss: Es ist bloss ein Operetten-Papier und wird nur eingereicht, weil neuerdings ein Aufstiegsgesuch gratis ist und nicht mehr 20'000 Franken kostet.
Die mit diesem Gesuch offiziell bekräftigten Promotions-Absichten sind, bei Lichte besehen, wohl eher ein sportliches Placebo (= Scheinmedikament), um Fans und Sponsoren bei Laune zu halten. Dagegen ist nichts einzuwenden. Basel operiert heute mit einem Budget von 3,3 Millionen. Ajoie arbeitet als ärmstes Team der National League mit einem Saisonhaushalt von 14 Millionen. Selbst wenn die Basler ihren Geldzufluss vervierfachen, stehen sie noch nicht auf Augenhöhe mit dem ewigen Schlusslicht der höchsten Liga. Der EHC Basel ist sportlich und finanziell von einem Sonnenplatz in der National League weiter entfernt als der FC Basel vom Final der Champions League.
Aber oha, da widerspricht Kevin Schläpfer energisch. «Warten wir mal ab! Es geht etwas bei uns!» Er vertraut offensichtlich seinem umtriebigen und charismatischen Geschäftsführer Oliver Schäublin und hofft wohl, dass er ihn bald mit dem Ehrentitel «Chole-Oli» anreden kann.
Die zwei Siege in Visp (4:3 n.V) und gegen Winterthur (2:1) haben die Gemüter nach dem Arosa-Debakel etwas beruhigt. Aber nun folgt heute Abend (19:45 Uhr) die ultimative Herausforderung im Cup (an dem sich die National League nicht mehr beteiligt): Im Achtelfinal kommt es zur Wiederholung des Finals von 2024 gegen den Erzrivalen Olten. Damals gewann Basel mit Eric Himelfarb an der Bande 3:2.
Eine Cup-Niederlage gegen die Oltner könnte Kevin Schläpfers Distanz zur Bande von Tokyo aus gesehen um rund 1000 Kilometer Luftlinie bis ungefähr Wladiwostok verringern. «Nein, nein» wehrt er sich. «Ich würde unseren Trainer erst recht unterstützen und die Distanz würde sich bis Hawaii verlängern.» So ist also die Frage aktuell nicht, ob Eric Himelfarb (im Dezember 2022 als Nachfolger von Christian Weber vom Assistenten zum Chef befördert) um seinen Job bangen muss. Sondern höchstens: «Tokyo Kevin» oder «Hawaii-Kevin»?
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