3 Säulen tragen den Höhenflug der Lakers – doch die Einsturzgefahr bleibt bestehen
Nur wenige Eishockey-Experten trauten den SC Rapperswil-Jona Lakers vor dem Saisonstart ein erfolgreiches Jahr zu. In der Prognose von watson und dem «Roost/Röthlisberger – Hockey-Talk» landeten die St.Galler nur auf dem 12. Rang. Das war in Übereinstimmung mit den Platzierungen aus den beiden Vorjahren, wo die Lakers auf den Rängen 12 und 10 landeten. Es schien, als sei die erfolgreiche Ära (Playoff-Halbfinal 2021 und Viertelfinal 2022 und 2023) mit dem Abgang von Sportchef Jannick Steinmann endgültig beendet.
Und jetzt das! Rapperswil liegt nach einem Viertel der Qualifikation auf Platz zwei, hat elf von bislang 14 Spielen gewonnen. Wie ist das möglich? Schliesslich hat diese Mannschaft mit dem fast gleichen Kern letzte Saison in der ersten Runde der Play-Ins verloren. Der momentane Höhenflug der Lakers basiert auf drei Pfeilern. Schauen wir es uns an.
Gute Torhüter
Wenn ein Eishockeyteam einen unerwarteten Höhenflug hinlegt, dann haben in den meisten Fällen die Torhüter etwas damit zu tun. Das ist auch bei den Lakers nicht anders. Am Obersee können sie derzeit – wie bereits bei unserem Rückblick auf den ersten Viertel der Saison erwähnt – nicht nur auf einen, sondern auf zwei starke Goalies zählen.
Melvin Nyffeler, aber vor allem auch Ersatzmann Ivars Punnenovs schaffen es, Rapperswil-Jona regelmässig vor Gegentoren zu bewahren, die aufgrund der zugelassenen Chancen eigentlich zu erwarten gewesen wären. Gemeinsam haben sie in dieser Saison demnach schon rund 15 zusätzliche Gegentreffer verhindert.
Gerade für die Leistungen von Melvin Nyffeler ist ein guter zweiter Goalie wichtig. Der mittlerweile 30-Jährige hat eine (gemäss Analytics normale) Tendenz, dass er im zweiten Spiel hintereinander an aufeinanderfolgenden Tagen oft spürbar schlechtere Leistungen zeigt. Dass Trainer Johan Lundskog auf zwei Goalies zurückgreifen kann, die sein Team zu einem Sieg hexen können, gibt auch Nyffeler mehr Sicherheit und Entlastung – und ist ein Luxus. Neben den Lakers hat nur der HC Davos ein ähnlich starkes Duo zwischen den Pfosten. Dass diese beiden Teams derzeit die Liga anführen, ist daher etwas weniger überraschend.
Gesteigerte Effizienz
Jeder Schuss ein Treffer? Ganz so extrem ist es bei den Lakers nicht, aber ist dennoch bemerkenswert, wie effizient sie zum Beginn der Saison sind. Die Schusseffizienz von 11,44 Prozent ist die drittbeste der Liga hinter Leader Davos und Lausanne, dem Drittplatzierten der National League. Gleichzeitig sind die Rapperswiler auch das Team mit den drittmeisten Schüssen der Liga.
Das zeigt ein wenig die Philosophie der Lakers unter Lundskog: Nicht lange fackeln und direkter Zug aufs Tor. Die Rapperswiler suchen oft sofort den Abschluss, auch wenn die Position vielleicht nicht immer optimal ist. Gefahr entsteht häufig, weil die Rosenstädter auch meist einen Spieler im Slot direkt vor dem Tor haben, der dem Goalie die Sicht nimmt, ablenken oder Abpraller versenken kann.
Es ist aber sicher so, dass die SCRJ-Offensive derzeit etwas über den eigenen Verhältnissen spielt. Die Lakers produzieren pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey in dieser Saison 2,11 Expected Goals – so wenig wie noch nie in den letzten fünf Jahren. Dagegen ist die Torproduktion mit 2,92 Treffern pro 60 Minuten auf dem zweithöchsten Wert in dieser Zeit.
Was sagt uns das? Nun, die Lakers waren zwar auch in der Vergangenheit in der Lage, mehr Tore zu schiessen, als gemäss Expected Goals realistisch gewesen wäre. Doch so gross wie in diesem Jahr war die Differenz zwischen herausgespielten Chancen und tatsächlichen Toren noch nie. Eine leichte Korrektur nach unten – zum Beispiel, dass bei Dominic Lammer (36,84 Prozent Schusseffizienz), Jonas Taibel (22,22 Prozent) oder Nico Dünner (14,29 Prozent) mal weniger Pucks reinfallen – wäre keine Überraschung.
Starke Special Teams
Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg für Klubs mit kleineren Budgets sind stets die Special Teams. Auch da kann Rapperswil-Jona dieses Jahr vorne mitmischen – mit guten Resultaten und guten Statistiken, die diese Resultate untermauern.
Nicht ganz jede vierte gegnerische Strafe können die Lakers in ein Tor umwandeln – das ist der fünftbeste Wert der Liga. Das stimmt ungefähr mit den Analytics von 49ing überein. Gemäss diesem kreiert die Mannschaft von Johan Lundskog im Powerplay am sechstmeisten Chancen in der National League.
Ein fast noch etwas besseres Bild geben die Lakers im Penalty Killing ab. Was den Prozentsatz der abgewehrten Unterzahlsituationen angeht, ist Rappi ebenfalls auf Rang 5 zu finden. Auch das wird von den Analytics bestätigt: Nur Davos und Lausanne lassen in Unterzahl noch weniger Chancen zu als die St.Galler.
Diese Probleme bleiben
Die Lakers werden versuchen, die aktuelle Erfolgswelle so lang wie nur möglich zu reiten. Denn die Analytics bei 5-gegen-5 sprechen eine deutliche Sprache: Rappi lässt am meisten gegnerische Chancen zu und kreiert selbst am viertwenigsten. Als Resultat davon kontrollieren die Rosenstädter in ihren Spielen nur etwas mehr als 41 Prozent der Chancen – ein solches Spiel ist auf lange Dauer eigentlich wenig vielversprechend.
Dass die Gegner der Lakers jeweils deutlich mehr vom Spiel haben, kann zu gewissen Teilen auf die Tatsache zurückgeführt werden, dass Rapperswil aufgrund seiner Effizienz oft führt. Der Gegner muss also alles nach vorne werfen, um den Ausgleich zu suchen. Die Lakers haben bislang nur zehn Prozent ihrer totalen Spielzeit in Rückstand und schier unfassbare 65 Prozent in Führung verbracht. Kein anderes National-League-Team kommt auf solche Werte.
Aber nur damit lassen sich die grossen Spielanteile der Lakers-Gegner kaum erklären. Das 5-gegen-5-Spiel – und insbesondere die Verteidigung – funktioniert nicht so, wie sie sollte. Und falls Nyffeler und Punnenovs irgendwann wieder eine schwächere Phase einziehen sollten, könnte das schnell in zusätzlichen Niederlagen resultieren.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
-
Er ist
-
Er kann
-
Erwarte
Zudem dürfen beim SCRJ keine wichtigen Spieler mehr ausfallen. Das Kader bei den St.Gallern ist einfach zu dünn, um mehrere solcher Ausfälle abzufangen. Auf Verteidiger Lawrence Pilut müssen sie bereits mehrere Monate verzichten. Sollte da noch ein Stürmer vom Format eines Malte Strömwall, Tyler Moy oder Tanner Fritz dazukommen, könnte das massive Auswirkungen haben. Aber eben: Aktuell reiten die Lakers die Welle, solange sie können. Und jeder Punkt, den sie jetzt herausholen, kann in allfälligen kargeren Zeiten als Polster helfen.