Yannick Rathgeb (28) hat diese Saison in 46 Partien schon 27 Punkte produziert. Er wird künftig für Gottéron ein stürmender Verteidiger sein. Da scheint es schon ein wenig vermessen, Miro Zryd (29) als Ersatz zu feiern. Er hat für Langnau diese Saison ganze drei Punkte beigesteuert. Also 24 weniger als Yannick Rathgeb. Das gleiche Bild beim Karriere-Vergleich: Bisher hat Yannick Rathgeb in 394 Partien 233 Punkte zelebriert. Miro Zryd musste sich in bisher 407 Spielen mit 79 Punkten begnügen.
Und doch ist der Adelbodner fast (aber schon nur fast) ein Ersatz für Yannick Rathgeb. Miro Zryd ist ein taktischer Nonkonformist, immer wieder gut für einen überraschenden Spielzug. Das mag daran liegen, dass ihm die taktische Grundschulung ein wenig fehlt: Langnau hat ihn erst 2013 – da war er bereits 19 – bei Adelboden in der höchsten Amateurliga entdeckt.
Bereits vier Jahre später folgten während der Saison 2017/18 die vier bisher einzigen Länderspiele. Mit Langnau steigt er 2015 in die NLA auf, mit Zug (2019) und mit dem SCB (2021) wird er Cupsieger. So erfolgreich wie seine Grosstante Annerösli Zryd ist er allerdings nicht: Sie wird 1970 in Val Gardena Abfahrts-Weltmeisterin.
Von Langnau wechselte der Nonkonformist 2018 für zwei Jahre nach Zug, dann 2020 für eine Saison nach Bern und 2021 wechselt er aus einem weiterlaufenden Vertrag vom SCB wieder heim nach Langnau. Er ist weder bei Zug noch beim SCB richtig glücklich geworden: Die Erwartungen waren zu hoch. So kreativ Miro Zryd in lichten Augenblicken auch sein kann – ein dominanter Offensiv-Verteidiger ist er nicht. Ein verlässlicher Defensiv-Verteidiger auch nicht.
Aber da ist eben diese Unberechenbarkeit und Unbekümmertheit eines Künstlers, die jeden Sportchef denken lässt: Der hat sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Die spielerische Künstlernatur hat er wohl von seinem Vater Björn, einem über Adelboden hinaus bekannten Künstler und Maler.
Das ist auch die Überlegung von Martin Steinegger. Miro Zryd ist zwar bereits 29. Aber es ist sehr gut möglich, dass er sein bestes Hockey nach wie vor nicht gespielt hat: In Zug und Bern war der Erwartungsdruck zu hoch und in Langnau musste und muss er einfach zu viel Defensivarbeit verrichten. Da blieb und bleibt keine Zeit für kreative, spielerische Schneckentänze.
Warum also nicht Biel? Eine Organisation, die für eine familiäre Kultur, für Geduld und für spielerische Entwicklungsmöglichkeiten berühmt ist. Sensible Spieler haben sich hier schon immer wohlgefühlt. Miro Zryd passt zu Biel, Biel passt zu Miro Zryd.
Nach wochenlangen Verhandlungen – es ging nicht um Geld, sondern um den Grundsatzentscheid, ob er noch einmal bei einem ambitionierten Team ein wohl letztes Abenteuer wagen soll – haben sich nun Martin Steinegger und Miro Zryd auf einen Zweijahresvertrag bis 2026 geeinigt.