Warum haben Sie eigentlich zum SC Bern gewechselt?
Chris DiDomenico: Der SCB ist eine erstklassige Organisation und ich bekam eine gute Offerte. Es gab schon früher lose Kontakte.
Also ein Wechsel des Geldes wegen. Sie verdienen nun so viel wie noch nie.
Ich kann nicht klagen.
War Langnaus Offerte zu wenig gut?
Oh, ich kann nur Gutes über Langnau sagen.
Hätten Sie Sinn für Romantik, wären sie nach Langnau zurückgekehrt.
Ja, vermutlich schon. Aber Hockey ist eben auch ein Business. Jeder Tag kann der letzte in deiner Karriere sein.
Also lag es am Geld, dass Sie nicht nach Langnau zurückgekehrt sind?
Das kann ich so gar nicht sagen. Eine ganz konkrete Offerte, also schriftlich und so, hatte ich eigentlich aus Langnau nicht vorliegen.
Und warum haben Sie Gottéron verlassen?
Zum Sport gehören manchmal harte Entscheidungen. Ich habe nur beste Erinnerungen an Gottéron und ich pflege weiterhin gute Kontakte.
Aber eben: Aus Bern kam die bessere Offerte …
… wie ich schon sagte: Hockey ist eben auch ein Business und über Zahlen lassen wir doch einfach Vermutungen stehen.
Sie haben Ihr bestes Hockey in Fribourg gespielt.
Ja, das waren wohl meine bisher besten zwei Jahre.
Auch, weil Trainer und Sportchef Christian Dubé so etwas wie eine Vaterfigur für Sie war?
Ja, vielleicht. Er hat lange Zeit gespielt und weiss, wie ein Spieler denkt. Er liess mich machen, er gab mir viele Freiheiten. Aber er sagte mir auch ganz klar und deutlich, wenn ich Scheisse gebaut hatte. Wir hatten auch unsere Auseinandersetzungen.
Gab er Ihnen den Freiraum «DiDo» zu sein?
Wir haben zusammen einen Weg gefunden.
Was wird in Bern von Ihnen erwartet?
Dass ich DiDo bin.
Wie ist DiDo?
Sagen Sie es mir.
Ein Kämpfer, der Emotionen und viel Energie ins Spiel, in die Kabine und ins Stadion bringt.
Ja, nicht schlecht. Aber da ist noch etwas: Ich hasse es, zu verlieren.
Und was mögen Sie?
Wenn man ehrlich zu mir ist und mir geradeheraus sagt, was Sache ist.
Aber da ist noch etwas: «DiDo» und Spielsystem passt nicht zusammen.
Doch, doch, Eishockey ist ein Teamsport und ich tue alles fürs Team. Aber in der offensiven Zone mag ich Freiheit.
Aber die Defensivarbeit mögen Sie weniger?
Nun ja, ich war hin und wieder auch schon beim Backchecking zu sehen.
Sie haben unter einem so intensiven Coach wie Guy Boucher überlebt …
… oh ja, ich habe unter ihm schon als Junior gespielt, ihm verdanke ich sehr, sehr viel. Er hat mir ja dann in Ottawa noch einmal eine Chance in der NHL gegeben …
… und Sie sind mit Heinz Ehlers klargekommen …
Ja, ja, Heinz ist ein grossartiger Coach.
Aber wir fragen uns trotzdem, ob das mit «DiDo» und einem schwedischen Systemtrainer gut gehen kann.
Das ist überhaupt kein Problem. Der Coach sagt, was er will, und wie ich schon gesagt habe, mag ich es, wenn man mir geradeheraus auch sagt, was nicht gut ist. Wir hatten bereits sehr gute Gespräche und wir haben in Bern alle das gleiche Ziel: Alles tun für den Erfolg.
Spielte es beim Wechsel nach Bern auch eine Rolle, dass Sie nun das grösste Publikum Europas hinter sich haben? Nicht unbedingt. Natürlich kann ich es kaum erwarten, vor diesen grossartigen Fans zu spielen. Aber das ändert nichts daran, dass Leistung gefordert wird. Wenn es nicht läuft, kann die Stimmung auch kippen.
Manchmal scheint es, dass Sie aus einem Publikum Energie gewinnen, das gegen Sie ist.
Das kann man so sagen. Allen zu zeigen, dass sie falsch liegen, ist eine ganz besondere Motivation.
Aber zwei Spiele müssen Sie wegen des Fouls gegen ZSC-Verteidiger Patrick Geering im Halbfinal noch aussetzen.
Ja, gegen Zug und Ambri. Aber gegen Biel geht es dann los.
Mussten Sie die Busse in der Höhe von 3650 Franken eigentlich noch aus eigenem Sack bezahlen?
Ja, klar. Ich habe meine Bussen schon immer selbst bezahlt. Ich habe mich damals auch gleich nach dem Spiel in Zürich bei Patrick entschuldigt. Die Sache ist erledigt.
Und Lehren daraus sind gezogen?
Ja, Intensität im richtigen Moment.
«DiDo» muss intensiv sein.
Ja, aber eben im richtigen Moment. Ich habe viel gelernt in den letzten zwei Jahren.
Sie wirken ruhiger als in Ihren wilden Langnauer Jahren.
So? Finden Sie?
Oder besser: Entspannter.
Ja, das stimmt wohl. Warum sollte ich nicht entspannt sein? Ich habe ja wirklich ein gutes Leben. Es ist ein Privileg, hier Eishockeyprofi sein zu dürfen.
«DiDo» ist auch ein Rock’n’Roller. Mögen Sie dieses Attribut?
Kein Problem.
Aber Sie sind es nur auf dem Eis?
Neben dem Eis bin ich ruhig, ja, aber nicht ganz so ruhig, wie Sie meinen. Ich mache auch gerne Spässe und bringe die Leute zum Lachen. Den Menschen eine Freude zu bereiten, ist mir wichtig. Was hilft es dir, Millionär zu sein, wenn du am nächsten Tag missmutig aufwachst?
Viele leidenschaftliche, grosse Hockeyspieler sind so. Woher kommt das?
Es ist einfach so. Bis zum Stadioneingang bin ich ruhig. Aber dann nicht mehr.
Auch im Sommer mögen Sie Ruhe. Gewährsleute sagen, Sie seien beim Eintrittstest in Bern nicht auf dem ersten Platz gelandet.
So? Tatsächlich? Ich kenne die Rangliste der Testresultate nicht und ich bin sowieso nicht geeignet für irgendwelche Tests.
Der wahre Test für «DiDo» ist das Spiel!
Genau. Die Art, wie hier in der Schweiz Sommertraining gemacht wird, ist schon speziell und nicht so mein Ding. Ich bin im Sommer in Kanada geblieben und habe viel Golf gespielt.
Sind Sie ein guter Golfer?
Ich denke schon, und mit professionellem Training, mit einem Coach und so könnte ich es wahrscheinlich recht weit bringen.
Sie tragen auffällige Tattoos. Haben die alle eine besondere Bedeutung?
Einige sind Lebensmottos, aber die meisten haben einen Zusammenhang mit meiner Familie. Ich sehe die Tattoos und das ist wie eine Verbindung.
Hat die Familie eine ganz besondere Bedeutung für Sie?
Oh ja, natürlich. Ich verdanke meiner Familie alles. Meine Eltern haben auf so viel verzichtet, um mir eine Hockey-Karriere zu ermöglichen.
Eine Karriere, die einmal an einem seidenen Faden hing. Sie erlitten am 7. Mai 2009 in einer Playoffpartie bei den Junioren nach einem Check in die Bande einen Oberschenkelbruch im linken Bein.
Ich sass dann drei Wochen im Rollstuhl und konnte erst im März 2010 wieder spielen. Ich hatte zum Glück bereits einen NHL-Vertrag mit Toronto und so half mir der Klub bei der Therapie. Dafür bin ich Toronto ewig dankbar.
Es hat dann doch nicht für die NHL gereicht und Sie sind in Italien gelandet. Haben Sie je daran gedacht, das Hockey aufzugeben?
Nein, nie. Nur einmal stand das im Raum: Ich war auch gut in Lacrosse und musste mich entscheiden. Ich habe natürlich Hockey gewählt. Ich bin mit zwei schon in Schlittschuhen gestanden und habe mit drei gespielt. Ich war kein guter Schüler und habe grade so das Minimum gemacht und wollte raus und Hockey spielen.
Ein unruhiges Kind?
So war das wohl.
In Langnau haben Sie Ihre Karriere sozusagen neu lanciert.
Ja, dafür bin ich Langnau sehr dankbar.
Aber es gab halt schon auch ein Drama. Sie liefen im Februar 2017 aus einem laufenden Vertrag fort, um wieder in der NHL zu spielen.
Ja, ja. Aber ich habe damals versprochen, zurückzukehren und an keinem anderen Ort zu spielen, wenn es in der NHL nicht klappen sollte. Dieses Versprechen habe ich gehalten, ich bin zurückgekommen und wir haben dann 2019 die Playoffs erreicht.
Alles ist vergeben und vergessen.
Ja und ich habe nur gute Erinnerungen an Langnau. Ein ganz spezieller Ort mit einer riesigen Hockeybegeisterung. Die Leute atmen dort Hockey.
In Langnau waren Sie Hockey-Gott und auch in Gottéron standen Sie unter dem Schutz von Christian Dubé ganz oben in der Hierarchie. Nun kommen Sie zum ersten Mal in einen Grossklub. Brauchen Sie einen Platz ganz oben in der Hierarchie?
Wie meinen Sie das? Ob es für mich wichtig ist, dass mein Name in der Skorerliste ganz oben steht?
Nein, dass Sie als Leitwolf ganz oben in der Teamhierarchie stehen.
Ach so. Das ist mir völlig gleichgültig. Ich tue alles, um dem Team zu helfen, und da spielt es keine Rolle, ob ich nun, wie Sie sagen, in der Hierarchie die Nummer 1 bin. Ich bin der genau gleiche Spieler, wenn ich die Nummer 26 bin. Wir haben in Bern viele Leader und das ist gut so. Es ist eine grosse Herausforderung und eine Ehre, wenn von mir in Bern erwartet wird, dass ich ein Leader bin. Ja, die Erwartungen sind hoch und das ist gut so. Ich werde tun, was zu tun ist, aber zuvorderst stehen die Interessen der Mannschaft.
Den gelben Topskorerhelm brauchen Sie auch nicht?
Nein, ich mag das Ding überhaupt nicht.
Warum denn?
Ich finde die Idee sehr gut. Weil so Geld in die Nachwuchsorganisation kommt (PostFinance zahlt pro Skorerpunkt einen bestimmten Betrag in die Klub-Nachwuchsorganisation – die Red.). Aber ich spiele nicht für den Flammenhelm und das gelbe Jersey. Ich spiele für den SCB-Dress. Kommt dazu: Eishockey ist ein Teamsport und wenn ich ein Tor mache, dann stehen in der Regel noch fünf weitere Spieler unseres Teams auf dem Eis.
Interessiert es Sie, wie Sie in den Medien dargestellt werden?
Nein, überhaupt nicht.
Ach was. Das sagen alle Spieler und dann wissen doch alle, was über sie geschrieben wird …
… nun ja, manchmal bekomme ich etwas mit.
Sie werden im Februar 34. Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was sein wird, wenn der Applaus verklungen ist?
Nein. Aber ja, Sie haben schon recht, die Uhr tickt.
Es wird langsam Zeit, dass Sie zum ersten Mal ganz oben eine Meisterzigarre rauchen.
Ja, das ist das ultimative Ziel.
Aus dem Eishockey-Fachmagazin «Slapshot»
Die meisten gehen wegen des Geldes… und er als Sportler muss ja was richtig getan haben. Angebote kommen nicht einfach so im Sport.