Wie lange kann ein Bub an einer Bäckerei vorbeigehen, ohne zu «gänggelen»? In der Regel nicht lange. Er erliegt eher früher als später der Versuchung der frischen Weggli und vergisst alle guten Vorsätze des Sparens und Darbens.
So ergeht es nun auch Langnaus Präsident Peter Jakob und seinem Sportchef Marc Eichmann. Ach, wie gelobten die Langnauer, allen voran Präsident Peter Jakob und Geschäftsführer Peter Müller, vernünftig zu sein und kein Geld für zusätzliches ausländisches Personal auszugeben. Das könne man einfach nicht. Am allerwichtigsten sei jetzt das finanzielle Überleben. Und wenn man mit den Spielern über Salärverzicht verhandeln wolle, dann könne man doch nicht Geld für Ausländer ausgeben! Oder? Und überhaupt: Es gibt ja im nächsten Frühjahr keinen Absteiger. Wenn wir jetzt nicht vernünftig und sparsam sein können – wann dann? Oder? Und das Publikum wird unseren Sparkurs verstehen! Oder?
Sportchef Marc Eichmann ist trotzdem erlaubt worden, sich auf dem Ausländermarkt umzusehen. Eh ja, man hat zurzeit nur einen einsatzfähigen Ausländer (Ben Maxwell) und der zweite (Robbie Earl) leidet nach wie vor an den Folgen einer Gehirnerschütterung und ist völlig ausser Form. Da sollte man sich schon ein wenig umsehen.
Und nun hat Marc Eichmann dem Verwaltungsrat zwei zur Verpflichtung vorgeschlagen: den dänischen Nationalstürmer Joachim Blichfeld. Der schussstarke, aber nicht ganz so flinke, kräftige Flügel darbte letzte Saison in der Organisation der San José Sharks meistens im Farmteam (44 Spiele, 16 Tore, 44 Punkte). Und den schwedischen Offensivverteidiger Erik Brännström. Auch er hat es noch nicht richtig in die NHL geschafft. Aber seine Statistiken in Ottawas Farmteam waren letzte Saison grandios: 23 Punkte in nur 27 Partien. Sozusagen ein «Roman Josi im Westentaschenformat».
Die Idee für die Verpflichtung dieser zwei Spieler kommt von Trainer Rikard Franzén und seinem Assistenten Jens Nielsen. Die beiden kennen die zwei Wunschkandidaten aus ihrer Tätigkeit als Juniorentrainer in Schweden und mit der dänischen Nationalmannschaft.
Warum sind sich die Langnauer untreu geworden? Weil die Weggli aus der Bäckerei jetzt praktisch gratis sind. Wann die Farmteamliga AHL und die NHL mit ihrem Spielbetrieb beginnen, ist nach wie vor offen. Es ist sogar möglich, dass die AHL-Saison annulliert wird. Die Preise auf dem Ausländermarkt sinken stündlich. Wenn der Bäcker die Weggli verschenkt, dann darf man doch eines holen – oder?
Nun, ganz gratis ist die Sache natürlich nicht. Flugtickets, Unterkunft, Kost, Versicherung und Taschengeld oder wenigstens Freibier in den örtlichen Beizen braucht es schon. Inzwischen versichert einer der Verwaltungsräte auf Anfrage, dass die neuen Ausländer – wenn sie denn kommen – den Klub rein gar nichts kosten. Die Finanzierung laufe privat. Es sei also dann gar nicht so, dass man sich untreu geworden sei.
Und so arbeitet Marc Eichmann emsig an der Verpflichtung von Joachim Blichfeld und Erik Brännström. Aber es ist noch nicht sicher, dass wenigstens einer der beiden beim Saisonauftakt am Donnerstag in Lausanne schon dabei sein wird. Es klemmt noch mit der Versicherung.
Aber warum jetzt schon zwei Weggli nehmen? Warum nicht warten, bis der Bäcker die Torten gratis herausgibt? So wie sich die Lage entwickelt, könnte es schon bald möglich werden, praktisch zum Nulltarif viel grössere Namen zu bekommen. Da wäre es schade, wenn man die Ausländerlizenzen (jeder NL-Klub hat acht) schon voreilig für kleine Nummern vergeben hat.
Aber ja, abwarten könnte sich durchaus lohnen. Die Transfer Rolex werden täglich erschwinglicher