Der Kardinalfehler unseres Hockeys: über «Reformen» haben bisher die Manager das grosse Wort geführt und selbstherrlich entschieden.
Nun erkennen sie offenbar doch noch gerade rechtzeitig, welchen Schaden die «Reformer» schon angerichtet haben.
Es geht nicht einmal in erster Linie um umstrittene neue Regelungen wie sieben Ausländer ab der Saison 2022/23.
Viel wichtiger: Es geht um den Imageschaden und um die Kundenproteste. Offensichtlich sind die Fans doch nicht machtlos.
Nie in der Neuzeit haben Verband und Liga bei den Entscheidungsträgern der Wirtschaft (also bei den Männern und Frauen, die über Werbebudgets entscheiden) und bei den Kundinnen und Kunden (den zahlenden Zuschauerinnen und Zuschauern) einen so unvorteilhaften Eindruck gemacht.
Statt in diesen schwierigen Zeiten mit einer Stimme zu sprechen, kritisiert der Verband öffentlich die Liga und Nationaltrainer Patrick Fischer die Klubs und die Klubs machen sich vom Verband selbständig. Und flächendeckend sind die Zuschauerinnen und Zuschauer gegen die unausgegorenen «Reformen».
Die Entscheidungsträger unseres Fussballs sind viel klüger. Obwohl unsere Kicker-Szene in noch mehr Interessengruppen aufgesplittert ist als unser Hockey, treten die Vertreter des Kurzhosenspiels geschlossen auf und veranstalten kein Reformtheater.
Lange Zeit haben die Hockey-Manager, die anderer Leute Geld ausgeben und mehr und mehr eine abgehobene Kaste bilden, hoffärtig alle Proteste ihrer Kundschaft und die mediale Kritik einfach ignoriert.
Nun zeichnet sich womöglich gerade noch rechtzeitig eine Wende ab. Spät, aber nicht zu spät dämmert den Bossen – also den Klubbesitzerinnen und -Besitzern – was vorgeht. Sie haben sich umgehört. An vielen Orten auch mit der Basis, den Vertretern der Fans und mit den Partnern aus dem richtigen Leben (wie Werber, Sponsoren) gesprochen. Die es möglich gemacht haben, dass unsere National League eine der besten Ligen der Welt geworden ist.
Spätestens in drei Monaten beginnt der Verkauf der Dauerkarten für die nächste Saison. Das kann bei der aktuellen Verstimmung der Fans schwierig werden. Es sind nämlich nicht nur die Bundesgelder (die nun vielerorts in den Transferöfen verheizt werden), die unsere Klubs durch diese schwierige Zeit retten.
Noch wichtiger ist die Loyalität der Dauerkartenbesitzerinnen und -Besitzer und der Sponsoren. Diese Kreise weiterhin gegen sich aufzubringen, könnte fatale Folgen haben.
Gewährsleute aus Bern melden, wie gewohnt unter Wahrung allerstrengster Diskretion, dass mindestens drei wichtige Sponsoren den Ausstieg beim SCB erwägen, wenn nicht endlich Gegensteuer gegeben werde.
Deshalb habe nun SCB-Präsident Beat Brechbühl, Fürsprecher in einer angesehenen Anwaltskanzlei, die Initiative ergriffen und für den kommenden Donnerstag eine Video-Konferenz der Präsidenten organisiert.
Führen die sportliche Misswirtschaft unter Marc Lüthi und das byzantinische Selbstverständnis des «Königs von Bern» beim SCB zu interner Opposition? Auf solche Fragen lässt sich keine offizielle Antwort finden.
Aber nach ein paar Hosentelefonanrufen ist klar: Am Donnerstag kommt es tatsächlich zur geheimen Videokonferenz der «Bosse der Bosse». Nicht Manager, nicht Geschäftsführer, nicht Sportchefs sind zugeschaltet. Einzig und allein die Präsidentinnen und Präsidenten.
Es ist die erste solche Konferenz der Bosse in diesen schwierigen Zeiten. Es ist unerheblich, ob die Initiative zu dieser geheimen Aussprache tatsächlich vom SCB-Vorsitzenden ausgegangen ist. Wichtig ist: Sie findet statt. Zum Glück und Wohle für unser Hockey.
Am Donnerstag wird es nicht um Details der «Reformen» gehen. Sondern darum, wie das Vertrauen der Öffentlichkeit, der Investoren und der Kundinnen und Kunden in unsere höchste Liga wieder hergestellt werden kann.
Im Idealfall gibt es ein «Time-Out». Also ein «Halt, sichern!» Eine Denkpause für die nächsten zwei bis drei Jahre. Erst einmal durch diese schwierige Zeit kommen. Und erst dann über «Reformen» diskutieren. Was bedeuten würde: Die Abschaffung des Abstieges für diese und nächste Saison beibehalten – aber bis auf weiteres keine weiteren Änderungen, keine neue Ausländerregelungen, kein image-schädigendes «Reformtheater» mehr.
So verfahren die Situation scheint, so einfach ist die Lösung: Die Präsidentinnen und Präsidenten haben das letzte Wort. Nicht die von ihnen fürstlich gelöhnten Manager und Defizit-Verwalter in den gut gepolsterten Bürosesseln.
Wenn das Reformtheater so weiter geht und Entscheidungen wie die Erhöhung der Anzahl Ausländer umgesetzt werden – dann tragen dafür nicht mehr die Manager die Verantwortung, die diesen Unsinn ausgebrütet haben.
Sondern einzig und allein die Präsidentinnen und Präsidenten, die es zulassen.
Es gibt neben dem Erwachen der Bosse noch ein kurzweiliges Zeichen, dass sich doch noch eine Opposition gegen die «Reformen» formiert. Kürzlich fragte mich ein argloser Hockey-Zaungast aus Langnau, warum eigentlich Liga-Geschäftsführer Denis Vaucher so oft zu den Spielen komme. Der stehe doch dem SCB-Lüthi viel, viel näher.
Meine Antwort, polemisch natürlich, aber (wie fast immer …) zutreffend: Denis Vaucher sei tatsächlich der Mephisto (= dienstbarer Geist) seines Freundes Marc Lüthi.
Langnaus Präsident Peter Jakob sei eine der authentischsten und ehrlichsten Persönlichkeiten der Hockeyszene des 21. Jahrhunderts. Ein Mann der Vernunft. Seine Stimme habe Gewicht. Er wäre eigentlich der ideale Oppositionsführer.
Denis Vaucher sei Bern Burger und Fürsprecher. Der kluge, geschichtskundige Mann wisse, dass einst der berühmte Bauernaufstand seinen Anfang im Emmental hinten genommen habe. Mit Niklaus Leuenberger, einer der authentischsten und ehrlichsten Persönlichkeiten der bernischen Agrarszene des 17. Jahrhunderts. Die bäuerliche Unzufriedenheit sei nur zu einem Bauernkrieg ausgewachsen, weil die Obrigkeit die Sache zu lange unterschätzt habe.
Denis Vaucher unterschätze Peter Jakob nicht. Deshalb reise der Liga-Manager gerne nach Langnau, um Peter Jakob, einen möglichen Oppositionsführer einzuseifen und ihm gehörig zu «chüderle». Dieser Ausdruck trifft die Sache gut: Wenn die misstrauisch gewordene Hauskatze nicht fressen wollte, sagten die Bäuerinnen einst zur Stubenmagd:
Sollte Denis Vaucher auch am Mittwoch und gar in Begleitung von Marc Lüthi zum Derby nach Langnau anreisen, dann sollte er bei einem SCB-Torerfolg seine Freude und tiefe Genugtuung unterdrücken.
Sonst nützt ihm alles «chüderle» bei Peter Jakob nichts mehr.
Ansonsten haben die sich entweder um das Thema nicht gekümmert oder die CEOs haben eigenmächtig entschieden.