Gegen Meister Zug tritt Beat Gerber heute Abend zu seiner 1168. Partie in der National League an. So oft wie «Bidu» hat noch keiner gespielt. Der Rekord von ZSC-Kultverteidiger Mathias Seger (1167 Spiele) gilt nicht mehr.
Nebst nationalem Ruhm (6 Meistertitel) hat der Emmentaler Gerber 2002, 20906, 2007, 2008 und 2011 bei der WM verteidigt und 89 Länderspiele (5 Punkte) bestritten. Er gilt nach wie vor als einer der besten Defensiv-Verteidiger der Liga.
Letzte Saison geruhte der SCB erst nach der Weihnachtspause, überhaupt das Gespräch mit einem seiner verdienstvollsten Spieler aufzunehmen. Der Vertrag ist dann doch noch um eine weitere Saison verlängert worden. Mit der Zusicherung für einen Job nach dem Rücktritt.
Nun hat der SCB wieder eine sportliche Führung und der neue Untersportchef Andrew Ebbett sagt, er unterhalte sich immer wieder mal mit Beat Gerber: «Er ist so gut drauf wie damals, als ich noch mit ihm spielte.» Und das ist doch schon zwei Jahre her. Deshalb mag er eine Vertragsverlängerung nicht ausschliessen.
Beat Gerber denkt nicht an Rücktritt. Er ist ein «ewiger Spieler». Seine Leidenschaft ist so gross wie beim ersten NL-Spiel vor mehr als 20 Jahren im Herbst 1999 mit Langnau. Er sagt in der ihm eigenen ruhigen Art, er fühle sich sehr gut und einer weiteren Saison stehe eigentlich nichts entgegen. «Meine Fitnesswerte waren wieder gut …» Aber noch sei es zu früh, um eine Entscheidung zu treffen. Nume nid gschprängt. Logisch.
Ebbett geht davon aus, dass Gerber seine Karriere beim SCB beenden wird und sagt: «Er ist ein Bär. Er gehört zu uns.» Das stimmt – und stimmt eben auch nicht. Es stimmt, weil Beat Gerber bedingungslos loyal zu seinem Arbeitgeber ist. Seit seinem Wechsel nach Bern im Sommer 2003 hat er Tag für Tag alles für den SCB gegeben.
Und doch: Beat Gerber ist auch ein Tiger. Also ein Tiger im Bärenpelz. Er lebt mit seiner Familie in Heimenschwand im Hochland zwischen dem Emmental und dem Berner Oberland. Dort hat der gelernte Schreiner in seiner Heimat ein Haus gebaut. Dort hat sein Bruder eine Schreinerwerkstatt. Und von dort ist es mit dem Auto nach Bern und Langnau ungefähr gleich weit. Richtung Langnau ist die Staugefahr sogar geringer.
Wenn Ebbett die Situation unterschätzt (weil er davon ausgeht, dass Gerber sowieso ein Bär ist), wenn in der Abwehr auf nächste Saison aufgerüstet wird (und Gerber auf einmal am sportlichen Katzentisch Platz nehmen muss) und wenn nicht klar ist, welcher Job Gerber allenfalls neben dem Eis angeboten werden soll – dann kann ein letztes Karriere-Hurra in Langnau nicht mehr ausgeschlossen werden.
Die Frage geht also an Beat Gerber: Können Sie sich einen Wechsel nach Langnau vorstellen? Er lächelt gut gelaunt, wie es so seine Art ist und sagt einfach: «Man soll nie nie sagen …»
Jedes Mal, wenn Beat Gerbers Vertrag ausläuft, melden sich die Langnauer. Das ist schon fast ein Ritual – und war letzte Saison nicht anders. Sportchef Marc Eichmann bestätigt: «Ja, wir haben Gespräche geführt.» Und keine Frage: Sollte Gerber in Bern keine Vertragsverlängerung als Spieler bekommen – in Langnau wird er hoch willkommen sein. Eichmann sagt: «Ich werde mich bei ihm nach seinen Plänen erkundigen.»
Inzwischen können die Langnauer nicht nur eine Verlängerung der Spielerkarriere anbieten. Ein zweites Eisfeld wird gebaut. Die Investitionen in die Juniorenarbeit werden hochgefahren. Mit ziemlicher Sicherheit könnte Beat Gerber in Langnau dereinst eine weitaus interessantere Arbeit finden als in Bern. Dort steht er zwar als Kultspieler in höchsten Ehren. Aber kein Schelm, wer denkt, dass er als Emmentaler neben dem Eis verloren sein könnte, wenn es um Postenschacher und Intrigen im Hockey-Konzern SCB geht. Die Idee, ihm den Job als Materialwart anzubieten, soll jedenfalls schon einmal für heftige interne Turbulenzen gesorgt haben.
Aber kann ein SCB-Kultverteidiger eigentlich in Langnau spielen? Ja, kann er. Das beste Beispiel ist Andreas Beutler. Kein Emmentaler. Sondern durch und durch ein Bär. Ein Bär im Bärenpelz. 17 Jahre war er beim SCB. Erst als Junior. Später als beinharter Verteidiger («Granit») in drei Meisterteams (1989, 1991, 1992).
Ein Wechsel zu Langnau? Absolut undenkbar. Ausgeschlossen. Doch 1995 zügelt er im zarten Alter von 32 Jahren ins Emmental und zum Abschluss seiner Karriere feiert er 1998 mit Langnau den Wiederaufstieg in die höchste Liga. Als Aufstiegsheld mit fast einem Punkt pro Spiel in der alles entscheidenden Phase um die Promotion.
Beat Gerber wie Andreas Beutler? Auch wenn sich so etwas in Bern niemand vorstellen kann – gänzlich ausschliessen sollten wir dieses Szenario nicht. Und ein wenig würde sich der Kreis schliessen. Steve Hirschi und Beat Gerber – beide sind gleich alt – verteidigten von Kindsbeinen an für die SCL Tigers und waren schon Nationalspieler, als es 2002 darum ging, den nächsten Karriere-Schritt zu tun.
Der SCB hatte grosses Interesse, gleich beide zu verpflichten. Keine Frage: Das Verteidigerpaar Hirschi/Gerber wäre das Beste der SCB-Geschichte geworden. Besser sogar als einst Bruno Gerber/Kurt Nobs oder Beat Kaufmann/Ueli Hofmann. Aber das Geld reichte halt nicht für beide. Und so wechselte Steve Hirschi zu Lugano (wo er es zum Captain und Meister brachte) und Beat Gerber zum SC Bern (wo er bisher sechs Titel gefeiert hat).
Eigentlich wollte Hirschi, wie Gerber gelernter Schreiner, nach dem Ende seiner Karriere in Lugano bleiben und eine Heimkehr nach Langnau schien undenkbar. Inzwischen lebt er in Zollbrück bei Langnau und arbeitet als Nachwuchstrainer bei den SCL Tigers.
Wenn nun Beat Gerber im Sommer 2022 nach exakt 20 Jahren wieder ein Tiger werden sollte, dann wäre das eine schöne Geschichte über die Rückkehr zu den Ursprüngen und zu den Wurzeln. Er und Steve Hirschi könnten sich als Hobby wieder der Holzarbeit zuwenden, die sie einst gelernt haben, und Holzbären für den SCB-Fanshop schnitzen.