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Ich gehe davon aus, bald am Gotthard im Stau zu stehen. Seit 2006 war dies nicht mehr der Fall. Weil der grosse HC Lugano nie mehr über die Viertelfinals hinausgekommen ist. Die Reise durch die steinerne Seele unseres Landes konnte ich mir ersparen.
Die Gefahr, nach Süden zu fahren, wenn die Vögel nach Norden fliegen, ist inzwischen gross. Schon alleine deshalb, weil Lugano schon so lange «untitelbar» ist, dass wir uns daran gewöhnt haben. Das ist gefährlich. Es passiert immer dann, wenn alle glauben, es passiere sicher nicht mehr. So war es auch bei den Lakers.
Aber der wichtigste Grund für den Glauben (oder, je nach Standpunkt: für die Befürchtung), dass es in Lugano wieder ein Leben jenseits der Viertelfinals geben könnte, heisst Doug Shedden (54). So viel guter Rock’n’Roll wie seit seiner Ankunft in Lugano war bei ihm noch nie und in Lugano schon lange, lange nicht mehr.
Der Kanadier ist nicht gerade einer wie George Best oder Todd Elik. Da sei Gott davor. Aber Doug Shedden ist cool, er ist locker, er ist auf einer Mission. Auf der gleichen wie seine Chefin Vicky Mantegazza: Endlich, endlich, endlich einmal Meister werden.
Nichts schärft die Sinne eines Coaches – seinen «Winnerinstinkt» – so sehr wie ein auslaufender Vertrag. Warum das so ist, weiss ich nicht. Wahrscheinlich gibt erst das Wissen, dass nach der Saison Schluss sein könnte, dem Coach eine Denk- und Handlungsfreiheit, die er nicht hat, wenn er zu viel Rücksicht auf die kommenden Zeiten nehmen muss.
Wir haben 2000 bei den ZSC Lions und 2004 beim SC Bern den besten Kent Ruhnke aller Zeiten erlebt (das will etwas heissen, der Mann hatte viel Erfolg). Er wusste in Bern und Zürich, dass er keinen neuen Vertrag bekommt. Er wurde 2000 und 2004 Meister. Bengt Ake Gustafsson hätte in Langnau vor einem Jahr gerne die vorzeitige Vertragsverlängerung gehabt, bekam sie nicht und schaffte das Aufstiegswunder.
Arno Del Curtos Vertrag lief im letzten Frühjahr aus und wurde erst im Mai verlängert. Wir haben in den letzten Playoffs den vielleicht besten Arno erlebt. Harold Kreis hat mit Lugano 2006 und mit den ZSC Lions 2008 die Meisterschaft gewonnen – vielleicht gerade deshalb, weil er wusste, dass er Lugano bzw. Zürich nach der Saison verlässt. Und der legendäre Bill Gilligan, der erfolgreichste Coach seit Einführung der Playoffs (vier Jahre, drei Titel) wollte in Bern von sich aus jeweils nur Einjahresverträge.
Doug Shedden in Lugano, wie Gilligan in Bern, wie Ruhnke in Zürich und Bern, wie Kreis in Lugano und Zürich, wie Gustafsson in Langnau und, oder Del Curto zuletzt in Davos? Ja, das war die Hoffnung oder, je nach Standpunkt, die Befürchtung.
Aber nun hat Sportchef Roland Habisreutinger mit seinem Trainer ohne jede Not den Vertrag vorzeitig bis 2018 verlängert. Mein Gott, Roland, warum nur? Es gehört zum Verhängnis der Menschheit, nicht aus der Geschichte zu lernen. Es ist noch nicht lange her, da hat Lugano seinem Trainer Patrick Fischer den Vertrag auch bis 2018 verlängert – und ihn ein paar Wochen später gefeuert.
Den Vertrag mit seinem neuen kanadischen Trainer hätte Lugano auch noch im Juli verlängern können. Doug Shedden würde Lugano nie freiwillig verlassen. Und wenn er bei den Vertragsverhandlungen ein bisschen pokern sollte, was soll’s? Dann kostet er halt ein bisschen mehr. Aber das ist immer noch billiger, als den Vertrag bei einer Entlassung auszuzahlen.
Ich gehe davon aus, dass Doug Shedden seinen Vertrag in Lugano erfüllen wird. Aber kein Schelm, wer im Wissen um Luganos Trainergeschichte denkt, dass der Kanadier eventuell und unter Umständen das Schicksal seines Vorgängers Patrick Fischer teilen könnte. Wobei auch das keine Rolle spielt. Gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» verwaltet Präsidentin Vicky Mantegazza ein Vermögen von mindestens zwei Milliarden.
Tja, wie heisst es doch sinngemäss im Buch der Bücher: Eher schlüpft ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass der Reiche durch den Triumphbogen der Meisterfeier schreitet.