Fünf Siege in Serie. Fünf Gegentore in fünf Spielen: 1:0 in Fribourg. 3:2 n.P. gegen Biel. 4:1 gegen die Lakers. 3:1 gegen den SCB und 2:1 in Lugano. Die Siege gegen den SCB und in Lugano haben die Emmentaler gar ohne ihren Verteidigungsminister (Andrea Glauser) und ohne ihren offensiven Leitwolf (Chris DiDomenico) erarbeitet.
Wenn je der Beweis erbracht worden ist, dass die Mannschaft wichtiger ist als der wichtigste Einzelspieler – hier ist er. Kommt dazu: Gegen den SCB trafen dreimal die Ausländer. In Lugano zweimal die Schweizer. Auf die Mischung kommt es an.
Chris DiDomenico ist der einzige Spieler, dem Trainer Heinz Ehlers verzeiht, wenn er sich nicht an die taktischen Vorgaben hält. Der Kanadier fehlte gegen den SCB und Lugano (Schulterprellung). Und so gibt es nach den Triumphen über Bern und Lugano eine gewagte These: Wenn der charismatische Kanadier nicht dabei ist, funktioniert das «System Ehlers» besser.
Diese These darf der Trainer schon von Amtes wegen natürlich nicht bestätigen. Aber damit konfrontiert, ist ihm anzusehen, wie wohl ihm eine solche Analyse ganz tief in seiner Hockeyseele tut. Dort, wo es niemand sieht. Um dann diplomatisch zu sagen: «Aber er kann für uns Spiele gewinnen. Seine Energie ist unglaublich wichtig.» Was Heinz Ehlers nicht sagt und niemals sagen wird: Chris DiDomenico kann für Langnau auch Spiele verlieren.
Es ist die Kunst der ganz grossen Trainer, die Balance zwischen taktischem Zwang und spielerischer Freiheit zu finden. Die Nordamerikaner sagen dazu: Es ist, wie einen Schmetterling in der Hand zu halten. Drückt man zu stark, brechen seine Flügel. Drückt man zu wenig stark, flattert der Schmetterling davon.
Was Heinz Ehlers als Trainer in Langnau seit seinem Amtsantritt am 3. Oktober 2016 leistet, was er aus diesem beschränkten Potenzial herausholt, ist mehr als das, was Kari Jalonen bisher in Bern mit der Mannschaft des 50 Millionen-Umsatz-Hockeykonzerns erreicht hat. Aber weil Langnau keine Titel holt, hat Heinz Ehlers nicht die Anerkennung, die er verdient.
Einer der folgenreichsten Fehler des 21. Jahrhunderts ist Luganos Verzicht auf Heinz Ehlers. Sein Vertrag lief im Frühjahr 2019 aus. Aber es kam keine Offerte aus Lugano. Die Langnauer konnten ihr Glück kaum fassen und verlängerten im November 2018 rechtzeitig um zwei Jahre bis 2021. Nun hat Langnau soeben mit nahezu perfektem Heinz-Ehlers-Hockey in Lugano 2:1 gewonnen.
So gross die Verdienste des Trainers auch sind – es gibt einen Grundsatz, der auch für Langnaus Hockeywunder und Heinz Ehlers gilt: Der beste Trainer ist verloren, wenn er keinen guten Torhüter hat.
Mag sein, dass eine gut organisierte Defensive dem Goalie hilft. Aber nur ein grosser Torhüter macht eine Verteidigung besser.
In unserer Liga gibt es einige Goalies, die zwei, drei Spiele «auf dem Kopf stehen» und hexen können. Beispielsweise Berns Pascal Caminada. Oder soeben hat Luca Hollenstein Zug zu einem grossen Sieg in Biel verholfen. Aber nur ganz wenige, sind gut genug, um eine Mannschaft durch eine ganze Saison zu tragen.
Langnaus Glück hängt an Ivars Punnenovs. Zurzeit der beste Torhüter der Liga. Ein grosser Goalie. Wie eingangs erwähnt: Fünf Spiele, fünf Gegentore, fünf Siege. Zusammen mit Jonas Hiller führt er die zwei wichtigsten Statistiken an: Ivars Punnenovs hat pro Partie 1,96 Tore kassiert (Hiller: 2,03). Dafür hat Biels Goalie mit 93,37 Prozent die leicht bessere Fangquote (Punnenovs: 93,29 Pozent). Zum Vergleich die Werte von Leonardo Genoni, dem teuersten Schlussmann der Liga: 3,05 Gegentreffer pro Spiel und 88,74 Prozent Fangquote.
Bei Ivars Punnenovs ist es wie bei Heinz Ehlers: Die Konkurrenz hat ihn lange Zeit unterschätzt. Als er mit den Lakers im Frühjahr 2015 absteigt (nach der verlorenen Liga-Qualifikation gegen Langnau) sagt er seinem Agenten, er solle ihm einen Job in der höchsten Liga suchen. Egal wo.
Langnaus damaliger Sportchef Jörg Reber (heute Nachwuchschef) reagiert sofort. Und er sorgt auch im März 2018 mit einer vorzeitigen Verlängerung bis 2021 dafür, dass Ivars Punnenovs bis Ende der nächsten Saison in Langnau bleibt.
Torhütersorgen beschäftigen die Sportchefs unter anderem in Genf, in Lugano, in Biel (Jonas Hiller hat ja per Ende Saison seinen Rücktritt angekündigt) und in Bern nach dem gescheiterten «Experiment Schlegel». Ja, sogar ein wenig in Zug (nur darf man das natürlich bei Leonardo Genonis Fünfjahresvertrag nicht einmal denken, geschweige denn sagen).
Langnau hat die wichtigste Position mit Ivars Punnenovs erstklassig besetzt. Das ist neben Trainer Heinz Ehlers der wichtigste Grund, warum die SCL Tigers die Überraschungsmannschaft der Saison sind. Mit guten Chancen, zum zweiten Mal hintereinander die Playoffs zu erreichen.
Die vorzeitige Verlängerung ist im März 2018 gelungen, weil die Langnauer ihr Geld klug investiert haben: Sie offerierten ihrem Goalie eine Prolongation zu finanziellen Konditionen, die zu diesem Zeitpunkt kein anderer Sportchef der Liga bieten mochte: Der lettische Nationalgoalie mit Schweizer Lizenz ist einer von nur zwei Spielern der SCL Tigers, die brutto mehr als 300'000 Franken verdienen.
Ivars Punnenovs ist bisher jedes Jahr besser geworden. Er ist erst 25 und wird noch besser. In zwei Jahren kann er mit Abstand der beste Torhüter der Liga sein.
Langnaus Sportchef Marco Bayer ist sich der zentralen Bedeutung seines letzten Mannes sehr wohl bewusst. Er bestätigt: «Ja, wir möchten mit Ivars vorzeitig verlängern.» Das wird nicht einfach sein. Sein Agent Dani Giger bestätigt das Begehren der Langnauer. Aber er winkt ab: «Ich denke, wir warten noch ab …»
Der kluge Agent weiss: Sein Klient wird nächste Saison der begehrteste Spieler auf dem Transfermarkt sein. Eine mit Diamanten besetzte Rolex im Transfer-Juwelierladen.
Marco Bayer gibt nach dieser ersten Absage nicht auf: «Wir sind bereit, im Falle von Ivars an unsere Grenzen zu gehen.» Was er damit meint, aber natürlich nicht sagen darf: Die SCL Tigers sind bereit, Ivars Punnenovs zum bestbezahlten Spieler ihrer Geschichte zu machen und ihm das gleiche Salär zu bieten, das er in Bern, Lugano oder Biel verdienen könnte.
Konkret: die Langnauer sind bereit, zum ersten Mal einem Spieler weit mehr als eine halbe Million Bruttosalär zu bezahlen. Die Rechnung ist einfach: Der Torhüter macht mehr als 50 Prozent einer Mannschaft aus. Also darf der Torhüter 50 Prozent mehr verdienen als der bestverdienende Feldspieler. Captain Pascal Berger wird mit etwas mehr als 300'000 Franken brutto entlohnt (und ist dieses Geld auch wert). Plus 50 Prozent ergibt das Salär, das Ivars Punnenovs in Versuchung bringen wird.
Er wäre jeden Franken eines solchen Salärs wert.
In seinen 14 Spielen hatte auch er noch über 90% Fangquote. Bring diese Leistung Mal wenn vorne 20 Bratwürste rumkurven 😉!
In Zug ist nicht der Torhüter das Problem sondern die Feldspieler welche denken, dass das schon passt so, schliesslich haben wir ja Genoni...