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Teamgeist, Zusammenhalt, Solidarität, Einheit, Kampfgeist. Es sind ähnliche Begriffe, die stets im Zusammenhang mit Überraschungen im Fussball genannt werden. Sie sind auch an der EM zutreffend, um die Phänomene Island und Wales zu erklären, aber sie reichen noch nicht aus, um zu erklären, warum diese zwei Teams Erfolg haben und beispielsweise die Schweiz nicht.
Die hiesige Nationalmannschaft hat sich in Frankreich viel erhofft. Berechtigterweise, ist man geneigt zu sagen. Doch wie so oft hat das vielzitierte «nötige Wettkampfglück» gefehlt. Trotz guter Leistungen war nach dem Penaltyschiessen im Achtelfinal gegen Polen Schluss.
Die «Drachen» und die «Wikinger» dagegen sind die Überraschungen, die wir gerne wären. Sie schafften es beide in die Viertelfinals – Letztere stehen nach dem Coup gegen Belgien gar schon im Halbfinal – und das mit Teams, die objektiv nicht die Qualität des helvetischen Ensembles haben.
Überlegen wir mal, welche Spieler von Wales und Island die Nati effektiv besser machen würden? Unbestritten Real-Superstar Gareth Bale, in der aktuellen Form ist er eine Bereicherung für jedes Team. Techniker wie Gylfi Sigurdsson oder Aaron Ramsey könnten sich bei den Schweizern wohl auch behaupten. Und Innenverteidiger wie Ragnar Sigurdsson, Ashley Williams oder Ben Davies würden wir mit Handkuss nehmen. Aber dann ...? Schwierig.
Die individuelle Klasse hebt die Waliser und Isländer definitiv nicht von den Schweizern ab – im Gegenteil. Die mannschaftliche Geschlossenheit ist es aber auch nicht, denn diesbezüglich hat das Team von Vladimir Petkovic an der EM überzeugt, was an anderer Stelle bereits ausgeführt worden ist. Im Gegensatz zu anderen Jahren ist die Schweizer Multikulti-Truppe zu einer Einheit zusammengewachsen.
Sicher ist es bei den Walisern und den Isländern einfacher, ein homogenes Team zu formen, weil die ethnischen Hintergründe – besonders bei den Nordländern – nicht so divers sind wie bei den Schweizern. Aber das bringt die Exploits auch noch nicht auf den Punkt.
Ihren Übernamen entsprechend verhalten sich die walisischen Drachen auf dem Feld wie wildgewordene, feuerspeiende Riesenechsen und die isländischen Wikinger wie unzerstörbare, bärtige Seefahrer, die gerne Dörfer überfallen, ohne Gefangene zu nehmen. Für jeweils 90 Minuten geben sich sämtliche Spieler komplett dem Fussball hin. Jeder Zweikampf wird so geführt, als würde der ganze Stolz des eigenen Stammes davon abhängen.
Ein Defensivverhalten, wie es die Belgier beim 2:1 durch Hal Robson-Kanu an den Tag gelegt haben, wird man bei Wales und Island an dieser EM nicht zu sehen bekommen. Bei beiden wird auf dem Platz alles dem Nationalteam untergeordnet. Verletzungen, die Klubkarriere, die Freundin, das Instagram-Profil – alles egal. Was zählt, ist nur der Sieg!
Jeder Spieler weiss, dass jeder gelaufene Meter der entscheidende sein kann und daher wird keine Sekunde eingeteilt. Jeder Zweikampf wird angenommen und mit einer fairen Härte bestritten. Gekämpft wird bis zur Auswechslung oder bis zum Schlusspfiff, Umfallen kommt nicht infrage. Genau diese Leidenschaft ist es im Übrigen auch, die den, nennen wir ihn mal «Fussball der bescheidenen Mittel», so sehenswert macht.
Den Hatern, die jetzt denken «die Schweizer haben aber auch gekämpft, schau doch nur den Behrami an, oder Xhaka», sei gesagt: Haben sie! Manchmal sehr überzeugend sogar. Aber eben nicht mit derselben Konsequenz wie Wales oder Island. In diesem Belangen können sich die Schweizer noch eine Scheibe abschneiden. Zur Inspiration gibt es noch mindestens zwei Spiele: morgen den Viertelfinal der Isländer gegen Gastgeber Frankreich und den Halbfinal der Waliser gegen Portugal am Mittwoch.