Nino, nach dem Sieg am CSIO La Baule bist du positiv getestet worden. Wie hast du reagiert, als du davon erfahren hast?
Ich konnte es nicht fassen (schluckt leer). Mir fiel der Sattel vom Rücken, als Steve (Guerdat, d.Red.) zu mir kam und mir vom Test erzählte.
Wie geht es dir mittlerweile?
Ein wenig besser. Ich will für die Wahrheit kämpfen! Aber warten wir erst mal die B-Probe ab.
Wie sieht die Wahrheit denn aus? Wie erklärst du uns, dass bei dir die verbotenen Substanzen Codein, Oripavin und Morphin entdeckt wurden?
Ich muss ein wenig ausholen. Zunächst konnte ich es mir nicht erklären. Ich würde doch nie im Leben dopen. Ehrlich, das musst du mir glauben! (Beginnt zu weinen).
Angenommen, ich glaube dir: Wie kam's nun zu dieser Probe?
In La Baule musste ich auf dem Weg von der Arena in meine Box an einigen Pferden aus Osteuropa vorbei. Eines davon, ich glaube, es war die Stute «Dr. Fuentes», streifte ich dabei mit meiner Schulter. So müssen diese Stoffe in meinen Urin gekommen sein.
Mit Verlaub, das klingt wenig plausibel.
(Wütendes Schnauben) Es ist aber so! Und ausserdem habe ich einige asiatische Betreuer gesehen, wie sie um meinen Zahnpasta-Kübel schlichen. Möglicherweise haben sie das Doping dort hinein gespritzt und es ist danach beim Zähneputzen in meinen Körper gekommen.
Du klingst verzweifelt. Das glaubst du doch selber nicht, Nino!
Aber ich muss! Ich kann es mir wirklich nicht erklären, weshalb von mir
eine positive Dopingprobe aufgetaucht ist. Mir ist übrigens auch noch eine dritte Möglichkeit in den Sinn gekommen, wie es passieren konnte.
Oh, lass' hören!
Mir wurde in La Baule ein Rindsplätzli serviert. Im Normalfall ernähre ich mich ja gerade bei Wettkämpfen vegetarisch. Aber das Gemüse war «pflüderiger» als um 13.30 Uhr im Migros-Restaurant, fürchterlich. Da nahm ich halt das saftige Plätzli. Gut möglich, dass das Fleisch kontaminiert war.
Das ist doch eine Ausrede. Langsam glaube ich, dass ich mit diesem Gespräch bloss meine Zeit verschwende …
(fällt mir ins Wort) Nein, warte! Ich wollte das eigentlich für mich behalten, aber vielleicht ist es nun besser, alles zuzugeben …
Jetzt kommt's: Du hast tatsächlich gedopt?!
Das nicht, nein. Aber ich habe es in letzter Zeit im Stall nicht mehr so drauf gehabt wie auch schon … Du verstehst was ich meine? Also habe ich in Mexiko diese blauen Pillen bestellt übers Internet. Den Beipackzettel habe ich weggeworfen, weil ich eh kein spanisch kann. Ich weiss nicht, was alles für Wirkstoffe in diesen Pillen waren.
Ehrlich Nino, ich habe noch anderes zu tun, als solches Geschwafel anzuhören. Hast du noch weitere abenteuerliche Theorien?
Du nennst sie vielleicht abenteuerlich, für mich sind sie plausibel (eingeschnappt). Tatsächlich gibt es noch eine weitere Möglichkeit. Zwei Wochen vor dem Wettkampf in La Baule habe ich im Training an einer Stange angeschlagen und dabei viel Blut verloren. Mir wurde dann Eigenblut verabreicht, aber vielleicht wurden im Spital die Beutel vertauscht und mir wurde das Blut eines ausgedienten Ackergauls, der starkes Rheuma hat, erhalten.
Ach komm, jetzt musst du mir nur noch vom Kräutertee der peruanischen Schwiegermutter deines Nachbarn erzählen und dann sind wir bald durch.
Woher weisst du davon?!