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Warum der FC Zürich nach dem Cupsieg den nächsten Schritt machen muss

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Bild: Andreas Meier/freshfocus
Chikhaoui und Teixeira müssen bleiben

Warum der FC Zürich nach dem Cupsieg den nächsten Schritt machen muss

Die Saison für den FC Zürich ist gerettet. Mit dem Cupsieg muss der Verein sogar nur eine Qualifikationsrunde überstehen, um in die Europa League einzuziehen. Zeit, die Weichen für eine Rückkehr an die Spitze zu stellen.
24.04.2014, 06:44
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Was für eine Erleichterung am Ostermontag für FCZ-Trainer Urs Meier. Der sympathische Trainer, der lange in der zweiten Reihe auf Juniorenebene beim FCZ auf eine Chance auf der grossen Bühne der Super League wartete, ist mit dem Cuptitel nun definitiv belohnt worden für seine Geduld. Auch der oft kritisierte FCZ-Präsident Ancillo Canepa hat mit der Ernennung von Meier zum Chefcoach Anfangs Januar 2013 alles richtig gemacht.

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Bild: freshfocus

Dabei spielte die Mannschaft bei Meiers Stellenantritt eine schlechte Hinrunde, lag nur auf Platz 9. Doch in der zweiten Saisonhälfte steigerte sich das Team und konnte sich noch auf Platz vier vorschieben. Auch in dieser Spielzeit machte der FCZ die gleichen Erfahrungen. Nach einer schlechten Hinrunde reihte Zürich zum Rückrundenstart gleich sechs Siege in Serie aneinander, ehe der Motor ins Stocken geriet. 

Doch die Siegesserie beweist, dass der FCZ die spielerische Klasse und die nötige Qualität im Kader hat, um in der Super League eine wichtige Rolle zu spielen. Speziell die Offensivkraft der Zürcher ist beachtlich. Nicht einmal der FC Basel hat vorne so viele Alternativen. Doch die Zürcher müssen nun sich genau überlegen, wie sie in Zukunft aufgestellt sein wollen, wenn sie den nächsten Schritt machen wollen.

Zugänge statt Abgänge im Winter

Nach der enttäuschend verlaufenden Hinrunde beriet sich der Trainerstaff und setzte sich mit der Kaderplanung auseinander. Aus der Challenge League (Lugano) holten die Zürcher den bulligen Stürmer Armando Sadiku, der einen 4-Jahres-Vertrag unterschrieb. Die Defensive verstärkte Ivan Kejocevic, der aus der Türkei (Gaziantespor) in die Schweiz wechselte.

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Bild: Claudia Minder

Spieler wurden keine verkauft, obwohl einige Klubs Interesse an den Zürcher Spielern gezeigt haben (Teixeira, Benito, Kukuruzovic). Zurecht, wie man im Nachhinein beurteilen darf: Im Cupfinal fehlten die gesperrten Marco Schönbächler, Pedro Henrique und Loris Benito, während Maurice Brunner, Amine Chermiti, Burim Kukeli und Alain Nef auf der Lazarettliste standen. Schwer vorzustellen was das Fehlen noch weiterer Spieler bewirkt hätte.

Ein Spitzenteam zeichnet sich durch zwei Komponenten aus. Einerseits die Kaderbreite: Nur wer viele Ausfälle kompensieren kann, ist fähig eine kompetitive Mannschaft aufzustellen. Andererseits müssen nicht irgendwelche Junioren oder Ergänzungsspieler als Lückenfüller den Kader aufblähen, die Qualität der Ersatzspieler muss hoch sein. Beim momentan erfolgreichsten Klub der Welt, Bayern München, sind beide Faktoren natürlich vollauf erfüllt. Wenn beispielsweise Xherdan Shaqiri und Thomas Müller für Arjen Robben und Franck Ribéry eingewechselt werden können, bleibt das Level auf dem Platz auf hohem Niveau.

Zürich muss vom Erzrivalen lernen

Das Bayern München der Schweiz ist der FC Basel. Kein anderer Verein hat im letzten Jahrzehnt in Europa solche Spuren hinterlassen können wie die Basler. Das Erfolgsgeheimnis: ein breites Kader und gute Spieler. Simpel, aber wirkungsvoll. Im Winter haben sich die Verantwortlichen beim FCZ entschieden, sich von einigen Spielern zu trennen.

Die Liste mit den Spielern, deren Abgang nach offiziellen Informationen unmittelbar bevorsteht:

Yassine Chikhaoui

Die «tunesische Perle» ist der eleganteste Spieler der Super League und in Hochform einer der besten Spieler, der je in der Schweiz zu sehen war. Doch leider hat Chikhaoui in knapp sieben Jahren bei den Pflichtspielen nur knapp die Hundertergrenze überschreiten können (108), dabei jedoch fürstlich Gehalt bezogen. Doch wenn der Künstler befreit aufspielen kann, tänzelt der 27-Jährige mit dem Ball wie kein Zweiter. 

Urs Meier versteht es meisterhaft, die Ängste und Sorgen des stillen Tunesiers zu spüren und ihm wenn nötig eine Ruhepause zu verordnen. Nachdem der Klub im Winter bekannt gab, den Vertrag auslaufen zu lassen, liess sich der 1,89 Meter grosse Tunesier nicht hängen. Für den FC Zürich ist ein fitter Chikhaoui von unschätzbaren Wert. 

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Bild: freshfocus

Kein Spieler im Kader kann den Ball so gut unter Kontrolle bringen wie er. Bei hohen Bällen setzt er seine 80 Kilo gekonnt ein, oft kann Chikhaoui dank seiner Sprungkraft den Ball mit der Brust abnehmen, wo andere nur mit dem Kopf hingelangen. Er kann als einziger Offensiver Ruhe in das oft hektische Spiel beim FCZ bringen, damit die anderen Spieler nachrücken können. 

Mario Gavranovic fehlt es an der nötigen Körpergrösse, Franck Etoundi gewinnt zwar Zweikämpfe – vor allem Luftduelle – hat aber das technische Rüstzeug (noch) nicht, Sadiku muss noch Erfahrung in der obersten Spielklasse tanken. Eine Vertragsverlängerung ist jedoch schwierig zu bewerkstelligen: Der sensible Mittelfeldspieler weiss, dass der Verein ihn (vor allem aus finanziellen Gründen) eigentlich nicht mehr wollte. Deshalb ist das ganze Verhandlungsgeschick von Meier gefragt, um Chikhaoui an Bord zu halten. 

Jorge Teixeira

Nach einem Abstecher in die Serie A zu Siena ist der Portugiese in dieser Spielzeit wieder beim FCZ. Mit seinem neuen Partner Ivan Kecojevic harmoniert der aggressive Innenverteidiger sehr gut. Der 27-Jährige spielt sehr gute lange Bälle und räumt hinten kompromisslos auf. Es war kein Zufall, dass Teixeira den Cupsieg mit seiner schönen Flanke einleitete. 

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Bild: KEYSTONE

Zwar können auch der gelernte Rechtsverteidiger Philippe Koch oder dessen Bruder Raphael Koch sowie der junge Berat Djimsiti neben Kecojevic spielen. Teixeira ist jedoch aktuell der Mann, der am besten zu Kecojevic passt. Auch der zurzeit verletzte Alain Nef kann trotz seiner Leaderqualitäten Teixeira technisch nicht das Wasser reichen.

Stjepan Kukuruzovic

Der schussgewaltige Kroate, der 2010 mit dem FC Thun in die Super League aufstieg und anschliessend zu den Zürchern wechselte, ist nie über den Status als Ergänzungsspieler hinausgekommen. In den vier Jahren brachte es Kukuruzovic nicht zum Stammspieler. Ausserdem haben die Zürcher mit Asmir Kajevic einen Mann, der die Jokerrolle im zentralen Mittelfeld adäquat ausfüllen kann. Ein Verlust, der zu verschmerzen ist.

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Stephan Glarner

Der polyvalente 26-Jährige aus dem Kanton Bern ist ein dankbarer Spieler für einen Trainer. Glarner kann sowohl in der Verteidigung als auch im Mittelfeld auf den Seiten eingesetzt werden. Für das anspruchsvolle Kurzpassspiel des FCZ ist Glarner jedoch der falsche Mann. Der pflegeleichte Spieler ist technisch limitiert, ihm fehlt die nötige Ballsicherheit und die spielerische Klasse, um noch eine Zukunft in den Planungen von Urs Meier zu haben.

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Bild: Michael Zanghellini/freshfocus

Pedro als Zugabe in der neuen Saison?

Der FC Zürich tut also gut daran, die zwei Leistungsträger und Stammkräfte Chikhaoui und Teixeira wenn möglich über den Sommer hinaus zu behalten. Auch der von englischen Klubs (Tottenham?) gejagte Loris Benito sollte versuchen, seine Leistungen vom Vorjahr noch mindestens nächstes Jahr in der heimischen Liga zu bestätigen. Die Abgänge von Kukuruzovic und Glarner bringen jedoch keinen spürbaren Qualitätsverlust mit sich.

Der wichtigere Baustein scheint Teixeira zu sein, Chikhaoui wäre der unerwartete Bonus. Denn mit Pedro Henrique haben die Zürcher einen Spieler in ihren Reihen, der ähnlich viel Potential aufweist. Der Brasilianer ist jedoch viel zu unkonstant. Wohl kein anderer Spieler der Super League hat öfters Licht und Schatten als der wirblige Flügelspieler.

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Bild: Claudia Minder

Wie Chikhaoui kann der 24-Jährige es mit zwei Gegenspieler aufnehmen, fällt aber leider häufig mit unnötigen Fouls und taktischen Undiszipliniertheiten auf, welche sein Team in Schwierigkeiten bringen. Falls Urs Meier die schwierige Aufgabe gelingt, das grosse Temperament des Hitzkopfs in die richtigen Bahnen zu lenken, kann Pedro bald der entscheidende Mann bei den Zürcher werden. Falls dann noch ein – gesunder und motivierter – Yassine Chikhaoui an Bord bleibt, kann Kapitän Urs Meier das FCZ-Schiff in grössere Gewässer führen. 

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