Fast wie im Film: Die Story erscheint am Mittwochmorgen zuerst in der New York Times, es geht um die FIFA in Zürich. Im Rahmen des Rechtshilfeabkommens nimmt die Kantonspolizei in einem Zürcher Luxushotel auf Anweisung des Bundesamtes für Justiz sechs FIFA-Funktionäre fest. Der Vorwurf: Korruption.
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Aber warum kommt US-Justizministerin Loretta E. Lynch dazu, in Zürich FIFA-Funktionäre wegen Korruption verhaften zu lassen?
Dies ist im Rahmen des sogenannten «Foreign Corrupt Practices Act» aus dem Jahre 1977 möglich. Dieses US-Bundesgesetz ist «exterritorial», also weltweit und nicht nur in den USA anwendbar. Es verbietet – stark vereinfacht gesagt – die Zahlungen und Wertgeschenke an staatliche Amtsträger und Angestellte von börsenkotierten Unternehmen. Aufgrund desselben Gesetzes musste 2010 die Schweizer Logistikfirma Panalpina eine Busse von über 150 Millionen Dollar zahlen.
Das Gesetz legt fünf Bedingungen fest, die erfüllt sein müssen:
Diese Voraussetzungen könnten auf den ersten Blick erfüllt sein. Entsprechende Berichte etwa im Zusammenhang mit der Vergabe der WM an exotische Fussball-Nationen wie Katar gibt es seit Jahren.
Aber die ganze Angelegenheit ist hochheikel. War die Bundespolizei, die diese Festnahmen auf Ersuchen der US-Behörden im Rahmen eines Rechtshilfeabkommens angeordnet hat, am Ende voreilig? Das dürften die Anwälte auch prüfen. Denn: Gilt das Gesetz auch für die FIFA, die weder eine staatliche Behörde noch ein börsenkotiertes Unternehmen ist? Die FIFA ist lediglich ein Verein nach Schweizer Recht.
Und ist am Ende eine Auslieferung der festgenommenen Personen an die USA überhaupt möglich? Auch das wird geprüft. Denn grundsätzlich funktioniert das System der Rechtshilfe/Auslieferung auf der Basis, dass eine Tat auch nach Schweizer Recht (und nicht nur nach einem exterritorialen US-Recht) strafbar sein muss. Ist es das in diesem Falle? Und was ist, wenn eine der festgenommenen Persönlichkeiten über einen Diplomaten-Pass verfügt? Es gibt durchaus Länder, die ihren Sport-Spitzenfunktionären Diplomaten-Pässe aushändigen. Die Schweiz gehört nicht dazu.
Ein so spektakuläres Vorgehen kurz vor dem Kongress einer weltweit tätigen Organisation ist für einen Staatsanwalt in den USA sozusagen ein karrierefördernder Glücksfall und so mancher Staatsanwalt aus New York hat grosse politische Karriere gemacht (u.a. Rudolph Giuliani).
Ein Vorgehen gegen die FIFA bzw. den Fussball ist auch viel populärer und schadet einer Karriere weniger als ein Kampf gegen die Vertreter wichtiger US-Sportarten wie Football, Basketball oder Baseball. Fussball (bzw. Soccer) ist in den USA nach wie vor nicht so wichtig wie in anderen Ländern.
Daraus entsteht ein öffentlichkeitswirksamer Mix aus Politik und Justiz, der die Anwälte in Zürich wohl vor Freude auf den Pulten tanzen lässt. Eigentlich fehlt bisher nur eine Prise Sex. Interessant wird auch sein, wer warum und wie den US-Behörden die Informationen zugespielt hat. Denn irgendwie muss ein Staatsanwalt in New York ja an das Material herankommen. Ist da am Ende eine Intrige/Verschwörung im Inneren der FIFA im Gange?
Affaire à suivre …