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US-Justizministerin gegen FIFA-Funktionäre – alle Zutaten zum Polit- und Justiz-Krimi

Vor dem Zürcher Nobelhotel Baur au Lac ist am Mittwochmorgen die Hölle los.
Vor dem Zürcher Nobelhotel Baur au Lac ist am Mittwochmorgen die Hölle los.Bild: KEYSTONE

US-Justizministerin gegen FIFA-Funktionäre – alle Zutaten zum Polit- und Justiz-Krimi

Die Zürcher Kantonspolizei nimmt FIFA-Funktionäre fest – auf Wunsch von US-Behörden. Die Zürcher Anwälte dürften vor Freude auf den Pulten tanzen.
27.05.2015, 09:5627.05.2015, 11:12
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Fast wie im Film: Die Story erscheint am Mittwochmorgen zuerst in der New York Times, es geht um die FIFA in Zürich. Im Rahmen des Rechtshilfeabkommens nimmt die Kantonspolizei in einem Zürcher Luxushotel auf Anweisung des Bundesamtes für Justiz sechs FIFA-Funktionäre fest. Der Vorwurf: Korruption.  

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Die Zürcher Kantonspolizisten in zivil im Baur au Lac.
Die Zürcher Kantonspolizisten in zivil im Baur au Lac.bild: Twitter/MichaelSSchmidt

Aber warum kommt US-Justizministerin Loretta E. Lynch dazu, in Zürich FIFA-Funktionäre wegen Korruption verhaften zu lassen?

US-Justizministerin Loretta E. Lynch
US-Justizministerin Loretta E. LynchBild: Getty Images North America

Dies ist im Rahmen des sogenannten «Foreign Corrupt Practices Act» aus dem Jahre 1977 möglich. Dieses US-Bundesgesetz ist «exterritorial», also weltweit und nicht nur in den USA anwendbar. Es verbietet – stark vereinfacht gesagt – die Zahlungen und Wertgeschenke an staatliche Amtsträger und Angestellte von börsenkotierten Unternehmen. Aufgrund desselben Gesetzes musste 2010 die Schweizer Logistikfirma Panalpina eine Busse von über 150 Millionen Dollar zahlen.

Glaubst du, Sepp Blatter schafft trotz dieses Korruptionsverfahrens gegen FIFA-Funktionäre die Wiederwahl als Präsident?

Das Gesetz legt fünf Bedingungen fest, die erfüllt sein müssen:

  • Wer: Privatpersonen, Beamte, Führungskräfte, Angestellte die entweder selber bestechen oder oder Dritte dazu anstiften. Die Staatszugehörigkeit spielt keine Rolle. Es können theoretisch auch Schweizer sein.
  • Bestechungsabsicht: Die Person muss vorsätzlich handeln. Es ist keine Bedingung, dass dieser Versuch Erfolg hat. Ein Angebot oder Versprechen reicht.
  • Zahlung: Strafbar sind nicht nur Zahlungen, sondern auch Angebot und Versprechen von Zahlungen.
  • Empfänger: Das Verbot erstreckt sich nicht nur auf US-Bürger sondern auch auf ausländische Personen.
  • Geschäftszweck: Die Zahlungen haben zum Ziel, einem Unternehmen oder einer Person einen Geschäftsabschluss zu verschaffen, eine Geschäftsbeziehung zu verlängern oder ein Geschäft an jemanden weiterzugeben.

Diese Voraussetzungen könnten auf den ersten Blick erfüllt sein. Entsprechende Berichte etwa im Zusammenhang mit der Vergabe der WM an exotische Fussball-Nationen wie Katar gibt es seit Jahren.

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Sieben FIFA-Funktionäre wurden am 26. Mai 2015 in Zürich verhaftet
Jeffrey Webb.
quelle: epa/mti / epa files / szilard koszticsak
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Aber die ganze Angelegenheit ist hochheikel. War die Bundespolizei, die diese Festnahmen auf Ersuchen der US-Behörden im Rahmen eines Rechtshilfeabkommens angeordnet hat, am Ende voreilig? Das dürften die Anwälte auch prüfen. Denn: Gilt das Gesetz auch für die FIFA, die weder eine staatliche Behörde noch ein börsenkotiertes Unternehmen ist? Die FIFA ist lediglich ein Verein nach Schweizer Recht.

Und ist am Ende eine Auslieferung der festgenommenen Personen an die USA überhaupt möglich? Auch das wird geprüft. Denn grundsätzlich funktioniert das System der Rechtshilfe/Auslieferung auf der Basis, dass eine Tat auch nach Schweizer Recht (und nicht nur nach einem exterritorialen US-Recht) strafbar sein muss. Ist es das in diesem Falle? Und was ist, wenn eine der festgenommenen Persönlichkeiten über einen Diplomaten-Pass verfügt? Es gibt durchaus Länder, die ihren Sport-Spitzenfunktionären Diplomaten-Pässe aushändigen. Die Schweiz gehört nicht dazu.

Eine Verschwörung im Innern der FIFA?

Ein so spektakuläres Vorgehen kurz vor dem Kongress einer weltweit tätigen Organisation ist für einen Staatsanwalt in den USA sozusagen ein karrierefördernder Glücksfall und so mancher Staatsanwalt aus New York hat grosse politische Karriere gemacht (u.a. Rudolph Giuliani).

Ein Vorgehen gegen die FIFA bzw. den Fussball ist auch viel populärer und schadet einer Karriere weniger als ein Kampf gegen die Vertreter wichtiger US-Sportarten wie Football, Basketball oder Baseball. Fussball (bzw. Soccer) ist in den USA nach wie vor nicht so wichtig wie in anderen Ländern.

Präsident Sepp Blatter und seine FIFA sehen sich seit der Vergabe der Fussball-WM 2022 in Katar immer wieder mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert.
Präsident Sepp Blatter und seine FIFA sehen sich seit der Vergabe der Fussball-WM 2022 in Katar immer wieder mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert.Bild: KEYSTONE

Daraus entsteht ein öffentlichkeitswirksamer Mix aus Politik und Justiz, der die Anwälte in Zürich wohl vor Freude auf den Pulten tanzen lässt. Eigentlich fehlt bisher nur eine Prise Sex. Interessant wird auch sein, wer warum und wie den US-Behörden die Informationen zugespielt hat. Denn irgendwie muss ein Staatsanwalt in New York ja an das Material herankommen. Ist da am Ende eine Intrige/Verschwörung im Inneren der FIFA im Gange?

Affaire à suivre …

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