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Formel 1: Leclerc soll von Ferrari-Teamchef genervt sein

epa09930679 Monaco's Formula One driver Charles Leclerc of Scuderia Ferrari talks with Scuderia Ferrari team principal Mattia Binotto following Free Practice 1 of the Formula One Grand Prix of Mi ...
Wie lange geht das noch gut? Charles Leclerc (r.) soll von Mattia Binotto genervt sein.Bild: keystone

Jede Woche Drama bei Ferrari – Leclerc gefällt das Verhalten des Teamchefs nicht

Nach einem vielversprechenden Start in die Saison kämpft Ferrari immer wieder mit Problemen: Falsche taktische Entscheidungen, Fahrfehler und fehlende Zuverlässigkeit – der grosse Traum auf den ersten WM-Titel seit 2007 ist in weite Ferne gerückt.
03.08.2022, 20:34
Pascal Däscher / ch media
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Ist das alles wirklich Realität? Als die Formel 1 Saison 2022 begann, rieb sich so manch ein Ferrari-Fan verwundert die Augen: Doppelsieg zum Auftakt. Fünf Podestplätze und zwei Siege in den ersten drei Rennen. Charles Leclerc der souveräne Leader im WM-Klassement. Der Traum vom ersten WM-Titel für Ferrari seit Kimi Räikkönens Triumph 2007 lebte. Die Erinnerungen an die glorreichen Zeiten rund um Michael Schumacher flammten wieder auf. Und für einige Momente war die lange Durststrecke seither plötzlich vergessen.

Doch nun, gut vier Monate später, ist bereits wieder alles anders. Die Hoffnung ist der Ernüchterung gewichen. Anstatt des Anblicks eines jubelnden Charles Leclerc, der ein Rennen nach dem anderen gewinnt, ist ein anderes Bild zur Gewohnheit geworden: Jenes des frustrierten und unzufriedenen Leclerc, der erklären muss, warum wieder alles schiefgelaufen ist. 80 Punkte beträgt Leclercs Rückstand auf Leader Max Verstappen nach 13 von 22 Rennen bereits – in der Konstrukteurs-WM liegt Ferrari fast 100 Punkte hinter Red Bull. Alle Titel-Träume sind so gut wie ausgeträumt.

Die lange Liste der Ferrari-Pleiten, Pech und Pannen

Doch wie ist es dazu gekommen? Beim vierten Grand Prix der Saison, ausgerechnet beim Ferrari-Heimrennen in Imola, folgte das erste Debakel. Leclerc startet aus der Poleposition, schafft es nach einem Fahrfehler aber nur als Sechster ins Ziel.

Ende Mai in Barcelona die nächste Enttäuschung. Leclerc scheidet nach einem technischen Defekt in Führung liegend aus. Der Ausfall bedeutet gleichzeitig den erstmaligen Verlust der WM-Führung, die Dominanz von Red Bull mit sechs Siegen in Serie nimmt seinen Lauf.

16 Charles Leclerc (MCO, Scuderia Ferrari), F1 Grand Prix of Monaco at Circuit de Monaco on May 29, 2022 in Monte-Carlo, Monaco. (Photo by HOCH ZWEI) Monte-Carlo Monaco *** 16 Charles Leclerc MCO, Scu ...
Nach dem verpatzten Rennen in Monaco ist der Frust bei Leclerc gross.Bild: imago

Nur eine Woche später folgt der nächste Rückschlag für den Monegassen Charles Leclerc, und dies ausgerechnet bei seinem Heimrennen in Monaco. Ferrari holt Leclerc in der gleichen Runde an die Box wie Teamkollege Sainz, was den Monegassen mehrere entscheidende Sekunden kostet. Anstatt das Rennen zu gewinnen, landet Leclerc auf dem vierten Rang. Erstmals kritisiert Leclerc im Anschluss sein eigenes Team um Chef Mattia Binotto, spricht zwar diplomatisch, aber doch deutlich von den «vielen Fehlern», die gemacht werden.

Doch es wird alles nur schlimmer. Im nächsten Rennen in Aserbaidschan müssen beide Ferraris das Rennen nach einem technischen Defekt frühzeitig aufgeben – mit Leclerc, der bis zu diesem Zeitpunkt in Führung liegt.

Formula 1 2022: Hungarian GP HUNGARORING, HUNGARY - JULY 29: Max Verstappen, Red Bull Racing RB18, leads Charles Leclerc, Ferrari F1-75 during the Hungarian GP at Hungaroring on Friday July 29, 2022 i ...
Der Konkurrent ist ihm enteilt: Max Verstappen führt vor Charles Leclerc.Bild: imago

Nach einem mässigen Rennen in Montreal Mitte Juni folgt der diskussionsträchtige Grand Prix im Juli in Silverstone. Während Teamkollege Carlos Sainz zum ersten Mal in seiner Karriere ein Formel-1-Rennen gewinnt, ist Leclerc wieder frustriert, weil er das Podest verpasst. Was ist passiert? Ferrari lässt den in Führung liegenden Teamleader Leclerc nicht an die Box, während Sainz mit neuen Reifen ausgestattet wird. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto sagt trotzdem: «Ein schwieriges Wochenende? Nein, wir sollten glücklich sein.»

Doch auch Leclerc selbst ist nicht frei von Fehlern. Ende Juli in Frankreich scheidet er in Führung liegend aus, nach einem Fahrfehler. Hinterher sagt er: «So etwas darf mir nicht passieren». Und nun, im letzten Rennen vor der Sommerpause in Ungarn am letzten Wochenende, gibt erneut die Taktik zu reden. Leclerc und Teamchef Binotto sind sich uneinig betreffend Reifen, derweil Rivale Verstappen wieder gewinnt, gibt Leclerc nach seinem sechsten Rang seine WM-Chancen auf. «Solange wir unsere Probleme nicht in den Griff kriegen, müssen wir uns gar nicht mit dem Titel beschäftigen.»

Leclerc führt in Frankreich, als er das Heck verliert.Video: YouTube/FORMULA 1

Sommerpause kommt zur rechten Zeit

Einen Monat dauert die Sommerpause nun, bevor der Formel-1-Zirkus am letzten August-Wochenende in Belgien auf die Strecke zurückkehrt. Viel Zeit für gründliche Analysen. Analysen, die vor allem für einen entscheidend werden: Ferrari-Chef Mattia Binotto. Die Kritik an ihm wächst. Erste Gerüchte, wonach er seinen Posten räumen muss, sind bereits im Umlauf. Fakt ist: Die Missverständnisse zwischen ihm und Ferrari-Star Leclerc mehren sich. Leclerc, durchaus selbstkritisch, gefällt es nicht, wie Binotto von den eigenen Fehlern ablenken will. Und er fühlt sich von seinem Team, in dem er die klare Nummer 1 sein sollte, nicht ernst gekommen. Langfristig scheint eine weitere Zusammenarbeit ziemlich kompliziert.

Und der Blick zurück auf den gloriosen Saisonstart scheint bereits ewig her. Das Warten auf den ersten Ferrari-Titel seit 2007 geht ziemlich sicher weiter.

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gäry
03.08.2022 21:42registriert März 2014
Wenn das ganze ferrari-strategie-debakel erst diese saison losging. Bereits vettel musste an der boxengasse sagen, wie die ihren job zu tun haben.. #binottout
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Hans Tom
03.08.2022 22:04registriert Juni 2021
Als Ferrari das letzte Mal dominiere, wurde das Team von einem Deutschen, Briten und Franzosen angeführt. Dieser „Italinier-Only“ Politik sorgt halt dafür, dass nicht immer die Besten die Stellen bei Ferrari erhalten.
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