Die Formel 1 ist so beliebt wie schon lange nicht mehr. Modernisierungen in den Übertragungen, wiedergefundenes Spektakel und die Netflix-Serie «Drive to Survive» haben insbesondere auch in Nordamerika einen Hype rund um die traditionsreiche Rennserie entfacht.
Da passt der Grand Prix von Monaco, der seit 1929 ausgetragen wird, irgendwie nicht mehr so ganz ins Bild. Auch wenn die Rennstrecke im Fürstentum grundsätzlich legendär ist, bietet sie all das nicht, was die Formel 1 eigentlich will: Spektakel, Modernität und innovative TV-Bilder.
Überholen ist auf dem schmalen Rundkurs an der Côte d'Azur praktisch nicht möglich. Auch bei der gestrigen Ausgabe waren einzig der starke Regen und ein krasser Strategiefehler von Ferrari dafür verantwortlich, dass es Verschiebungen im Klassement gab. SRF-Experte Marc Surer forderte schon vor einem Jahr Veränderungen: «Wenn man was ändern muss in Monte Carlo, ist es ganz sicherlich, dass wir eine Überholstelle haben müssen.» Sein Vorschlag: Die Fahrtrichtung umkehren: «Klingt jetzt verrückt, aber das würde gehen. Wir hätten dann nach dem Tunnel, bei der Portier-Kurve, die jetzt den Eingang vom Tunnel bestimmt, eine super Überholstelle.»
Wie schlecht die Strecke für die Spannung ist, zeigte das Beispiel von Fernando Alonso. Der Alpine-Fahrer wurde von seinem Team dazu aufgefordert, die Reifen zu schonen. Also fuhr er einfach rund drei Sekunden pro Runde langsamer als die Besten vor ihm und konnte von der Konkurrenz hinter ihm trotzdem nicht überholt werden.
Doch nicht nur die verhältnismässig langweilige Strecke gibt Anlass zu Kritik. Auch die Sonderstellung des GP von Monaco wackelt. Wie die NZZ berichtet, ist der Vertrag zwischen den monegassischen Organisatoren und dem Formel-1-Management mit dem gestrigen Rennen ausgelaufen. Und bei den Neuverhandlungen soll es gewaltig hapern, sodass es gar möglich scheint, dass das Traditionsrennen künftig aus dem Kalender gestrichen werden soll.
Die Formel 1 stellt grosse Forderungen an Monaco. So soll den Monegassen das Anrecht auf einen Fixtermin im Mai gestrichen werden. Zudem soll der lokalen Produktionscrew das Exklusivrecht für die Produktion der TV-Bilder gestrichen werden. Ferner will die FIA das Antrittsgeld, das sich angeblich zwischen 12 und 15 Millionen Dollar bewegt, um eine zweistellige Millionensumme erhöhen.
Es gibt in Monaco aber auch noch andere Streitpunkte: Die Hauptsponsoren der Formel 1 erhalten im Fürstentum nicht wie sonst üblich die Werbeflächen an der Rennstrecke. Stattdessen haben die Organisatoren an der Côte d'Azur eigene Sponsoren. Und auch den Teamverantwortlichen passt es trotz der Tradition immer weniger im Stadtstaat. Die engen Verhältnisse am monegassischen Hafen stehen immer mehr in der Kritik.
Die Fahrer sehen dies allerdings gänzlich anders. Kaum einer spricht sich von einer Abkehr aus Monaco aus: «Ich denke, das Rennen muss Teil des WM-Kalenders bleiben. Ich sehe auch keinen Grund, warum man es nicht mehr durchführen sollte. Weil das Überholen schwierig ist? Das ist es auch in Singapur und das war es vor der Einführung des DRS auch in Barcelona und Budapest», sagt etwa der zweifache Weltmeister Fernando Alonso.
«Die Formel 1 ohne Monte Carlo wäre nicht mehr die echte Formel 1. Beide brauchen sich gegenseitig», erklärt wenig überraschend der monegassische Fahrer Charles Leclerc. Und auch Max Verstappen ist die Tradition wichtig: «Wenn sich ein Kurs mit diesem Layout heute bewerben würde, würde er nicht mehr akzeptiert werden. Aber Monte Carlo ist Teil der Geschichte. Und diese Strecke hat so viele Geschichten geschrieben, dass sie einen Platz in der Formel 1 verdient hat.»
Dass der GP von Monaco tatsächlich aus dem Rennkalender gestrichen wird, scheint auch deshalb unrealistisch. Doch die Premiere von Miami und neue geplante Rennen in Las Vegas, Südafrika und Katar zeigen, dass dem aktuellen Formel-1-Publikum Tradition nicht sonderlich wichtig ist. Die Organisatoren von Monaco werden also einige Abstriche hinnehmen müssen, damit etwas Tradition erhalten bleibt.