Sag das doch deinen Freunden!
» Teil 1: 16 Dinge, die leider aus dem Fussball verschwunden sind.
Erinnert ihr euch? Manchester City kickte 2002 noch in der zweiten englischen Liga, Paris St-Germain rettete sich in der Saison 2007/08 nur dank einem Sieg im letzten Spiel vor dem Abstieg, RB Leipzig war 2010 noch fünftklassig und 1899 Hoffenheim 2007 noch in der Regionalliga.
Mittlerweile gehören Manchester City und PSG längst zur europäischen Spitze, RB Leipzig steht vor dem Aufstieg in die 1. Bundesliga, wo Hoffenheim schon fast ein «Traditionsverein» ist. Nur zehn Klubs sind länger in der obersten Spielklasse dabei als der Retortenverein aus der Provinz.
Wie das möglich ist? Ganz einfach: Geld schiesst Tore und krempelt die Fussball-Landkarte um. Reiche Ölmagnaten und Konzerne stopfen Unmengen von Geld in die Klubs und schon ist der Erfolg da. Zu welchem Preis ist ihnen egal ...
Hach, was waren das noch für Zeiten, als Fussballer nach einer Partie vors Mikrofon standen und wirklich gesagt haben, was ihnen auf der Zunge lag! Heute weiss jeder noch so junge Schnösel dank frühzeitiger Medienschulung, dass der Erfolg nur dank der Mannschaft möglich war. Dass das nächste Spiel das wichtigste ist. Dass es keine leichten Gegner gibt. Und dass man natürlich viel Respekt, aber keine Angst vor dem nächsten Gegner habe. Irgendwie schade ...
Moderne Arenen haben viele Vorteile: Beste Sicht aufs Spielfeld, kurze Wege zu den Verpflegungsständen und Toiletten, teure Logen für reiche Zuschauer, hervorragender Anschluss an den ÖV.
Und doch bleibt ein Wermutstropfen: Die neuen, funktionalen Billig-Stadien sehen sich alle ähnlich, sind gleich konzipiert. Es fehlt an Individualität und Atmosphäre – sie und ihr Umfeld wirken irgendwie nicht einladend.
Im Brügglifeld riecht es – bei allen offensichtlichen Mängeln – noch nach Fussball, im Espenmoos oder auf der Allmend tat es das auch. Und wie ist es in der Swissporarena oder der AFG-Arena? Leider irgendwie gleich wie in Hoffenheim ...
Natürlich gibt es auch bessere Beispiele: Juventus Turin, das früher im schmucklosen Delle Alpi spielen musste, hat vom Neubau mehr als profitiert. Gelungen sind auch die neuen Arenen in Stuttgart oder Bremen, wo die alten Stadien in Beibehaltung der vorhandenen Strukturen an gleicher Stätte umfassend renoviert wurden.
Ein kurzer Griff an den Oberarm? Arme nach hinten, hohles Kreuz und Abflug! Eine flüchtige Berührung am Hals? Hände vors Gesicht, weinerliche Mimik und auf den Boden! Solche Unsitten gehören im Fussball leider längst zur Tagesordnung. Lügen und Betrügen ist zur Normalität verkommen und man könnte meinen, die jungen Spieler werden in ihren Klub-Akademien besser im Schauspiel unterrichtet als die Hollywood-Grössen am renommierten New Yorker Lee Strasberg Institute.
Dass es auch anders geht, wird uns alle vier Jahre an der Rugby-WM vor Augen geführt. Hier funktioniert die Selbstregulierung, Schwalben und Simulieren sind verpönt. Und das alte britische Sprichwort, dass Rugby ein Hooligan-Sport, betrieben von Gentlemen, und Fussball ein Gentlemen-Sport, betrieben von Hooligans, sei, stimmt eben doch.
Rudelbildung und ein Dutzend Spieler, das sich um den Schiedsrichter schart und unentwegt auf ihn einredet. Auch daran hat man sich leider längst gewöhnt. Müsste nicht sein: Eine dementsprechende Regeländerung der FIFA (keine Geldbussen, sondern Sperren) und schon bald wäre das Problem gelöst ...
Und gleich noch so eine Unsitte, über die wir uns tagtäglich nerven: Das Hände-Hochreissen bei einer Offside- oder Einwurfsituation. Haben die Fussballer echt das Gefühl, dass sich durch ihr wildes Winken an der Schiedsrichter-Entscheidung etwas ändert? Und hätten sie die Sekunden-Bruchteile, die sie dafür verschwendet haben, nicht besser zum sofortigen Einschreiten genutzt? Eben ...
Fussballer von heute wechseln stets zu ihrem angeblichen «Traumklub» (selbst wenn es sich dabei um Stoke City, Twente Enschede oder Eibar handelt), unterschreiben einen Fünfjahresvertrag, küssen nach dem ersten Tor das Klublogo, schlagen sich wild auf die Brust – und beim nächstbesten, lukrativeren Angebot sind sie auch schon wieder weg. Treue Seelen haben im Fussball mittlerweile Seltenheitswert und es wird für die Fans immer schwieriger, sich mit den Protagonisten der Klubs zu identifizieren.
Kaum zappelt der Ball im Netz, ertönt sie: Die Torhymne. Und übertüncht sämtliche echten Emotionen im Stadion. Dann verkündet der Speaker den Torschützen. Aber nur den Vornamen, den Nachnamen schreien dann die gleichgeschalteten Fans auf der Tribüne ins weite Rund.
Dasselbe beim Spielstand, wobei das gegnerische Team natürlich immer NULL Tore hat. Beendet wird das ganze Prozedere mit einem «Danke» des Speakers und einem nachgejohlten «Bitte». Und warum? Das weiss eigentlich niemand so genau. Oder gibt es da draussen tatsächlich jemand, der das cool findet?
Jaja, ich weiss. Für die Kinder ist es das Grösste, wenn sie einmal in ihrem Leben Hand in Hand mit ihrem grossen Vorbild auf den Platz marschieren können. Doch leider werden die Kids auch immer wieder für primitive Scherze missbraucht: Im Spielertunnel dem Gegner die lange Nase machen oder dem kleingewachsenen Superstar bei der Präsentation die Sicht verdecken – wahnsinnig lustig! Mein Plädoyer: Superstar-Besuch ja, vor der TV-Kamera nein.
Eigentlich wissen es ja schon alle: Profi-Fussballer sind einfach die Grössten! Sie haben es geschafft in den elitären Kreis der Ballvirtuosen. Ein paar Individuen dieser Spezies reicht dies aber nicht. Schliesslich sind sie die Silberrücken der Fussball-Gorillas. Ihren Status müssen sie natürlich optisch akzentuieren. Sei es mit einer auffälligen Frisur, spezieller Kleidung oder purer Muskelkraft.
Es ist immer dasselbe Bild: Beim Aussteigen aus dem Bus beim Stadion oder beim ersten Betreten des Rasens vor dem Auswärtsspiel – fast auf jedem Spielerkopf sitzen übergrosse Kopfhörer. Die Fussballer bekommen das Mode-Accessoire gratis – eine kluge Marketing-Strategie übrigens – und fühlen sich dank den kolossalen Hörkapseln völlig abgeschirmt und ungestört. Hauptsache mit niemandem reden, schliesslich haben sie ja sonst schon genug um die Ohren. Und mit ihren Fans können sie ja auch über Twitter, Facebook und Instagram kommunizieren.
Egal, ob bei Sieg oder Niederlage – nach dem Schlusspfiff statten die Spieler den Fans in der Kurve einen Besuch ab und bedanken sich artig für die tolle Unterstützung. Selbst wenn es ihnen gar nicht danach ist, schliesslich gehört es einfach zum guten Ton und ist deshalb nur pure Heuchelei. Den Fans ist's egal. Denn wehe, die Mannschaft taucht auch nur einmal nicht geschlossen in der Kurve auf!
Zu einem guten Essen gehört ein Glas Wein, kein Traubensaft. In der Oper schlürft man in der Pause Champagner und nicht Rimuss. Und beim Besuch eines Fussball-Matchs will man sich nun mal ein oder zwei Bierchen genehmigen, und zwar kein Schlossgold und auch kein Light-Bier. Dass dies wegen ein paar Idioten bei manchen Spielen nicht mehr möglich ist, ist zwar verständlich, aber nicht weniger ärgerlich.
Als Couch-Potato hat man sicherlich seine wahre Freude daran, wenn man das ganze Wochenende auf dem Sofa fläzen kann und sich alle zwei Stunden ein neues Spiel reinziehen kann. Doch für Fussball-Fans mit einem Privatleben, die hin und wieder gerne eine Bundesliga-Konferenz schauen wollen, können die uneinheitlichen Anspielzeiten durchaus zum Problem werden.
Doch es gilt eben auch hier: Geld regiert die Fussball-Welt und wer zahlt, befiehlt. So setzen die TV-Stationen – um höhere Einschaltquoten zu generieren – die Partien mittlerweile fast in allen Ligen Europas auf möglichst viele verschiedene Termine an. Ganz extrem kann es beispielsweise in Spanien werden. Aber seien wir ehrlich: Wollen wir wirklich jedes Spiel sehen oder würden nicht einfach die Topspiele reichen?
Ohne Werbung geht im Fussball gar nichts mehr: Nicht mehr nur auf den Trikots oder den Banden rund ums Spielfeld prangt der Schriftzug des Geldgebers, längst gibt es viel perfidere Methoden. So wird mittlerweile im Stadion via Lautsprecher verkündet, dass die Verletzungspause von Perskindol, die Gelbe Karte von Frisco (zur Abkühlung des erhitzten Gemüts) und der Eckball von Cornercard präsentiert wird.
Dass in der Champions League längst nicht mehr nur Champions spielen, daran haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Schliesslich beschert uns das 1992 eingeführte und stets weiter kommerzialisierte Format schon Topspiele in der Gruppenphase.
Bei EM und WM hingegen ist es umgekehrt: Mit 16 bzw. 32 Teilnehmern hatte man eigentlich das optimale Format gefunden. Dennoch wollen UEFA und FIFA ihre Turniere mehr Nationen zugänglich machen: An der Euro 2016 in Frankreich nehmen dieses Jahr erstmals 24 Mannschaften teil, für die WM 2018 in Russland diskutiert man eine Aufstockung auf 40 Teams. Das ergibt an der EM Schlagerspiele wie Ukraine gegen Nordirland oder Island gegen Ungarn, an der WM könnte es noch schlimmer kommen.
Natürlich kommen die Spieler am Schluss zu den Fans- auch wenn es nichts zu feiern gibt. Schliesslich haben wir sie während 90 Minuten Grottenkick angefeuert und Stimmung gemacht. Egal wie sackschwach die Leistung war, während dem ganzen Spiel waren keine Pfiffe zu hören! - Ist es da zu viel verlangt, dass die Spieler danach zu uns kommen und sich für den Support bedanken? (und sich vlt auch einmal unter "Beschimpfungen" entschuldigen?)