Früher war nicht alles besser, aber manches logischer. Im Meistercup durften die Landesmeister teilnehmen. Dann wurde die Champions League aus der Taufe gehoben, die sich immer mehr in eine europäische Superliga verwandelte. Mittlerweile reicht es etwa, in der Bundesliga oder in der Premier League Vierter zu werden, um in der Champions League dabei zu sein. Dabei hat Rang 4 nicht viel mit «Champion» zu tun.
Und vielleicht reicht schon bald Rang 5, um an die fettesten Honigtöpfe des Klubfussballs zu gelangen. Denn die Champions League soll von 32 auf 36 Teilnehmer erweitert werden. Die Änderung auf die Saison 2024/25 hin könnte bereits in den nächsten Wochen beschlossen werden. Das sagte Andrea Agnelli, der Präsident der European Club Association (ECA), einer Interessenvertretung 246 europäischer Fussballklubs, zu englischen Medien.
Heute wird die Gruppenphase mit acht Vierergruppen bestritten. Insbesondere diese Phase des Wettbewerbs soll neu gestaltet werden. Jeder Teilnehmer soll nicht mehr nur diese sechs Partien haben, sondern zehn Spiele austragen können.
Eine Setzliste soll für eine Ausgewogenheit sorgen, so dass jeder Klub in etwa gleich starke Gegner vorgesetzt bekommt. Ähnlich wie bei der Einteilung an Schwingfesten. Auch wenn dann nicht alle Teams gegen die gleichen gespielt haben, soll aus diesen Resultaten eine Tabelle erstellt werden.
Diese entscheidet aber nicht alleine über das Weiterkommen in die K.o.-Phase. Einige Plätze für diese werden auch in Playoffs mit Hin- und Rückspiel ermittelt. Denkbar, dass die ersten acht sich für die Achtelfinals qualifizieren und die Teams auf den Rängen 9 bis 24 ins Stechen müssen. «Es kommt einer idealen Champions League sehr, sehr nahe», sagte Agnelli zum «Guardian».
Offen ist, wer die vier zusätzlichen Startplätze der neuen Champions League erhält. Während die einen dafür sind, weiteren Nationen einen Fixplatz zu geben, gibt es andere Stimmen, die für noch mehr Teilnehmer aus den grossen Ligen sind. Gemäss der BBC könnte es einen Kompromiss geben: Zwei Plätze für die Topligen, zwei für kleinere Fussballnationen. So könnte die Champions League vielleicht auch für Schweizer Teams eher erreichbar sein.
Die Premier League würde beim Kompromiss von einem fünften fixen Startplatz profitieren. Wenn allerdings ihre Topteams immer noch mehr Europacup-Spiele haben und das Jahr weiterhin 365 Tage hat (oder 366 in Schaltjahren), wird der Kalender immer gedrängter. «Wir sind der Meinung, dass 20 Teams zu viele sind», sagte ECA-Boss Agnelli, der auch Präsident von Juventus Turin ist. Die Premier League lehnte eine Verkleinerung auf 18 Teams allerdings zuletzt ab. Laut Agnelli sollen die nationalen Ligen künftig zwei Drittel des Platzes im Kalender einnehmen, das andere Drittel soll für internationale Wettbewerbe reserviert sein.
Im Weiteren verriet Agnelli, dass über eine Revolution des Transferwesens diskutiert werde: «Es ist eine gute Zeit, um darüber zu reden. Wir sollten eine breite Palette von Reformen in Betracht ziehen.» Demnach soll ein mehrstufiges Transfersystem geschaffen werden. Klubs, die ein bestimmtes Level erreicht haben, soll es nicht erlaubt sein, gleichwertigen Klubs Spieler auszuspannen.
«Das würde die indirekte Solidarität zu anderen Vereinen verbessern und bedeuten, dass es keine Transfers mit dreistelligen Summen unter den Champions-League-Teilnehmern gibt», erläutert Agnelli die Idee. «Das sind Elemente, über die wir diskutieren.»
Noch ist König Fussball die unangefochten beliebteste Sportart der Welt. Doch Agnelli sorgt sich um die Zukunft: Die Aufmerksamkeitsspanne jüngerer Fans ist geringer geworden. Der Fussball müsse über Wege nachdenken, auch diese Anhänger anzusprechen. «Wir könnten uns ein Abonnement für die letzten 15 Minuten eines Spiels vorstellen», sagte er.
«Die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder von heute und der Sparfüchse von morgen ist eine ganz andere als die, die ich hatte, als ich in ihrem Alter war.» Agnelli zog einen Vergleich zum Golf. «Wenn es überhaupt interessant ist, dann nur die letzten sechs Löcher am Finaltag. Sie werden sich nicht das ganze, vier Tage dauernde Turnier anschauen, es sei denn, Sie sind ein Hardcore-Fan.»
Die Problematik betrifft besonders die «Generation Goldfisch». Sie wurde so getauft, weil ihre durchschnittliche Aufmerksamkeit acht Sekunden beträgt – und damit kürzer ist als jene eines Goldfisches. Seit dem Aufkommen von Smartphones nahm die Aufmerksamkeit rapide ab. (ram)
Lieber gemütlich in der Bierkurve als bei diesem internationalen Geldvermehrungsprogramm.