2014 war kein gutes Jahr für den russischen Fussball: Bei der WM in Brasilien scheiterte das Team von Fabio Capello bereits in der Vorrunde und auch in der EM-Qualifikation läuft es mit einem Sieg aus vier Spielen bisher alles andere als rund. In der Champions League sind beide russischen Vertreter (ZSKA Moskau und Zenit St.Petersburg) bereits in der Gruppenphase ausgeschieden. Schlagzeilen machten sie nur wegen rassistischen Entgleisungen ihrer Fans und damit verbundenen Geisterspielen. Hinzu kommen die seit dem Garcia-Bericht wieder öffentlich diskutierten Korruptionsvorwürfe bei der WM-Vergabe 2018 an Russland.
Doch damit nicht genug: Der Absturz des Rubels sorgt nun auch noch für grosse finanzielle Probleme. Die Krise besonders zu spüren bekommen die neun (von 16) Premjer-Liga-Klubs, die im Besitz von Regionalregierungen oder staatlichen Firmen sind.
Einer davon ist der FK Rostow. Der Klub aus der südrussischen Stadt nahe der Grenze zur Ukraine gewann in der letzten Saison mit dem Cup seinen ersten Titel, seit Juli kann er seinen Spielern aber die Löhne nicht mehr bezahlen. Die Einnahmen bleiben aus und eine Eigenheit im russischen Fussball verschlimmert die Situation noch zusätzlich: Ausländische Profis werden in Euro oder Dollar bezahlt, während die Budgets in Rubel aufgestellt werden.
Im Vergleich zum Jahresanfang hat die russische Währung gegenüber dem Euro aber bereits rund 60 Prozent ihres Wertes eingebüsst. Ende 2013 erhielt man für einen Euro noch 45 Rubel. Am Dienstagnachmittag waren es bereits zeitweise mehr als 100 Rubel. Ähnlich dramatisch verläuft auch die Entwicklung zum amerikanischen Dollar. Die Lohnkosten der russischen Klubs steigen ins Unermessliche.
Die Lage bei Rostow ist dramatisch. «Nur um das Wichtigste zum Leben zu haben, mussten sich manche Spieler Geld leihen», erklärt der litauische Mittelfeldspieler Edgaras Cesnauskis in der NZZ. Deshalb werden sich viele Profis des FK Rostow in der Winter-Transferperiode einen neuen Arbeitgeber suchen.
Wie Jan Holenda im Oktober: Der Tscheche nutzte eine UEFA-Regel, wonach ein Spieler seinen Vertrag auflösen kann, wenn der Verein mit den Gehaltszahlungen drei Monate im Rückstand ist. Holenda kehrte in seine Heimat zu Viktoria Pilsen zurück.
Etwas besser ist die Lage bei den privat finanzierten Klubs wie Zenit St.Petersburg oder ZSKA Moskau, doch auch sie kämpfen mit den steigenden Lohnkosten. Zenits Hulk – Topverdiener der Liga – kassiert im Monat 583'000 Dollar. Zu Jahresbeginn waren das noch 26 Millionen Rubel, mittlerweile ist der Monatslohn aber auf 52 Millionen Rubel gestiegen.
Bereits wird spekuliert, dass im Transferfenster im Winter der grosse Exodus aus Russland beginnen könnte. In England reibt man sich schon die Hände: ZSKA-Starstürmer Seydou Doumbia, der den Schweizer Fans aus seiner Zeit bei YB wohl bekannt ist, soll beispielsweise bei Tottenham ganz oben auf der Wunschliste stehen. Sein Berater Jean-Bernard Beytrison winkt aber ab. Doumbia werde im Winter nicht wechseln, verlautete er gegenüber der Nachrichten-Agentur AP. Doch was, wenn der Lohn plötzlich auch beim ZSKA nicht mehr pünktlich auf dem Konto der Spieler landet?
Einen Silberstreif am Horizont sieht derweil Nationaltrainer Fabio Capello. Seit Juni hat er sein Gehalt – fast eine Millionen Dollar pro Monat – nicht mehr erhalten. Nun hat der russische Verband RFS angekündigt, dass der Italiener das ausstehende Gehalt bis Ende Jahr erhalten soll. Auf Unterstützung des Staates darf der RFS dabei nicht hoffen. Zumindest vorerst nicht. Präsident Wladimir Putin wird wohl erst eingreifen, wenn sich die Situation weiter dramatisiert.
Wie in der Hockey-Profiliga KHL. Auch hier stehen zahlreiche Klubs vor dem Bankrott, können die Gehälter nicht mehr bezahlen. Torhüter Mikko Koskinen vom HK Sibir Nowosibirsk hatte zuletzt angekündigt, dass er sich weigern werde zu spielen, falls er seinen Lohn nicht bald erhalte. Wenige Tage später wurde er zu SKA St.Petersburg transferiert. Wie lange die Gas- und Ölfirmen Gazprom und Rosneft die Löcher noch stopfen, ist unklar.
Three KHL teams may fold due to monetary issues related to crashing ruble and Russian economy. Some coaches haven't been paid anything.
— James Mirtle (@mirtle) 16. Dezember 2014
Um die KHL zu retten, hat Putin nun die Zügel selbst in die Hand genommen. Er hat den OK-Chef der Olympischen Spiele von Sotschi, Dmitri Tschernyschenko, zum Liga-Präsidenten gemacht. Dieser soll die KHL für den chinesischen Markt öffnen. Das Ziel ist klar: Neues Kapital aus dem Reich der Mitte soll in die marode Hockey-Liga fliessen. Auf Dauer kann aber auch das keine Lösung sein.