Murat Yakin ist nicht mehr Trainer im FC Sion. Zumindest vorläufig nicht mehr. Offiziell wurde er von Präsident Christian Constantin lediglich beurlaubt. Bis zum Saisonende übernehmen Christian Zermatten und U21-Trainer Sébastien Bichard.
Es gibt Trainer, die werden entlassen (und sofort ausbezahlt). Es gibt Trainer, die werden freigestellt (und erhalten ihr Geld ordentlich bis zum Vertragsende). Und es gibt Murat Yakin, den Trainer des FC Sion, der in die Ferien geschickt wurde und im Standby-Modus gehalten wird. So zumindest die offizielle Version.
Es ist nämlich wieder einmal eine groteske Situation, in welcher sich der FC Sion befindet. Der Walliser Klub beziehungsweise sein Präsident Christian Constantin hat seinen Trainer im Wortsinn «beurlaubt». Die «Verhaltensweise zusammen mit der Serie negativer Resultate» habe die Klubführung dazu veranlasst, «den Herren Murat Yakin und Marco Otero (Assistent) vorgezogene Ferien zu gewähren.»
Die negativen Resultate sind eine Serie von drei Spielen ohne Tor und das Abrutschen auf den 7. Platz der Super League. Der Vorsprung auf den Barrage-Rang 9 beträgt nur noch einen Punkt.
Und die Verhaltensweise? Constantin wirft Yakin und dessen Staff vor, die Nacht vor dem Auswärtsspiel gegen den FC Zürich Ende April nicht im gleichen Hotel wie die Mannschaft verbracht zu haben. Ähnliches habe sich bereits in den Wochen zuvor zugetragen. Constantin ist deshalb zum Schluss gekommen, dass es dem Trainer und dem Staff «an einer professionellen Berufsauffassung mangelt».
Damit wird mit grösster Wahrscheinlichkeit ein weiteres Trainerkapitel im FC Sion vorzeitig zu Ende gehen. Offiziell wird die Situation nach dem Ende der Saison zwar neu beurteilt. Es ist allerdings nicht damit zu rechnen, dass Yakin in der Saison 2019/20 auf den Trainerposten im FC Sion zurückkehrt. Eher ist anzunehmen, dass sich die Juristen in den nächsten Wochen um eine Auflösung der Verträge bemühen, ohne dass zu viel Geschirr zerschlagen wird. Yakin hatte erst Ende Januar seinen Vertrag bis 2021 verlängert.
Es bleibt das Gefühl zurück, dass im Wallis selbst ein Meistertrainer wie Murat Yakin nicht hat reüssieren können. Auch mit ihm, dem besten Trainer der Schweiz, wie Constantin stets sagte, hatte der Präsident weder Geduld noch Nachsicht. Gestolpert ist Yakin über die Geschichte der Hotelübernachtung. Gleichwohl gilt es festzuhalten, dass er keine gute Bilanz vorweisen kann. Er hat in 26 Meisterschaftsspielen einen Schnitt von 1,19 Punkten pro Partie erreicht. Dieser Wert liegt tiefer als bei seinem Gastspiel zuvor bei den Grasshoppers (1,23) und tiefer als die 1,40 Punkte, die Maurizio Jacobacci, Yakins Vorgänger bei Sion, erreicht hatte. In Sitten hat Yakin von 28 Pflichtspielen zwölf verloren und bloss neun gewonnen.
Yakin ist also weg, beziehungsweise in den Ferien, nun sollen Christian Zermatten, der im FC Sion als Interimstrainer vor zehn Jahren bereits einmal engagiert war, sowie der U21-Trainer Sébastien Bichard den Gang in die Barrage und womöglich den Abstieg in die Challenge League verhindern. Diesem Ziel ordnet Constantin alles unter. Deshalb hat er am Dienstag auch noch dies mitgeteilt: Der FC Sion verzichtet auf einen Rekurs gegen die von der UEFA verhängte Europacup-Sperre. Dabei wären die Walliser von einer Klassierung, die zur Teilnahme an der Europa-League-Qualifikation berechtigt, derzeit auch nur drei Punkte entfernt. (zap/sda)
Viele Angebote wird's wohl nicht mehr geben, da bald alle wissen, wie es um seine Führungsstärke bestellt ist (fast überall mit Nebengeräuschen gegangen).