Der FC Basel ist für die Super League in allen Bereichen das grosse Vorbild. Vielleicht haben sich die Luzerner nach ihrem trostlosen 0:3 vor acht Tagen im St. Jakob-Park daher vorgenommen, auch einmal so zu spielen wie die der Serienmeister. Sie haben sich dann am Mittwochabend vor den Fernseher gesetzt und mit grossen Augen zugeschaut, wie die Basler in der Champions League aus allen Rohren auf das Tor des PSG ballerten. Präziser gesagt: Gegen die Torumrandung. Nicht weniger als drei Mal klatschte der Ball gegen Latte oder Pfosten des Pariser Tores.
Das versuchten die Luzerner nun am Sonntag, im kapitalen Heimspiel gegen den FC St.Gallen in die Fussstapfen der Basler zu treten. Sie nahmen das Gehäuse der Ostschweizer unter Beschuss, was das Zeug hielt und ja, sie schafften es tatsächlich, den FCB noch zu übertrumpfen. Nicht weniger als rekordverdächtige fünf Mal droschen sie die Kugel gegen die Latte: Dies las sich dann so: 35. Lattenkopfball Puljic. 35. Lattenschuss Oliveira. 44. Lattenschuss Christian Schneuwly. 52. Lattenschuss Marco Schneuwly. 86. Lattenschuss Juric
Während jedoch die Basler im Prinzenpark hinterher ihr Pech zu beklagen hatten (0:3-Niederlage), brauchten die Zentralschweizer auf Glücksgöttin Fortuna nicht böse zu sein. Sie konnten sogar über die Häufigkeit ihrer Aluminiumtreffer schmunzeln. «Keine Ahnung, wie oft wir die Latte getroffen haben. Das habe ich so auch noch nie gesehen», sagte Goalie David Zibung.
Und der gute Mann hat schon viel erlebt in seiner Laufbahn in weit über 400 Pflichtspielen für den FC Luzern.«Normalerweise wird man für so etwas bestraft», sagte Zibung, Tomislav Puljic legte derweil die Stirn in Falten, und sagte dann: «Ich schätze mal, wir hatten sieben Lattentreffer.»
Die Luzerner konnten so entspannt mit diesem Thema umgehen, weil ihre Performance an diesem verregneten Oktobersonntag in der Swissporarena auch so noch zu einem lockeren 3:0-Sieg durch Tore von Tomi Juric (9.), Puljic (57.) und Christian Schneuwly (68.) gereicht hatte.
Nach sechs Spielen mit dem Gewinn eines einzigen Punktes war dieser Erfolg für die Luzerner eine enorme Erlösung. Sie hatten, reichlich spät zwar, aber immerhin, die Lehren aus ihrem oftmals viel zu blauäugigen Fussball gezogen und ihren Fokus nicht mehr nur auf die Offensive, sondern auch auf eine saubere Abwehrarbeit gerichtet.
Dass Trainer Markus Babbel mit Hekuran Kryeziu wieder auf einen «echten» Sechser zurückgriff, war sicher nicht die schlechteste Idee. Verrückt, aber wahr: Wer sagt, die Luzerner hätten die Partie auch 10:0 gewinnen können, übertreibt in keiner Art und Weise. «Es war ein sehr solidarischer Auftritt», sagte Assistenztrainer Patrick Rahmen, der Chef Babbel an der Pressekonferenz vertrat, weil dieser Fieber hatte und gleich nach dem Spiel nach Hause gefahren war.
Kollege Joe Zinnbauer hinterliess nach der desaströsen Darbietung einen so angeschlagenen Eindruck, dass einem die Vorstellungskraft fehlt, wie dieser Mann eine derart am Boden liegende Mannschaft noch einmal aufrichten soll. Seit gestern sind die «Espen» Tabellenletzte und ein Blick auf die Jahresrangliste zeigt, dass dies mehr als eine Momentaufnahme ist.
Von all jenen Teams, die 2016 30 Partien in der Super League absolviert haben, ist St. Gallen das mit Abstand schlechteste. In Zahlen: es hat sieben Punkte weniger geholt als Lugano und Vaduz und neun weniger als Thun. Und es lässt sich inzwischen auch nicht mehr sagen, es sei nicht die Mannschaft Zinnbauers. Im Sommer wurde diese durchaus im Sinne ihres Trainers verändert. Wie lange darf dieser noch weiterwerkeln?
Ist das Ergebnis noch das Beste an diesem Nachmittag, Herr Zinnbauer? «Ja.» Ziehen Sie Konsequenzen aus diesem Spiel? «Reden wir über das Spiel oder Personen?» − viel Konstruktives zur Aufarbeitung der Klatsche hatte der Trainer nicht beizutragen. Captain Toko sagte: «Nach dem ersten Gegentor haben wir alles vermissen lassen, was es in der Super League braucht. Es war eine reine Katastrophe.»