Grosse Aufregung gestern Abend im Presseraum des St.Mary Stadion in Southampton. Obschon Louis van Gaal mit seiner Truppe soeben den fünften Sieg in Serie eingefahren hat und auf Rang 3 der Premier League geklettert ist, muss er sich nach dem Spiel harsche Kritik anhören. Manchester United habe gespielt wie «eine Pub-Mannschaft» und dass Passspiel sei so schlecht gewesen, dass man manchmal fast habe lachen müssen.
Die Kritik kommt von keinem Geringeren als der ManU-Legende Gary Neville. Der Ex-Aussenverteidiger der «Red Devils» ist zwar nicht im Presseraum anwesend, hat aber das Spiel im Sky-Studio analysiert und volle Kanne gegen van Gaal und seinen Ex-Verein geschossen. «Es war so schlecht. Es war so frustrierend, dass ich lachen musste. Ich konnte nicht glauben, wie oft sie den Ball verloren haben», so der Brite spöttisch.
Ein anwesender Journalist konfrontiert Louis van Gaal mit einer weiteren Aussage von Garry Neville: «They have got away with murder tonight with that performance to win there.» Mit einer solch schlechten Leistung zu gewinnen, das sei, wie wenn man mit einen Mord unbestraft davon kommt.
Der holländische Coach zeigt sich zunächst wenig beeindruckt und meint nur «Murder?», ob das ein englisches Sprichwort sei? Offensichtlich versteht der ManU-Coach nicht ganz, was mit dieser Aussage gemeint ist, er knurrt dann aber trotzdem: «Vielleicht.»
Garry Neville könne sowieso alles sagen, er sei schliesslich eine Ex-Legende des Vereins. Doch der Holländer warnt: «Aber als Ex-Legende muss man wissen, was man sagt. Er soll auf seine Worte achten!» Was er damit meine, sei nicht so schwer zu interpretieren.
Ganz unrecht hat Garry Neville mit seiner Kritik sicherlich nicht. Die United tritt phasenweise erschreckend orientierungslos auf. Während des gesamten Spiels schiessen die Jungs von Louis van Gaal nur drei Mal auf das gegnerische Tor – so wenig wie seit August 2003 nicht mehr.
Doch die Red Devils haben einen Robin van Persie in ihren Reihen, der langsam aber sicher seinen alten Torriecher wieder zu finden scheint. In der 12. Minute profitiert der Holländer von einem Fehler der Southampton-Defensive und in der 71. Minute bringt er eine Rooney-Flanke akrobatisch im Kasten von Fraser Foster unter.
Ohne den Van-Persie-Exploit wäre dieser Sieg niemals möglich gewesen. Das sieht auch sein Coach so: «Wir waren das glücklichere Team. Robin van Persie war einer von drei United-Spielern, die gut gespielt haben.» Bleiben acht Spieler, mit denen der holländische Coach nicht zufrieden ist. Zum Beispiel mit Verteidiger Patrick McNair. Der 19-Jährige liefert eine desolate erste Halbzeit ab und wird nach 39 Minuten bereits ausgewechselt.
Noch weniger Vertrauen scheint Van Gaal in Stürmerstar Radamel Falcao zu haben. Der Leihspieler von Monaco hat im Trikot von Manchester United gerade mal 283 Spielminuten absolviert – nach 15 Spielrunden, notabene. Laut dem Holländer sei der Kolumbianer lediglich «fit für 20 Minuten», mehr nicht. Falcaos Freundin stellt darauf trotzig ein Foto ihres Lieblings auf Instagram: «100% fit, um alles zu geben», schreibt sie dazu.
Dass Louis van Gaal einen eigenen Stil hat und auch vor grossen Namen nicht zurückschreckt, ist ein offenes Geheimnis. Doch der Erfolg gibt dem «Tulpengeneral» – dessen Töchter ihn angeblich mit Sie ansprechen müssen – auch bei Manchester United recht. Nach dem schwachen Saisonstart hat er seinen Klub wieder zurück in die Spur gebracht.
Sei's drum: Die Machtkämpfe bei den Red Devils werden sich wohl noch eine Weile hinziehen. Wir dürfen gespannt sein auf das nächste Kapitel. Spätestens dann, wenn Machester United nächsten Sonntag in der Premier League Liverpool empfängt. Oder in den Worten von Garry Neville: Dann, wenn «der Hund und die Ente den roten Löwen» empfangen.