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Bundesliga: Das sagt Berater Raiola zum bevorstehenden Haaland-Transfer

Mino Raiola hat sich im europäischen Fussball-Geschäft einen zwiespältigen Ruf erarbeitet.
Mino Raiola hat sich im europäischen Fussball-Geschäft einen zwiespältigen Ruf erarbeitet. bild: imago-images.de

Raiola übers Berater-Business und den Haaland-Transfer: «Die Dortmunder haben Eier»

10.12.2021, 15:0810.12.2021, 15:53
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Mino Raiola ist einer der schillerndsten Fussballspieler-Berater Europas. Zu seinen Klienten zählen Superstars wie Paul Pogba, Zlatan Ibrahimovic und Erling Haaland. Der BVB-Stürmer hält den 51-jährigen Italiener derzeit auch ziemlich auf Trab, denn im Sommer steht für das norwegische Supertalent der nächste grosse Transfer vor der Tür.

In einem ausführlichen Interview mit «Sport1» (Teil 1, Teil 2) plaudert Raiola schon jetzt ein bisschen aus dem Nähkästchen und erzählt, wohin es Haaland ziehen könnte. Ausserdem erzählt er, warum er seinen schlechten Ruf geniesst und warum er der FIFA den Krieg erklärt hat.

Mino Raiola ...

... über Haalands Zukunft:

«Es wäre für Dortmund viel einfacher und vielleicht sogar besser gewesen, Erling im Sommer zu verkaufen. Sie haben aber aus fussballerischen Gründen Nein gesagt. Das verdient meinen grössten Respekt. Die Dortmunder haben Eier! Aber er kann und wird den nächsten Schritt machen. Bayern, Real, Barcelona, City – das sind die grossen Vereine, zu denen er gehen kann. Wir wussten alle damals beim Wechsel nach Dortmund, dass dieser Schritt kommen wird. Vielleicht in diesem Sommer, vielleicht im Sommer danach. Es ist aber eine grosse Chance, dass Erling diesen Sommer schon geht. Wir werden sehen.»
epa09621880 Dortmund's Erling Haaland celebrates after scoring the 2-2 equalizer during the German Bundesliga soccer match between Borussia Dortmund and FC Bayern Muenchen in Dortmund, Germany, 0 ...
Erling Haaland wird den BVB in absehbarer Zeit verlassen.Bild: keystone

... den Zeitpunkt der Entscheidung:

«Wir werden dem BVB sagen, was unsere Idee ist und der BVB wird uns seine Ideen mitteilen. Im Winter wird aber noch keine Entscheidung fallen. [...] Wir sind seit zwei Jahren am Denken, Tun und Machen. Wir haben klare Vorstellungen, wohin es mal für Erling gehen soll und schauen natürlich, was der Markt hergibt. Ich wäre ein schlechter Berater, wenn ich das nicht tun würde. Wir können mit einem Spieler wie ‹Erl› den Markt beeinflussen. Nicht der Markt beeinflusst uns. Das wissen wir.»

... die Verhandlungen mit Dortmund:

«Ich hatte eine sehr schlechte Beziehung zu Sportchef Michael Zorc, wirklich sehr schlecht. Er muss mich wirklich gehasst haben. Ich hätte nie gedacht, dass aus Hass Freundschaft wird. Er hat meinen maximalen Respekt. Er verteidigt seinen Verein bis aufs Blut. Die Verhandlungen mit ihm waren hartnäckig. Aber es ist Zorcs Verdienst, dass Erling heute beim BVB spielt. [...] Sie hatten damals die Eier, jemanden wie Erling zu holen, der noch recht unbekannt war, aber trotzdem viel Geld kostete. Haaland, Bellingham, Sancho – das waren grosse Investitionen, die sich lohnen. Hätten Sie ein Jahr gezögert, hätten sie diese Spieler niemals holen können. Jetzt schaut jeder anerkennend nach Dortmund und sagt: ‹Die machen es richtig.›»

... wie er mit Haaland zusammenkam:

«Wir haben mit Zlatan Ibrahimovic einen gemeinsamen Freund, der uns zusammengebracht hat. Wir haben uns getroffen, etwas getrunken, fünf Minuten unterhalten und uns die Hand gegeben. Erling wollte, ich wollte. Ich hatte ihn zuvor nur auf Videos gesehen und sofort gesagt: Der passt zu mir, der ist verrückt.»

... wie er seine Spieler aussucht:

«Ich habe bislang keinen einzigen Spieler ausgesucht. Die Spieler suchen mich. Das war nie anders. Sie wollen, dass wir helfen und fragen um Rat. Dann setzen wir uns hin und schauen, was geht. Manchmal sagen sie ja, manchmal nein. Manchmal sage auch ich ab. [...] Ich arbeite nur mit Top-Leuten. Sie eint alle eine Sache: Sie sind alle krank im Kopf. Für uns normale Leute sind die alle krank. Sie selbst finden aber, dass sie normal sind. Die Jungs sind fanatisch, setzen sich die allerhöchsten Ziele und sind alle extrem auf Erfolg getrimmt.»
MILAN, ITALY - MARCH 05: Agent Mino Raiola and Mario balotelli are seen on March 5, 2013 in Milan, Italy. (Photo by Jacopo Raule/Getty Images)
Auch Mario Balotelli gehört zu den Klienten von Raiola.Bild: Getty Images Europe

... seinen schlechten Ruf:

«Die Sportdirektoren hassen mich? Wieso? Ich in bereit, für meine Spieler in den Krieg zu ziehen. Ich bin bereit, alles für sie zu machen. Ich weiss einfach sehr gut, welchen Wert meine Spieler haben und was die Vereine brauchen. Wenn die mich hassen, dann ist es das grösste Kompliment für mich. Dann mache ich etwas gut. Wenn sie sagen würden: ‹Gut, dass der Raiola den Spieler berät, dann wird es einfach für uns›, hätte ich ein Problem.»

... wohin er seine Spieler am liebsten transferiert:

«Ich mache dort Deals, wo es im Moment am besten ist für meine Spieler. Ich habe zuletzt Micky van de Veen nach Wolfsburg geholt. Ein junger, super Spieler. Es geht nicht immer nur ums Geld, sondern darum, was für meinen Spieler am besten ist. Marcus Thuram habe ich damals von Guingamp nach Gladbach gebracht. Er hat dort eine riesige Entwicklung gemacht. Der Weg war für ihn im Sommer frei für einen Wechsel ins Ausland. Normalerweise hätten wir ihn zu Inter Mailand gebracht. Es war schon alles klar, bis er sich dann verletzt hat.»

... seine ersten grossen Transfers:

«Ich habe Bryan Roy 1992 von Amsterdam zu Foggia gebracht. Damals war die Serie A wie die Premier League heute. Alle wollten nach Italien. Danach habe ich Marciano Vink zu Genua gebracht sowie Wim Jonk und Dennis Bergkamp zu Inter.»
Bergkampf und Jonk brachte Raiola zu Inter Mailand.
Bergkampf und Jonk brachte Raiola zu Inter Mailand.bild: imago-images.de

... die Bedeutung von Geld:

«Geld war nie mein Antrieb. Ich wollte immer der Beste sein. Ich wollte meine Familie stolz machen. Wir sind als Ausländer nach Holland gekommen und mussten uns den Respekt der Leute erarbeiten. Das haben wir nur durch Fleiss und Ehrgeiz geschafft. Ich sage immer: Geld ist das Resultat von guter Arbeit. [...] Am Anfang habe ich immer gedacht: ‹Geld ist wichtig, du musst das Maximum rausholen.› Das waren die schlimmsten Transfers. Dann habe ich verstanden, dass es um Qualität geht. Dann kommt das Geld von ganz alleine.»

... den Ballon d'Or

«Ich kann das nicht ernst nehmen. Zlatan hat immer geschimpft, dass sie ihm das Ding nicht gegeben haben. Lewandowski hätte in meinen Augen in diesem Jahr gewinnen sollen. Auch Zlatan hätte gewinnen sollen. In der Demokratie setzt sich nicht immer Qualität durch. Emotionen und Gefühle spielen bei der Wahl eine Rolle. Wen finde ich gut, wen nicht? Manchmal denke ich: Lasst uns diese ganzen Preise doch einfach sein lassen. Aber die Menschheit liebt das. Sie liebt auch die Oscars.»

... über die FIFA:

«Jeder kennt meine Meinung über die FIFA. Wir brauchen diesen Laden in Europa nicht. 97 Prozent des Einkommens im Fussball kommt aus Europa. Ich weiss nicht, wieso wir unsere Autorität an einen korrupten Laden wie die FIFA abgeben. Deshalb habe ich zusammen mit Roger Wittmann, Jorge Mendes und Jonathan Barnett ‹The Football Forum› gegründet. Wir wollen ein neues Fussball-System erschaffen. In diesem System agieren Vereine, Spieler und Agenten zusammen unter der Flagge der UEFA. Wir wollen nicht, dass die FIFA wie ein Diktator von oben herab sagt, was sie denken und was angeblich gut für den Fussball ist. Sie benutzen uns Berater auf demagogische Art und Weise, um ihre eigenen Probleme zu kaschieren. Die zeigen mit dem Finger auf uns: Die Berater sind die ‹Bad Guys›. Sie wollen von ihren Problemen ablenken. Die haben doch alle null Ahnung. Alle zwei Jahre eine WM, was ist das für ein Quatsch?»
Jorge Mendes poses for photographers upon arrival at the world premiere of the film 'Ronaldo, in London, Monday, Nov. 9, 2015. (Photo by Joel Ryan/Invision/AP)
Jorge Mendes ist der andere grosse Berater neben Raiola.Bild: Joel Ryan/Invision/AP/Invision

... über den Kampf gegen die FIFA:

«In der FIFA geht es um Macht und darum, Geldflüsse zu regulieren, damit sie sich selbst etwas abzwacken können. Mendes, Barnett, Wittmann und ich haben uns als grösste Berater auf dem Markt zusammengeschlossen. Wir haben eine Verantwortung für unsere Spieler und auch für die kleinen Agenten. Es geht nicht um mich. Schauen Sie sich hier um, ich habe genug Geld für mich und meine Familie verdient. Ich brauche das Geld nicht. Es geht mir um Gerechtigkeit. Wieso müssen wir die FIFA um Erlaubnis fragen, wenn ein Spieler von Bayern München zu Real Madrid geht? Wieso geht das nicht über ein europäisches System? Wieso hat die FIFA diese Autorität? Die FIFA ist ein altes, koloniales System. Vor 200 Jahren war das vielleicht zeitgemäss, aber jetzt? Wir müssen den Fussball ehrlicher machen, für die Fans und die Spieler.»

... die europäische Super League:

«Meine Meinung dazu ist egal. Der Markt gibt die Richtung vor. Er ist die Wahrheit. Wenn die Fans das nicht gut finden, stirbt das Ding. Dann wird das niemand kaufen. Ich habe das Konzept dieser Super League nie richtig gesehen. Es war kaum geboren und sofort wieder tot. Ich finde aber, dass ein geschlossener Wettbewerb auch interessant sein kann, wie die NBA oder die Formel 1.»

... die Notwendigkeit von Beratern:

«Dieser dumme Gedanke, man braucht keine Agenten, der ist Quatsch. Ohne uns läuft kein Transfer. Die Vereine brauchen uns. Was glauben Sie, wie viele Vereine zu mir kommen und fragen: ‹Mino, kannst du uns helfen und diesen Spieler zu uns holen?›»

... die Einführung von Berater-Lizenzen:

«Es gibt schlechte und gute Berater. Es gibt aber auch schlechte und gute Präsidenten. Eine Lizenz? Okay! Aber dann soll es auch von heute an Kurse für Sportdirektoren und Präsidenten geben. Wissen Sie eigentlich, wie viele scheiss Journalisten mich anrufen und sich als solche ausgeben. Es gibt doch auch keine Diplome für euch? Jeder kann sich Journalist nennen. Auch bei euch gibt es gute und schlechte. Es gab ja eine Lizenz der FIFA. Die war aber ein Witz. Jeder Idiot konnte die bekommen. Mir ist Qualität wichtig. Ich bin mehr dafür, dass es eine Art Qualitätssiegel gibt.»
Anzug und Krawatte sind nicht Raiolas Ding.
Anzug und Krawatte sind nicht Raiolas Ding.bild: imago-Images.de

... seine Karriere als Spieler:

«Ich spielte im Mittelfeld, ich trug die Nummer 10. Aber ich war zu ballverliebt. Ich sage immer: Ich hätte zu Real Madrid gehen können, aber ein kleines Detail fehlte: Sie wollten mich nicht haben.»

(pre)

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Quelle: transfermarkt.ch (Stand 12.6.2023)
quelle: ap / philippos christou
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32 Kommentare
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N. Y. P.
10.12.2021 16:40registriert August 2018
Berichten der Marca zufolge soll er den Wechsel von Mathijs de Ligt zum FC Barcelona im Mai 2019 blockiert haben, weil seine Provision nicht hoch genug gewesen sei. Alex Ferguson bezeichnete Raiola 2017 im Nachgang an den Transfer von Paul Pogba als "Scheißkerl"
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N. Y. P.
10.12.2021 16:11registriert August 2018
«Wir können mit einem Spieler wie ‹Erl› den Markt beeinflussen. Nicht der Markt beeinflusst uns. Das wissen wir.»

Ja, das braucht schon überragende Intelligenz, das festzustellen.

Kann ja nicht so schwer sein, bei den Big 5 hin- und herzuhöselen und das beste Gehalt für einen wie Haaland rauszupressen.

Tippe auf Araberspielzeug PSG oder Araberspielzeug Man City.
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SpitaloFatalo
10.12.2021 22:20registriert März 2020
Eigentlich tragisch; da bist Du so gut, dass als potentielle Klubs nur noch 5 - 6 unsympathische Vereine in Frage kommen.
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