«Ein Einsatz von Behrami am Samstag kommt wahrscheinlich noch zu früh, aber klar hätte ich ihn gegen den BVB bereits gerne dabei», erklärte Hamburgs Coach Joe Zinnbauer auf der Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag. Der noch nicht fitte Behrami spielte am Samstag trotzdem in der ausverkauften Imtech-Arena von Anfang an, schon alleine das zeigt den Stellenwert des Schweizers im Team der Hamburger Rothosen.
Wenn es unglücklich gelaufen wäre, hätte Behrami bereits nach seiner ersten Aktion unter die Dusche gehen müssen, denn der «Aggressiv-Leader» des HSV (O-Ton: Zinnbauer) ging nach nur drei Minuten etwas übermotiviert in einen Zweikampf mit dem Dortmunder Henrikh Mkhitaryan, dem er den Ellbogen ins Gesicht schlug. «Behrami hat Mkhitaryan ins Gesicht geschlagen, das hat im Stadion jeder gesehen», war Dortmunds Trainer Klopp in der Pressekonferenz immer noch ungehalten.
Zinnbauer nahm den Schweizer jedoch in Schutz und unterstellte dem Rückkehrer keine Absicht: «Valon war lange weg. Ihm hat es in dieser Szene vielleicht noch etwas an Koordination gefehlt.» Einmal in Fahrt liess Jürgen Klopp diese Ausrede seines Trainerkollegen nicht gelten. «Jeder denkt das gleiche, ausser Joe, weil es sein Job ist seinen eigenen Spieler zu schützen. Der Schiedsrichter hatte mehrfach danach noch die Gelegenheit Behrami vom Platz zu schicken, aber er hat es nicht gemacht.»
Klar, hatte Behrami nicht die nötige Spielpraxis und hätte auch eigentlich noch nicht spielen sollen, aber gerade durch seine körperlich Präsenz ist der 29-Jährige im Team des HSV eine wichtige Stütze.
Teamkollege Heiko Westermann, der den verletzten Djourou nach dessen Auswechslung in der Innenverteidigung vertrat, brach eine Lanze für Behrami. «Valon hat heute alles reingehauen, was ging. Es ist unglaublich, dass er heute überhaupt gespielt hat. Er ist erst zehn Tage wieder im Training. Was er uns an Sicherheit und Stabilität gibt, ist doch gar keine Frage. Er ist enorm wichtig für uns.»
Behrami stand für den abstiegsbedrohten HSV das erste Mal im Jahr 2015 nach seiner überstandenen Knie-OP auf dem Rasen. Nach der umstrittenen Szene aus der dritten Minute zeigte der Defensiv-Allrounder warum Zinnbauer ihn als seinen Leader sieht und ihn so sehnlichst zurück wünschte. Der 29-Jährige war sofort im Spiel und brauchte keine lange Anlaufzeit. Trotzdem sah man ihm die lange Verletzungspause an.
Behrami hatte nur 19 Ballkontakte, doch nicht das Spielerische war am Samstag gegen den BVB wichtig, sondern die Tugenden, die man im Abstiegskampf braucht: Einsatz und Zweikampfstärke. Beides brachte Behrami von Anfang an auf den Platz. Aber nicht nur als vorbildlicher Spielzerstörer zeigte Behrami seine Qualitäten. Er war auch der Anführer und Taktgeber des HSV.
Immer wieder gab er seinen Teamkollegen Anweisungen oder klatschte ihnen nach guten Aktionen Beifall. Dass er noch keine Spritzigkeit und mangelnde Spielpraxis hat, sah man dem Schweizer in vielen Situationen aber noch deutlich an. Oft kam Behrami bei Zweikämpfen den berühmten Schritt zu spät und kassierte so dann auch in der 32. Minute die längst fällige Gelbe Karte nach eine Foul an Dortmunds Sven Bender.
In der zweiten Halbzeit, so hatte es ja auch BVB-Trainer Klopp gesehen, hätte Schiedsrichter Gagelmann Behrami spätestens vom Platz stellen müssen, als der Schweizer Nationalspieler erneut Bender umgrätschte (55. Minute). Gagelmann beliess es bei einer letzten Ermahnung, erklärte Behrami aber auch, dass er beim nächsten Foul endgültig die Partie von aussen ansehen könne. Der Schweizer besprach sich daraufhin mit dem Hamburger Trainergespann und wurde in der 60. Minute durch Gojko Kacar ersetzt.
Am kommenden Wochenende steht für den HSV nach dem Remis gegen den BVB das schwere Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim an, ehe es eine Woche später gegen den Mitkonkurrenten, Hertha BSC, um den Klassenerhalt, geht. Behrami wird bis dahin an seiner Fitness und Spielpraxis gearbeitet haben und so für den HSV wieder den Aggressiv-Leader geben können.
Denn als Aggressiv-Leader war er im Sommer für HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer der wichtigste Transfer. Der von Napoli verpflichtete Behrami nahm von Beginn an seine Rolle als Führungsspieler beim Bundesliga-Dino an. Für Trainer Joe Zinnbauer ist der 29-Jährige als Winner-Typ mittlerweile unverzichtbar. Nur zehn Tage im Training opferte sich Behrami im Spiel gegen den BVB auf und zeigte seine Motivationskünste und seinen gnadenlosen Einsatz Mann gegen Mann – genau das was dem HSV zuvor fehlte.
Nach seiner Verpflichtung im Sommer lobte auch Ex-Nati-Coach Ottmar Hitzfeld den Kauf Behramis: «Er gibt niemals auf, solch einen Typen hat der HSV gebraucht.» Der Schweizer Nationalspieler hat einen langfristigen Vertrag bis Juni 2017 und könnte bei den Norddeutschen in die Fussstapfen von Captain Rafael van der Vaart treten, sollte dieser am Ende der Saison seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern und wechseln.