Der Inzidenzwert im Kanton Basel Stadt liegt in den vergangenen 14 Tagen bei 191 Fällen pro 100'000 Einwohner. Im Kanton St. Gallen ist er mit 365 beinahe doppelt so hoch. In der Ostschweiz gibt es mehr Infizierte und die Corona-Fallzahlen steigen dort aktuell auch stärker an. Und doch dürfen im Basler Joggeli ab sofort nur noch 1000 Zuschauer zu den FCB-Heimspielen kommen, während der FCSG beim nächsten Heimspiel am 1. November – ausgerechnet gegen den FCB – 10'000 Fans erwartet.
Der Schweizer Sport ist aufgrund der unterschiedlichen Massnahmen der Kantone in den vergangenen Tagen zu einem Flickenteppich geworden. Je nach Standort ergibt sich ein nicht zu vernachlässigender Wettbewerbsnachteil. Sportlich und finanziell.
Für FCB-CEO Roland Heri ist die gestrige Nachricht ein «Stich ins Herz». Nach dem Kanton Bern ziehen am Mittwoch auch die beiden Basel nach und reglementieren die Zuschauerzahl bei Grossanlässen wieder auf 1000. Heri zeigt zwar Verständnis für die regionale Politik: «Auch der Kanton arbeitet nach bestem Wissen und Gewissen.» Doch er bedauert sehr, dass ein Grossteil der FCB-Fans trotz funktionierendem Schutzkonzept in Zukunft wieder draussen bleiben muss. Die finanziellen Auswirkungen für den FCB, der gerade in diesen Tagen die Rechnungen für die 10'000 vorbestellten Halbjahreskarten für die Rückrunde verschicken wollte, bezeichnet Heri als «gravierend».
Zuletzt hatte Präsident Bernhard Burgener verkündet, dass sein Klub noch bis Februar liquide sei. Die nun ausbleibenden Einnahmen machen die Situation nicht besser. Auf der Suche nach unterstützenden Geldern wirft Heri darum die Frage auf, ob der FCB als «eindeutiges Kulturgut der Stadt» nicht von der Politik als förderungs- und unterstützungswürdig erklärt werden könnte.
Der Wunsch nach kantonaler Unterstützung wird überall in der Schweiz immer mehr zum Thema. Denn tatsächlich greifen die Kantonsregierungen genauso wie das Coronavirus direkt in den Kampf um Punkte und Titel ein. Im Wallis wurde gestern gar ein Mini-Lockdown ausgerufen. Der FC Sion darf darum gar keine Fans mehr empfangen. Immerhin dürfen die Walliser noch spielen, denn im Amateurbereich hat der Walliser Fussballverband gleich alle Spiele abgesagt.
Angesichts stetig ansteigender Fallzahlen in der gesamten Schweiz ist damit zu rechnen, dass auch die anderen Kantone bald nachziehen. In Zürich hat sich Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli längst öffentlich für ein Verbot von Grossveranstaltungen ausgesprochen. Wie auch in den Corona-Hotspots Genf und Waadt scheint es nur eine Frage der Zeit, bis die ansässigen Profi-Klubs wieder höchstens 1000 Zuschauer zulassen dürfen.
Andere Kantone haben es da weniger eilig. In St. Gallen hat die Regierung am Dienstag an einer Medienkonferenz gar bekanntgegeben, Grossveranstaltungen weiter zuzulassen. Bislang hätten sich keine Personen an Spielen des FC St. Gallen oder der Rapperswil-Jona Lakers angesteckt, heisst es. Solange das nicht der Fall sei, könnten die Spiele vor Publikum ausgetragen werden.
Analog zur Situation in St.Gallen ist die Lage auch im Aargau, in Solothurn, Luzern und Zug. Auch hier gehen die Vereine davon aus, weiter vor volleren Rängen zu spielen. Der FC Aarau darf aus seinen neu eingerichteten Sitzplätzen im Brügglifeld 3400 Zuschauer empfangen. Die Eishockeyaner des EHC Olten bekommen ebenfalls weiterhin rund 2500 Zuschauer bei Heimspielen bewilligt. Auch der FC Luzern und der EV Zug haben zunächst nichts zu befürchten. «Im Kanton Luzern verfolgt man die Situation bei den Grossveranstaltungen aufmerksam und analysiert diese laufend», sagt der zuständige Gesundheitsdirektor Guido Graf.
Einer hat von solchen Analysen genug: Sion-Präsident Christian Constantin befürwortet mal wieder eine rigorose Entscheidung. Er sagt: «Wir basteln nur. Es wäre besser, wir würden heute bis Weihnachten alles stoppen.» Solange die Kantone aber Stück für Stück und autonom entscheiden, wird es dazu nicht kommen.
Und dass so eine Situation, wie wir uns aktuell befinden, eintreten kann, sorry, aber damit musste man wirklich rechnen.
Anyway, ich fühle mich momentan in einem Stadion mit Schutzkonzept sicherer als in manchem Restaurant.