Riesenwirbel um das türkische Gastspiel in der EM-Qualifikation auf Island: Weil die türkische Nationalmannschaft bei der Einreise am Flughafen Keflavik gemäss eigenen Angaben rund drei Stunden bei der strengen Sicherheitskontrolle warten musste, herrscht seit Sonntagabend eine angespannte Stimmung. Erdogan-Sprecher Ibrahim Kalin sprach von «inakzeptablen» Bedingungen und «Mangel an Respekt».
Dass dem türkischen Captain Emre Belözoglu beim Verlassen des Flughafens statt eines Mikrofons eine Reinigungsbürste vor die Nase gehalten wurde, trug auch nicht zur Entspannung bei. Das türkische Aussenministerium prüft derzeit die Angelegenheit und Präsident Recep Tayyip Erdogan rief höchstpersönlich den Präsidenten der türkischen Fussball-Föderation (TFF) an und liess der Mannschaft ausrichten, dass das türkische Volk ihr zur Seite stehe.
Die Spieler aus dem Team von Nationaltrainer Senol Günes beklagten sich in den sozialen Medien und türkischen Zeitungen vor allem über die intensiven Sicherheitschecks bei der Personenüberprüfung und über penible Durchsuchungen ihres Gepäcks. «Warum schütteln die Flughafen-Mitarbeiter meinen Pass?», fragte Günes auf der Pressekonferenz anklagend. «Sie haben alle meine Sachen durchsucht. Ich bin seit 53 Jahren im Fussball und wurde noch nie zuvor so behandelt.»
Gemäss der Flughafen-Betreiberfirma Isavia waren die strengen Sicherheitschecks allerdings notwendig. Ihre Mitarbeiter seien aufgrund internationaler Regeln dazu verpflichtet gewesen, alle Passagiere einer genauen Sicherheitsprüfung zu unterziehen. «Die Sicherheitskontrollen sind in der Regel schnell, aber sie waren in der letzten Nacht etwas länger, da viele elektronische Geräte und Flüssigkeiten in den Taschen der Passagiere gefunden wurden, die nicht im Voraus entfernt wurden», teilte Isavia mit.
Auch weil der Flughafen von Konya, von welchem die türkischen Spieler gestartet waren, nicht von der internationalen Luftfahrtbehörde zertifiziert sei, hätten strengere Kontrollen durchgeführt werden müssen. Das Prozedere sei aber so schnell wie möglich durchgeführt worden. «Das türkische Flugzeug ist um 19.40 Uhr gelandet und um 21 Uhr verliessen die letzten Passagiere den Zollraum», erklärte Isavia. Ein Antrag der Türken auf eine beschleunigte Abwicklung sei erst rund zehn Stunden vor der Ankunft des Teams eingetroffen. Der türkische Konsul auf Island entgegnete, der Antrag sei bereits drei Tage zuvor eingegangen.
Racist welcome for Turkey in Iceland!
— Turkish Super Lig (@FootyTurkish) 10. Juni 2019
Turkish NT were not allowed to leave the airport for 3 hours after landing for the #EURO2020 qualifying game and the officials gave no reason.
Captain Emre Belözoğlu was accosted by a man who held a toilet brush to his face. #ISLTUR pic.twitter.com/auo0XM3Eq4
Darauf teilte der isländische Fussballverband mit, die isländischen Spieler hätten nach der Rückkehr von einem Spiel in der Türkei vor rund zwei Jahren ähnliche Kontrollen durchlaufen müssen.
Die Wogen konnten mit diesen Erklärungen nicht geglättet werden – im Gegenteil. Die türkische Hacker-Gruppe «Anka Neferler Tim» antwortete auf die Verzögerungen in Keflavik mit zwei Hacker-Angriffen auf die Website des Flughafens. Gemäss türkischen Medien war diese in der Folge wegen Tausender virtueller Zugriffe stundenlang nicht erreichbar.
Türk hackerlardan İzlanda'ya Osmanlı tokadı! #İzlanda #hackerhttps://t.co/q6SElr8R0r
— Yeni Akit Gazetesi (@yeniakit) 10. Juni 2019
«Wir schauen nicht untätig zu, während unsere Mannschaft respektlos behandelt wird», kommentierte die Hacker-Gruppe auf Twitter und erklärte, dass jede weitere Beleidigung der türkischen Mannschaft einen «Cyberkrieg» eröffnen könnte. Sogar von einer totalen Internet-Blockade gegen Island ist die Rede.
Das Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft 2020 gegen die Isländer findet heute Abend statt. Die Türkei führt ihre Gruppe H mit drei Siegen aus den ersten drei Spielen aktuell an und besiegte dabei unter anderem Weltmeister Frankreich mit 2:0. Mit einem weiteren Vollerfolg könnte bereits der Grundstein für die zweite EM-Teilnahme in Folge gelegt werden. (pre)