
Die Polizei war am Samstag mit einem Grossaufgebot vor Ort.Bild: KEYSTONE
Nach der ersten positiven Bilanz zur aussergewöhnlichen Aktion der Aargauer Kantonspolizei gegen Fussballfans kehrt Ernüchterung ein. Die Kosten gehen gegen eine Viertelmillion.
28.04.2015, 07:3928.04.2015, 10:57
Bastian heiniger / aargauer zeitung
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Eigentlich könnten nach dem Spiel zwischen dem FC Aarau und dem FC Zürich alle Beteiligten eine positive Bilanz ziehen. Die anfangs heissgekochten Befürchtungen verdampften spätestens nach der Partie. Beide Teams holten einen Punkt, die Polizei hatte die gut 300 angereisten Gästefans im Griff und Ausschreitungen blieben aus. Und: Die Staatsanwaltschaft wird keine Strafverfahren eröffnen. «Der Grosseinsatz war nötig», sagt der Aargauer Sicherheitsdirektor Urs Hofmann und fügt an: «Im Nachhinein hätte man es immer anders machen können.» Aber nur weil man wisse, dass nichts Gravierendes passiert sei.
Doch so einfach geht die Rechnung nicht auf. Denn: Für ein Fussballspiel habe es in Aarau noch nie ein derartiges Polizeiaufgebot gegeben, sagt Polizeisprecher Roland Pfister. Im Einsatz standen insgesamt 370 Polizisten – davon 235 von der Kantonspolizei Aargau und 135 von auswärtigen Korps. Derzeit laufen bei der Kantonspolizei Aargau und beim Departement des Inneren (DVI) gemeinsame Auswertungen. Nur: Wie teuer der Grosseinsatz war, wollen beide Abteilungen nicht mitteilen.
Hans Peter Fricker, Generalsekretär des DVI, sagt auf Anfrage, dass nur die auswärtigen Polizeikräfte zusätzliche Kosten verursacht hätten. Für die Aargauer Kantonspolizei werde das ausserordentliche Aufgebot als normale Arbeitszeit abgerechnet. Wie teuer waren also die zusätzlichen Korps der Stadtpolizei Aarau, der Regionalpolizei Suret sowie der Kantone Bern, Solothurn und der beiden Basel? Die Rechnung: Der Einsatz eines Polizisten kostet gemäss Recherchen 120 Franken pro Stunde. Bei acht Stunden wären das also allein für die 135 auswärtigen Polizisten gut 130'000 Franken. Doch das ist nicht alles. Hinzu kommen noch der Wasserwerfer aus Bern und der Helikopter aus Zürich. Berechnet man jedoch die Vollkosten, ist man schnell einmal bei einer Viertelmillion Franken.
66'000 Franken verloren
Als doppelter Verlierer steht letztlich der bereits finanziell angeschlagene FC Aarau da. Roger Geissberger, der Vizepräsident, sagt: «Aufgrund der fehlenden Ticketverkäufe von etwa 3000 Zuschauern seien dem Verein gut 66'000 Franken Einnahmen entgangen.» Zudem muss der FC Aarau als Veranstalter einen Teil der Polizeikosten übernehmen – Kosten, die aus Sicht der Behörden durch Fans des FC Zürich entstanden sind.

Die Auswärtskurve blieb am Samstag leer.Bild: KEYSTONE
Bei einem jährlichen Betrag bis zu einer Million Franken muss der FC Aarau gemäss Rahmenbewilligung der Kantonspolizei einen Viertel der Kosten tragen. Bei einem Betrag über einer Million muss der Verein sogar die Hälfte zahlen. Zum jüngsten Fall sagt Sicherheitsdirektor Urs Hofmann: Bei den Kosten müsse noch entschieden werden, ob man nach dem normalen Schlüssel rechne oder ob der Kanton aufgrund der besonderen Umstände mehr übernehme. Klar ist: Für den FC Aarau wird die Rechnung so oder so teuer. Laut Geissberger will der FC Aarau nun abklären, ob man gegen den FC Zürich Regress nehme. Einfach sei dies jedoch nicht, wie die ersten Abklärungen gezeigt hätten.
Denn: Die Behörden hatten entschlossen, den Gästesektor zu schliessen, und nicht der FC Zürich. Könnte der FC Aarau auf die FCZ-Fans zurückkommen? Immerhin liegen der Kantonspolizei die Personendaten aufgrund der Kontrollen vor. Geissberger: Die Polizei dürfe die Namen aus Gründen des Datenschutzes nicht weitergeben. «Wir können höchstens Strafanzeige gegen unbekannt einreichen.» Hofmanns Departement geht jedoch nicht davon aus, dass man die Fans belangen könnte. Diese hätten sich ja ruhig verhalten, so Generalsekretär Fricker.
Der Regierungsrat ist gefordert
Dies sieht der FDP-Grossrat Adrian Meier anders: «Der FC Zürich müsste die Sicherheitskosten übernehmen.» Erst wenn man den Verein und die gewalttätigen Fans haftbar machen könne, würde ein solches Chaos aufhören. Mit dem derzeitigen Verteilschlüssel der Kosten werden laut Meier die Falschen bestraft. Mit dem Hooligan-Konkordat liesse sich etwas umsetzen, sagt Meier. Er erwartet nun vom Regierungsrat, dass dieser sich etwas ausdenkt und sich mit den anderen Kantonen abspricht.
Auch der SVP-Grossrat Clemens Hochreuter ist der Meinung, dass die FCZ-Fans belangt werden müssten. «Sie wussten ja im Voraus, dass sie nicht hätten kommen dürfen.» Peter Koller, SP-Grossrat und Mitglied der Sicherheitskommission, findet es schade, dass überhaupt eine solche Massnahme ergriffen werden musste. «Ob es die optimale war, bin ich mir indes nicht sicher.»
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Ich wiederhole mich: Niemand hat sich strafbar gemacht. Die Aktion war eine Schnapsidee der Aargauer KaPo.