Während Stars wie Rory McIlroy und Sergio Garcia gerade die Schlussrunde absolvierten, wurde Turnierdirektor Yves Mittaz am Sonntagvormittag gefragt, was er vom Abschneiden der Schweizer halte. Mittaz sagte nur:
Mittaz wurde auch gefragt, ob es nicht besser wäre, den Schweizer Profis am Schweizer Turnier der Europa-Tour mehr als vier Startplätze einzuräumen. Auch hierzu hatte der Turnierdirektor eine klare Meinung: Warum sollte man noch mehr Schweizer spielen lassen, wenn schon die Besten von ihnen laufend derart schlecht abschneiden würden. Er werde bereit sein, mehr Plätze aus der Kategorie «Einladungen» zur Verfügung zu stellen, sobald die Spieler es verdienen.
Jahr für Jahr verfügen ungefähr 150 Spieler aus allen möglichen Ländern über ein reguläres Spielrecht auf der PGA European Tour, dem grossen europäischen Circuit, zu dessen Kalender auch das Omega European Masters gehört. Die Spielerfelder verändern sich laufend, es gibt eine Durchlässigkeit mit Auf- und Abstieg. In den letzten 15 Jahren war kein einziger Schweizer jemals unter den 150 Spielern.
Klammert man die Kleinstaaten wie Liechtenstein oder Andorra aus, ist die Schweiz das Schlusslicht in Westeuropa. Osteuropa einzubeziehen ist nicht sinnvoll, weil dort die Golfbewegungen sehr klein oder noch nicht vorhanden sind. Als Westeuropas Schlusslicht ist die Schweiz abgeschlagen. Portugal, die zweitschwächste Nation, stellte in den letzten 15 Jahren die Einzelkämpfer José-Filipe Lima, Ricardo Santos und aktuell Ricardo Gouveia. Die drei bringen es auf elf Saisons auf der Europa-Tour – gegenüber null Saisons der Schweizer Spieler.
Länder wie Belgien, Dänemark und Finnland suchte man noch vor 25 Jahren vergebens auf der Landkarte. Heute stellen sie zuhauf nicht nur Spieler auf der grossen Tour, sondern Turniersieger und sogar Teilnehmer am Ryder Cup, dem weltweit am meisten beachteten Golfanlass, an dem sich alle zwei Jahre die besten zwölf Amerikaner und die besten zwölf Europäer messen.
Vor ebenfalls 25 Jahren zog Jan Blomqvist, in den Achtzigerjahren Baumeister des schwedischen Golfwunders, seine erste Bilanz, nachdem er 1992 als Schweizer Nationalcoach angestellt worden war, um das damalige «Swiss Golf Team» weiterzubringen. Er schien zu merken, dass er eine schwierige, Geduld verlangende Aufgabe vor sich hatte. Jedenfalls sagte er: «Rom wurde nicht an einem Tag gebaut.»
Blomqvist starb 1996 mit 53 Jahren unerwartet. Heute müsste er vielleicht erkennen, dass von seinem Rom noch nicht einmal die Profile stehen.
Woran liegt es? Allein an der Grösse der Golfbewegung kann es nicht liegen. Italien hat sieben Mal mehr Einwohner als die Schweiz – aber mit gegen 100'000 etwa gleich viele Golfer. In Italien gibt es keine spezifische Förderung. Und doch stellt Italien in dieser Saison neun Golfer auf der Europa-Tour. Und seit Juli 2018 einen Sieger an einem Turnier auf Grand-Slam-Stufe: Francesco Molinari triumphierte am British Open.
Die Möglichkeiten, Golf zu erlernen, auch wenn man nicht als «fils à papa» aus einer Golferfamilie kommt, sind in der ganzen Schweiz seit langem vorhanden. Es gibt Migros-Plätze, es gibt frei benutzbare Übungsanlagen. Und wer findig ist, nimmt einen Schläger und schlägt den Ball im freien Gelände. Wieso nicht in Bern auf der riesigen Grossen Allmend, auf der der Rasen Golfplatzqualität hat?
Eine mögliche Erklärung für die eklatante Schwäche des Schweizer Golfs ist die (übermässige) Förderung. Der Verband Swiss Golf unternimmt alles Mögliche, um dem Übel abzuhelfen. Vor zwei Jahren verpflichtete Swiss Golf auf Mandatsbasis den Waliser Stuart Morgan als «Performance Manager». Er bringt den Profis nicht die Technik bei, sondern berät sie in der Planung, im Umgang mit den Anforderungen an einen Profi.
Solche Dienstleistungen wie auch finanzielle Zuwendungen erhalten die besten Schweizer Spieler früh, sei es vom Verband oder von privaten Sponsoren. Die Beträge sind nicht selten so hoch, dass die Profis wissen, dass die Ausgaben für eine oder mehrere Saisons gedeckt sind. Es ist nur eine Vermutung, wenn man sagt, dass das warme Nest die Spieler davor bewahrt, sich im rauen Wind zu behaupten – wo sie sich zwangsläufig werden behaupten müssen, wenn sie es zu etwas bringen wollen.
Europas Golfnation Nummer 1 ist England. In England gibt es öffentliche Golfplätze, wie es im Bernbiet Hornusserplätze gibt. Sehr viele. Die Jungen können täglich gratis trainieren und spielen. Und sie tun es auch. Ihr Ziel ist es, erfolgreiche Profis zu werden. Auch wenn nur jeder Fünfzigste es schafft, wird England nie einen Mangel an leistungsfähigen Profis haben. Die Jungen tragen Ehrgeiz, Wille und Ausdauer in sich. Sie wissen, dass sie sich ihren ersten finanziellen Zustupf allein erarbeiten müssen. Ihr erstes Preisgeld an einem Profiturnier wird es sein. Werden sie noch besser, werden die Geldgeber von selbst anklopfen. (ram/sda)