Ein Raunen geht durch die Ränge des Stadions Schützenwiese, die 7778 Zuschauer in Winterthur erheben sich. Es ist nicht das Tor, das sie von den Sitzen reisst, sondern vielmehr die Vorlage. Mit der Sohle zieht sie den Ball zurück und spielt dann einen perfekten Steckpass mit der Hacke auf Géraldine Reuteler. Grosse Fussballkunst vor fast ausverkauften Rängen. Und dies bei der Generalprobe.
Riola Xhemaili hätte sich wahrlich einen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können, um gross aufzuspielen. 18 Minuten vor der Zauber-Vorlage hat sie schon die erstmalige Führung für die Schweizerinnen erzielt. Es ist im 31. Länderspiel der sechste Treffer für die 22-jährige Offensivspielerin.
Mit einem Tor und einer Vorlage ist Xhemaili die Gewinnerin des Abends. Klar, auch Reuteler vermochte zwei Skorerpunkte zu sammeln. Nur geniesst die flexibel einsetzbare Nidwaldnerin bei Nationaltrainerin Pia Sundhage ein anderes Standing, dürfte sie in der Offensive gesetzt sein. Xhemaili hingegen wurde von der Schwedin lange links liegen gelassen – trotz einer starken Saison in Eindhoven.
Es bahnte sich für Xhemaili ein Déjà-vu an. Bereits vor der WM 2023 in Neuseeland wurde sie von der damaligen Nationaltrainerin Inka Grings aus dem Kader gestrichen. Nachdem sie die Solothurnerin wieder in den Kreis des Nationalteams aufgenommen hatte, sagte Sundhage über Xhemaili: «Ich erwarte von ihr Tore, Tore, Tore.»
Einsätze jedoch gab es – wenn überhaupt – nur kurze. Gegen Frankreich schmorte Xhemaili 90 Minuten auf der Bank, gegen Norwegen kam sie erst ab der 66. Minute zum Einsatz. Nun schenkte Sundhage ihrer Edeltechnikerin das Vertrauen. Und die zahlte es zurück.
«Tore zu erzielen, ist ein sehr gutes Argument», sagte Sundhage nach der Partie, angesprochen auf die Leistung von Xhemaili. «Sie hat es uns im Training schon gezeigt und heute vor allem beim zweiten Tor: Sie ist technisch sehr beschlagen. Je näher sie dem Tor ist, desto besser ist sie – insbesondere im Strafraum.»
«Nach fast einem Jahr wieder in der Startaufstellung zu stehen, hat gutgetan», sagte die Spielerin selbst. «Ich wollte es einfach geniessen, Spass haben und dem Team helfen.» Gut möglich, dass sie dies auch am Mittwoch im Eröffnungsspiel gegen Norwegen tun kann. Argumente für eine Startelfnominierung hat sie zumindest gesammelt. (abu/sda)