Es waren Wildwest-Szenen, die sich in unmittelbarer Nähe des Fussballstadions Stade de Suisse in Bern zugetragen haben: Auf Pferden machten Berner Polizisten Jagd auf Hooligans, die zuvor versucht hatten, sich gewaltsam Zugang zum Stadion zu verschaffen. Manche Chaoten sollen dem Vernehmen nach aus Angst gar zu Fuss die nahe Autobahn überquert haben, um den Polizisten zu entkommen.
Zuvor war es der Polizei in der Innenstadt nur mit Wasserwerfern gelungen, Zürcher Fans vor Eintreffen der Basler Anhänger zum Verlassen der Altstadt zu bewegen. Auf dem Weg Richtung Stadion war es zu Sachbeschädigungen und Plündereien gekommen. Genaue Zahlen zu den Schäden waren gestern noch keine verfügbar.
Keine Frage: Bern hat erneut einen Cupfinal erlebt, den man sich anders vorgestellt hatte. Der kantonale Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) fordert die Stadt Bern deshalb auf, künftig auf die Austragung des Cupfinals zu verzichten. «Mit einem Fussballfest hat das alles nichts mehr zu tun», sagte er der Nachrichtenagentur SDA.
Das letzte Wort hat indes die Stadt. Stadtpräsident Alex Tschäppät, ein Fussballfan, der im Unterschied zum städtischen Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) bisher nichts Grundsätzliches gegen Fanmärsche einzuwenden hatte, ist enttäuscht: «Die Stadt hat alles unternommen, um ein friedliches Fussballfest zu ermöglichen», sagte der SP-Politiker dem «Regionaljournal» von Radio SRF. Umso frustrierender sei es, dass sich «50 bis 100 Idioten an nichts halten wollten». Für Tschäppät ist es vorstellbar, «dass es in Bern unter diesen Bedingungen keinen Cupfinal mehr geben wird».
Reto Nause hielt sich gestern bedeckt. Bereits am Montag zog er eine «sehr kritische Bilanz». Zahlreiche Abmachungen seien nicht eingehalten worden, sagte Nause. Die Berner Polizei untermauerte gestern Nauses Feststellung: Namentlich die Fanverantwortlichen des FC Zürich hätten mit der Polizei «ungenügend» kooperiert, sagte Manuel Willi, Chef der Polizei Region Bern. Man habe diese mehrmals aufgefordert, die Fans mit Megaphonen zum Verlassen der Altstadt anzuhalten – vergeblich.
Die Berner Polizei trat gestern auch vehement Behauptungen des FC Zürich entgegen, es habe sich bei den Hooligans um «Krawalltouristen» gehandelt, die nicht einmal den Capos, den Anführern der eigenen Fans, bekannt gewesen seien. Laut FCZ seien diese «Krawalltouristen» am Ostermontag im Extrazug nach Bern gefahren. Dann hätten sie sich vermummt und seien zusammen mit den friedlichen Fans durch die Stadt gezogen. Die Berner Polizei hält diese Darstellung für «unhaltbar». Er frage sich, warum denn niemand vom FC Zürich die Polizei über die Präsenz von Unbekannten im Zug informiert habe. Von den 44 Verhafteten, so die Polizei weiter, seien drei Viertel «eindeutig dem Zürcher Lager zugehörig gewesen».
Der FC Basel, dessen Anhänger sich weitgehend an die Auflagen gehalten haben, will abwarten, bis die Schlussberichte der Stadt Bern und des Fussballverbandes vorliegen, ehe er sich zu den Geschehnissen äussert.
Auf Tauchstation waren gestern derweil die Verantwortlichen des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV). «Im Gegensatz zu anderen Beteiligten» wolle der Verband «erst dann kommunizieren, wenn er seriös Bilanz ziehen kann», teilte der SFV mit. Dass es zu Sachbeschädigungen gekommen sei, bedaure er zutiefst. «Der SFV distanziert sich in aller Form von den Tätern.»
Der Grund des Schweigens dürfte die Vereinbarung sein, welche der «Nordwestschweiz» vorliegt und die der SFV mit der Stadt Bern unterschrieben hat. Dort ist geregelt, dass sich der Verband an allfälligen Sicherheitskosten beteiligen muss. Der SFV liess kurz nach Unterzeichnung des Dokuments jedoch durchblicken, dass er mit dieser Beteiligung nicht einverstanden sei. Laut Medienberichten soll eine juristische Abklärung zeigen, ob die Stadt Bern den Verband überhaupt zu einer Zahlung verpflichten kann.