Roger Federer, wie fühlt es sich an, erstmals seit vier Jahren wieder in Roland Garros zu sein?
Roger Federer: Ich bin extrem glücklich, zurück zu sein. Ich habe das Publikum von Roland Garros vermisst und es ist schon, wieder hier zu sein. Vielleicht noch ein bisschen mehr, weil ich die letzten drei Ausgaben verpasst habe. Und wenn du etwas im Leben vermisst, bist du froh, wieder dabei zu sein. So fühlt sich das für mich an. Roland Garros ist der Ort, wo vor 20 Jahren alles für mich begann, als ich das erste Mal hier spielte. Und als ich vor zehn Jahren hier gewann, war das einer der grössten Momente in meinem Leben.
2016 trainierten Sie zwar hier, mussten aber absagen. Wie war das damals?
Ich kam nach Paris, da war ich schon völlig ‹atätscht› mit dem Rücken und dem Knie. Das Knie war in Madrid total aufgeschwollen, den Rücken hatte ich mir auch noch blockiert. Ich dachte, ich schaue mal, wie das Knie reagiert. Ich weiss noch, da war ich einen Tag hier, wärmte mich mit Pierre (Fitnesstrainer Paganini, Anm. d. Red.) im Hotel auf. Irgendwann hielt ich beim Rennen an und sagte: ‹Was machen wir hier eigentlich? Ich weiss nicht, wie das weitergehen soll.› Das Knie fühlt sich an wie hundert Kilo. Dann haben wir eine Stunde geredet, bis man uns aus dem Raum geworfen hat. Ich habe am Nachmittag noch trainiert, um zu sehen, wie es isch auf dem Platz anfühlt. Klar, konnte ich im Stehen Tennis spielen und etwas Rennen. Aber ich wusste: Eine Runde, mehr geht nicht, das wäre das höchste der Gefühle. Da musste ich mir sagen, dass es keinen Sinn macht. Der Rücken war fragil, wie Glas. Das Knie war wie Glas. Alles war sehr unsicher. Darum war es eine gute Entscheidung.
La foule,sur le Suzanne Lenglen pour l’entraînement de @rogerfederer à @rolandgarros face à Jérémy Chardy @RTSsport pic.twitter.com/UWqpYF9nSf
— Borsier Herve (@BorsierH) May 25, 2019
Glauben Sie, dass Sie das Turnier gewinnen können?
Das weiss ich nicht. Das ist auch für mich die grosse Frage. Irgendwie fühlt es sich sehr ähnlich an wie bei den Australian Open 2017, wo ich keine Erwartungen hatte. Es ist ein Sprung ins Ungewisse. Ich spüre, dass ich gutes Tennis spiele, aber ist es gut genug, um gegen die absolut Besten zu bestehen? Hier bin ich nicht sicher, ob ich es im Racket habe. Aber ich hoffe, dass ich mich in die Postion bringe, um es herauszufinden.
Worin besteht die besondere Herausforderung auf Sand?
Es ist eine Spur langsamer. Es gibt Bedingungen, die du nicht kontrollieren kannst. Wenn es kalt ist und Nieselregen hat zum Beispiel. Dann profitiert man vom Aufschlag weniger und man muss es von der Grundlinie aus richten und da gibt es viele sehr starke Spieler. Die Bälle verspringen auch eher, du kannst sie nicht so früh nehmen, wie ich das gerne mache. Und ich muss mein Spiel stark anpassen, weiter nach hinten gehen. Plötzlich bist du immer und immer wieder in den gleichen Ballwechseln verwickelt. Das fordert meine Kreativität heraus.
Erholen Sie sich mit 37 Jahren schlechter von Matches auf Sand?
Der grösste Unterschied zu früher ist, dass es länger dauert, bis man sich von einer Verletzung wieder erholt. Wenn dein Rücken als Teenager blockiert ist, schmerzt es vielleicht für den Rest des Tages und am nächsten ist alles wieder gut. Aber wenn du das in meinem Alter hast, hast du vielleicht eine Woche Probleme, oder sogar einen Monat. Natürlich hatte ich nach Madrid den einen oder anderen Schmerz im Muskel, den ich sonst nicht habe. Aber das ist normal.
Sie mussten in Rom Forfait erklären. Haben Sie offene Fragen bei der Gesundheit?
Nein, keine. Ich konnte genug hart trainieren und hatte harte Matches in Madrid und Rom, was nötig ist. Unter Druck zu spielen, mit angespannten Nerven, war wichtig für mich, um mich absolut bereit zu fühlen. Ich fühle mich wie vor jedem Grand-Slam-Turniere: Wenn du lange und harte Matches zu Beginn verhindern kannst, steigen auch die Chancen, um den Sieg mitspielen zu können. Trotzdem möchte ich noch nicht zu weit vorausdenken.