Gut für die Liga oder nur für den Meister? Das Pro und Contra zur CL-Qualifikation von YB
Die Berner Young Boys schafften gestern etwas, was vor zwei Jahren für Klubs aus der Schweizer Super League bald als «beinahe unerreichbar» eingestuft wurde. Sie qualifizierten sich für die Gruppenphase der Champions League – der Crème de la Crème des europäischen Klubfussballs.
Dabei profitierten die Berner auch von etwas Losglück, gingen sie doch über alle drei Runden stärkeren Gegnern aus dem Weg. Die Playoffs gegen Ferencvaros Budapest kosteten YB-Fans dennoch einiges an Nerven. Von frühen Rückständen, verspielten Führungen, Roten Karten bis zu verschossenen Penaltys war alles mit dabei. Am Ende setzten sich die Berner aber mit zwei Siegen durch.
Die Qualifikation für die Gruppenphase bedeutet für YB auch Zugang zu den grössten europäischen Honigtöpfen. Rund 25 Millionen Euro erhält die Equipe von Sportchef Christoph Spycher nach dem gestrigen Sieg, dazu kommen Zuschauereinnahmen und allfällige weitere Erfolgsprämien. In der Europa League, wo die Young Boys bei einer Niederlage ebenfalls in der Gruppenphase gestanden wären, hätte es «nur» rund 12 Millionen Euro zu holen gegeben.
Doch ist es jetzt gut, dass YB in der Champions League wichtige Punkte für die Schweiz in der UEFA-Fünfjahreswertung holt? Oder sorgen die zusätzlichen Einnahmen des Serienmeisters noch für ein grösseres Ungleichgewicht in der Super League? Zwei Redaktoren, zwei Meinungen.
Klar, die Qualifikation für die Gruppenphase bringt in erster Linie YB etwas: Wirtschaftliche und sportliche Sicherheit in unsicheren Corona-Zeiten, doch auch der Rest der Schweiz profitiert.
Zunächst vom gestiegenen Prestige der Super League, das Spieler aus dem Ausland nicht nur zu YB locken wird. Dann vom Aufstieg in der Fünfjahreswertung: Mehr Europacup-Plätze bedeuten, dass mehr Klubs die Chance kriegen, europäisch mitzutun. Und schliesslich von der Solidaritätszahlung von rund 750'000 Franken für jeden nicht europäisch vertretenen Super-League-Klub.
Das Argument, dass YB der Konkurrenz immer weiter entrückt, mag teilweise stimmen. Doch die Berner haben sich das durch gute und nachhaltige Arbeit auch verdient. Dass sich die Machtverhältnisse trotz CL-Millionen schnell wieder ändern können, hat zuletzt das Beispiel des FC Basel gezeigt.
Und zur Erinnerung: Bei GC, Lausanne und Lugano «werkeln» seit kurzem finanzkräftige Investoren mit hohen Zielen – eine ausgeglichene Liga ist im durchkommerzialisierten Fussball leider längst zur Utopie geworden.
31 Punkte betrug der Vorsprung von Meister YB letzte Saison auf den FC Basel. Mit dem Champions-League-Geld wird das Ungleichgewicht innerhalb der Super League noch grösser.
Während Basel – der einzige ernsthafte Konkurrent YBs – Spieler wie Cabral früher oder später verkaufen muss, kann Christoph Spycher es sich leisten, auf Spielerverkäufe zu verzichten, oder hochwertigen Ersatz zu holen.
Alle haben wir die acht Meistertitel von Basel im Kopf, selbst FCB-Fans wurde es damals fast langweilig. Eine derart unausgeglichene Liga kann für niemanden das Ziel sein, droht jetzt nach vier YB-Titeln in Folge aber genau wieder.
Die Ausgleichszahlungen von rund 750'000 Franken, die alle Super-League-Klubs erhalten, sind da nur ein Tropfen auf den heissen Stein.
Und auch das Argument, dass YB für die Schweiz Punkte in der UEFA-Wertung sammelt, zählt nicht. Diese Punkte könnten die Berner auch in der Europa League oder der neuen Conference League sammeln – für weniger Geld, dafür auch mit weniger schweren Gegnern.
Und jetzt du!
Und was ist deine Meinung zu dieser Sache? Lass es uns in den Kommentaren wissen.