Joseph überwand die zehn Hürden in 13,11 Sekunden. Der Sprinter des LC Therwil freute sich über die Platzierung und die starke Zeit gleichermassen, obwohl diese bei einem Rückenwind von fast drei Metern pro Sekunde zustande kam und somit nicht in den Rekordlisten auftauchen wird.
«Ich konnte mich unter den Weltbesten behaupten, das ist super», betonte Joseph. Die Bedingungen seien für alle gleich schwierig gewesen. «Plötzlich kamen die Hürden zu nahe und ich wusste: ’Nein, es ist nicht windstill’», scherzte der Basler. Aber trotz eines technisch schlechten Laufs unterbot er seinen Rekord. «Das zeigt, dass die 13,12 von La Chaux-de-Fonds kein Zufall sind», analysierte der Basler.
Joseph hat inzwischen zur sauberen Lauftechnik zurückgefunden. Zu Beginn der Saison hatte der Basler noch schwache Leistungen im Wettkampf verdauen müssen, obwohl er im Trainingscamp in den USA an Kraft und Schnelligkeit zugelegt hatte. Die Power brachte der 22-Jährige zunächst nicht sauber ins Hürdenkorsett. Er stand sogar unter Druck, mangels Leistungsbestätigung von Swiss Olympic nicht für Tokio nominiert zu werden. Erst am Ende der Selektionsphase an den Schweizer Meisterschaften in Langenthal gelang ihm der Befreiungsschlag.
Die beiden Olympia-Finalistinnen Ajla Del Ponte und Mujinga Kambundji traten erstmals seit dem Olympia-Final in Tokio wieder gegeneinander an. Die Schweizerinnen nutzten den kurzfristig schwächeren Wind, 1,7 m/s gaben den Sprinterinnen am kühlen Abend Schub, um legale Top-Zeiten und die Plätze 6 und 7 im Feld der Weltbesten zu erreichen. Ajla Del Ponte war in 10,97 Sekunden exakt gleich schnell unterwegs wie im Olympia-Final in Tokio.
Die Tessinerin, die zunächst in Japan und danach in La Chaux-de-Fonds den nationalen Rekord auf 10,90 Sekunden gesenkt hatte, freute sich primär über ihre Konstanz. Mujinga Kambundji wirkte weniger vergnügt. «Der Lauf war ganz okay, aber ich habe noch bessere Zeiten in den Beinen», sagte sie. Den Beweis kann sie in Paris antreten. Dort duellieren sich die beiden Schweizerinnen am Samstag beim Diamond-League-Meeting erneut.
Die schnellste Frau des Abends war die Jamaikanerin Shelly-Ann Fraser-Pryce. Mit 10,60 Sekunden gelang ihr die drittschnellste je gelaufene Zeit in der Königsdisziplin. Fraser-Pryce entschied das packende Duell mit ihrer Landsfrau Elaine Thompson-Herah, der Olympiasiegerin von Tokio, um vier Hundertstel zu ihren Gunsten. Letztere war am Samstag in Eugene 10,54 Sekunden gelaufen. Dritte wurde die ebenfalls aus Jamaika stammende Shericka Jackson (10,92). Das Trio hatte schon in Japan die ersten drei Ränge belegte. Insgesamt blieben sechs Läuferinnen unter elf Sekunden.
Weiter in Topform befindet sich Dreispringerin Yulimar Rojas. Der Venezolanerin gelangen Sätze auf 15,56, 15,42 und 15,52 m. Erstere Weite kommt nicht in die Bestenliste, da der Wind zu stark blies (+3,5 m/s). Besser als 15,52 m sprang sie nur einmal, bei ihrem Weltrekord von 15,67 m, erzielt an den Olympischen Spielen in Tokio.
Der Abschied von Lea Sprunger auf der Pontaise endete aus sportlicher Sicht erfreulich. In 54,75 Sekunden erreichte die Frau aus Nyon bei schwierigen Windverhältnissen einen tollen Wert, der bloss 7 Zehntel von ihrem Rekord entfernt liegt. Die Romande wusste somit die Emotionen zu kanalisieren – vor 12'900 Zuschauern keine Selbstverständlichkeit.
Die Schweizer 4x100-m-Staffel musste sich wie schon in Japan den Britinnen geschlagen gaben. In Tokio gewannen die Frauen von der Insel Bronze, in Lausanne holten sie sich den Sieg. Salomé Kora liess sich auf den letzten Metern noch abfangen. In 42,47 Sekunden gelang der Schweizer Frauenstaffel – sie trat wie in Japan in der Besetzung Riccarda Dietsche, Ajla Del Ponte, Mujinga Kambundji und Salomé Kora an – ein sehr guter Wert angesichts der kühlen, windigen Bedingungen. Seit Tokio steht der Schweizer Rekord bei 42,05 Sekunden.
Im 200-m-Lauf nutzte William Reais den viel zu starken Rückenwind nicht optimal. Der 22-jährige Bündner des LC Zürich kam in 22,46 Sekunden klar nicht an seinen Bestwert (20,24) heran. Der U23-Europameister ist derzeit wohl auch der schnellste Schweizer. Am vergangenen Samstag in Bern jedenfalls hatte er sich im Dreikampf mit Silvan Wicki und Ricky Petrucciani im Dreikampf über 100 m in 10,22 Sekunden durchgesetzt.
Der 21-jährige Petrucciani durchmass die Bahnrunde im Duell gegen Karsten Warholm in mässigen 46,42 Sekunden. «Es war schwierig, bei diesem Wind den Rhythmus zu finden», erklärte der Olympia-Halbfinalist über 400 m. Der Tessiner U23-Europameister dürfte dereinst den mittlerweile 25 Jahre alten Rekord von Mathias Rusterholz (44,99) tilgen. Diesen Sommer ist der 21-Jährige schon bis auf 3 Hundertstel an die Bestmarke herangesprintet. «Ich lasse mich nicht unter Druck setzen. Wenn es heuer nicht klappt, dann nächstes Jahr», sagte er.
Der 3000-m-Lauf steht eher selten im Programm. Die 7:41,05 Minuten von Markus Ryffel aus dem Jahr 1979 stehen noch immer in den Schweizer Rekordlisten. Die Bedingungen liessen einen Angriff auf diese Marke nicht zu. Jonas Raess beendete das Rennen in 7:56,07 Minuten. (nih/sda)