Rafael Nadal hat mit dem Sieg gegen Novak Djokovic als erster Spieler neun Mal ein wichtiges Turnier auf der ATP-Tour gewonnen. Nachdem er in Monte Carlo und Barcelona in diesem Jahr daran noch scheiterte, hat es jetzt beim dritten Anlauf geklappt. Irgendwie musste die Bühne mit einem Major-Turnier ja auch gross genug sein, für diese brillante Leistung.
Nadal hat mit dem Sieg einen weiteren Rekord ausgebaut. Als erster Spieler der Geschichte gewann er jetzt zehn Jahre in Folge mindestens ein Grand-Slam-Turnier. Bei Roger Federer riss die Serie 2011 nach acht Jahren.
Ausgerechnet der Spanier, dem wegen seiner kräftezehrenden Spielweise und den vielen Verletzungen viele ein frühes Karriereende prophezeiten, entpuppt sich als Muster der Konstanz. Egal, welche Rückschläge er verkraften muss, unabhängig davon, wie lange er pausieren muss, der «Matador» kehrt noch stärker zurück. Damit bringt er sogar Federers Rekord von 17 Major-Titeln ins Wanken. Aktuell liegt er mit 14 gemeinsam mit Pete Sampras bereits an zweiter Stelle, und das mit gerade erst 28 Jahren. Federer erreichte jene Marke rund zwei Monate vor seinem 28. Geburtstag 2009 praktisch zum gleichen Zeitpunkt.
«Das beschäftigt mich nicht und ist keine spezielle Motivation für mich», versichert Nadal. «Ich verfolge meinen eigenen Weg, und am Ende können wir zählen. Ein neuer Rekord ist für mich nicht wichtig, im Moment bin ich mit 14 Titeln sehr glücklich.» Dass die Sammlung damit jedoch abgeschlossen ist, darf sehr bezweifelt werden. Von den letzten fünf Major-Turnieren liess sich der Spanier dreimal als Sieger feiern.
Trotzdem: Die Zeit nagt auch an Rafael Nadal. Grand-Slam-Siege im Alter von über 30 Jahren sind eine Seltenheiten. Pete Sampras hat es beispielsweise geschafft, André Agassi gar mit 33 Jahren und 2012 zuletzt Roger Federer als 31-Jähriger und nach zuvor neun Grand Slams ohne Titel. Nadal wird am 3. Juni 2016 eine 3 auf dem Rücken haben. Genau während des French Open. Bis dahin bleiben ihm sieben Major-Turniere. Auch wenn er diese Theorie schon einige Male Lügen gestraft hat: Aufgrund des Spielstils dürfte der Spanier höchstens bis 30 auf allerhöchstem Niveau spielen.
Alle wird er nicht gewinnen. Aber mit 14 Titel fehlen ihm nur noch deren drei, um mit Federer gleichzuziehen. Es ist die eine von den zwei wichtigsten Bestmarken Federers. Die andere – 302 Wochen als Weltnummer 1 – wird Nadal nie erreichen. Er steht aktuell bei 138 Wochen auf dem Thron. Es ist die Bilanz, die noch mehr für Konstanz auf höchstem Niveau spricht, als die Anzahl Grand-Slam-Titel.
Doch ja, 17 oder gar mehr Grand-Slam-Titel, das ist möglich für den Spanier. Ich glaube aber nicht daran. Nadal war in diesem Jahr auf Sand nicht mehr so überragend wie auch schon. Und die Lücke wird immer kleiner. Novak Djokovic, Andy Murray und auch noch Roger Federer können Nadal sowieso überall bezwingen.
Stan Wawrinka hat den Beweis ebenfalls erbracht und mit Milos Raonic, Ernests Gulbis oder Kei Nishikori stossen Junge nach, die bald um die ganz grossen Titel mitreden dürften. Dazu gesellen sich David Ferrer, Tomas Berdych oder Juan Martin Del Potro, die vielleicht auch mal die zwei besten Wochen ihres Lebens im richtigen Moment erleben. Und auch Grigor Dimitrov, Jo-Wilfried Tsonga oder Jerzy Janowicz sind in den nächsten Jahren für einen Coup gut. Kurz: Die Spitze ist zu breit, als dass Nadal in den nächsten – sagen wir optimistisch allerhöchstens – vier Jahren mehr als zwei Majors gewinnt.
Wie schnell es gehen kann, weiss Nadal selbst. Das Selbstvertrauen spielt eine enorm wichtige Rolle. Nach der Niederlage beim Australian Open sagt er: «Das war für mich hart zu akzeptieren und zog mich in den folgenden Monaten mental runter.»
Also ich wäre ja für ein Nadal-Federer Finale in Wimbledon;Aber mit einer Finalteilnahme Rafas rechne ich da nicht
— Pätrig (@___Kitsune___) 8. Juni 2014
Nadal kann zwar noch jedes Grand-Slam-Turnier gewinnen. Auf Sand in Roland Garros wird der Spanier auch noch einmal siegen. Doch beim Australian und US Open ist die Hartplatzkonkurrenz zu stark. Dann gewinnt der Stier von Manacor höchstens noch zum dritten Mal in Wimbledon, obwohl ihm dort sein Knie jeweils mehr als sonst zu schaffen macht. Er muss Wimbledon daher in diesem Jahr gewinnen, sonst reicht's auch auf dem heiligen Rasen nicht mehr für einen weiteren Pokal.
Die Chancen, dass Federer in Südwest-London gewinnt, stehen allerdings besser, als dass Nadal die Trophäe absahnt. Und auf 18 Major-Titel kommt Nadal sowieso nicht mehr.
Mit Material der SI.