Bei den Olympischen Spielen von Peking ist es am Dienstag zu einer grossen Überraschung gekommen. Italien holte sich im Mixed-Curling mit einem Finalsieg gegen Norwegen die Goldmedaille. Für die Südeuropäer war es die erste Olympia-Medaille überhaupt im Curling.
🥇🇮🇹 STEFANIA CONSTANTINI E AMOS MOSANER D'ORO 🇮🇹🥇
— Eurosport IT (@Eurosport_IT) February 8, 2022
Avete presente le favole? Questa è la realtà. Incredibili! #Beijing2022 #curling #Olympics pic.twitter.com/NAL4iTa9Sq
Mit ihrem Finalsieg krönten die beiden «Azzurri» ein herausragendes Turnier: Sie gewannen nicht nur den Halbfinal und den Final, sondern davor auch sämtliche neun Partien der Round Robin. Während des Turniers entstand in Italien so eine kleine Curling-Euphorie und nach dem Finalsieg sicherte sich das italienische Duo die Schlagzeilen der Sportzeitungen, welche normalerweise dem Fussball vorbehalten sind. Die «Gazzetta dello Sport» schreibt von einer «unglaublichen Magie», der «Corriere dello Sport» von einer «historischen» und «legendären» Medaille. Mittendrin als neuer italienischer Fan-Liebling: Gold-Heldin Stefania Constantini.
Die Norditalienerin, die seit ihrer Kindheit in Cortina lebt, imponierte dem Curling-Publikum vor allem mit ihrer Coolness. Mit erst 22 Jahren und obwohl sie im Gegensatz zu ihrem Partner Amos Mosaner zum ersten Mal bei Olympia dabei ist, übernahm sie während des ganzen Turniers die Rolle des Skips.
Damit traf sie die definitiven Entscheidungen und spielte die letzten Steine jedes Ends – diejenigen also, die fast immer über Sieg und Niederlage entscheiden. Das gebe ihr zusätzliche Motivation, meinte sie dazu. Diesem Druck hielt sie bis zum Ende Stand: Übers ganze Turnier kam sie mit ihren Steinen auf eine Erfolgsrate von 80 Prozent, ein absoluter Spitzenwert.
Diese Coolness erstaunt vor allem deshalb, weil Constantini im Spitzencurling noch zu den unerfahrensten bei Olympia gehört. Erst mit acht Jahren machte sie ihre ersten Gehversuche auf dem Eis, zudem sind die Strukturen in Italien für die Curlerinnen noch weniger weit entwickelt als bei den Männern.
Während Mosaner sich seit einigen Jahren voll dem Curling widmen kann, muss Constantini parallel zum Sport als Verkäuferin in Cortina arbeiten. Dabei hatte auch sie mit EM-Bronze im Frauen-Team 2017 für einen Höhepunkt im italienischen Curling gesorgt. «Vielleicht hat meine Qualifikation für Peking nun dazu beigetragen, dass auch den Frauen die Türen etwas mehr geöffnet werden», sagte sie deshalb vor Olympia in einem Interview mit «Elle», «der Moment ist gekommen, um in uns zu investieren».
Doch trotz dieser Umstände zeigte Constantini in Peking ein hervorragendes Turnier. Sie überzeugte nicht nur mit ihrer Konstanz, sondern zeigte auch immer wieder Steine fürs Highlight-Reel. Einen davon in der Round Robin, als sie gegen Schweden mit ihrem letzten Schuss zwei gegnerische Steine aus dem Haus räumte und mit einem Viererhaus doch noch für einen klaren Sieg sorgte. «Wie spielt denn Stefania?», konnte es der italienische Kommentator Dario Puppo kaum fassen, «verrückt! Dieses Spiel werden sie nie mehr vergessen.»
"MA CHE PARTITA É?! PAZZESCO!" 🤩🤩🤩
— Eurosport IT (@Eurosport_IT) February 6, 2022
Due bocciate assurde di Stefania Constantini e l'Italia batte anche la Svezia! 😌🥌🇮🇹 #HomeOfTheOlympics | #Beijing2022 | #Pechino2022 | #Curling | #ItaliaTeam | @DarioPuppo pic.twitter.com/RLODjx55hc
Constantini selbst bleibt hingegen auch bei solchen Steinen ruhig. Nach einem gelungenen Stein lächelt sie nur kurz. Erst nach dem Halbfinal-Einzug, als sie bei der Video-Wand mit Freunden und Familie verbunden wurde, kamen sowohl ihr als auch ihrem Partner Mosaner die Tränen.
Dopo la finale conquistata arrivano le lacrime 🥺🥺🥺
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Stefania Constantini e Amos Mosaner si emozionano durante il collegamento con le loro famiglie 🤧🤧🤧#HomeOfTheOlympics | #Beijing2022 | #Pechino2022 | #Curling | #ItaliaTeam pic.twitter.com/AFepyez3j2
Mit ihren Erfolgen und ihrer Art ist die 22-Jährige nun zu einer der grossen Figuren Italiens bei den Spielen geworden. Italien sei dank ihr und Mosaner «zurück in die Steinzeit», titelte die «Gazzetta dello Sport» letzte Woche, es seien wieder «alle verrückt nach Curling». Am Sonntag ergänzte dann die prominenteste Sportzeitung des Landes: «Constantini lässt alle Italiener in einen Sport verlieben, der bei uns nach 2006 etwas vergessen gegangen ist.»
Mit der Goldmedaille als Höhepunkt ist das Märchen von Stefania Constantini in Peking nun vorbei. Ein weiterer Aspekt, der zeigt, wie überraschend die Mixed-Goldmedaille war: Während Mosaner auch beim Männerturnier dabei sein wird, schaffte das italienische Damenteam mit Skip Constantini die Qualifikation für Peking nicht. Bei der WM im letzten Jahr verpasste man den geforderten Rang 6 als 13. deutlich, beim folgenden Quali-Turnier für Peking blieb man hinter den Aussenseiterinnen Korea und Japan.