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Peking machts möglich – echtes Pausenplatz-Hockey als Vorbereitung

Patrick Fischer, head coach of Switzerland national ice hockey team, talks between Switzerland's forward Noah Rod, let, and Switzerland's forward Joel Vermin, right, during the IIHF 2021 Wor ...
Patrick Fischer und seine Jungs beschweren sich nicht mehr über unbequeme Betten.Bild: keystone
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Peking machts möglich – echtes Pausenplatz-Hockey als Vorbereitung

Es ist eine olympische Premiere: Am Sonntag planen die Schweizer und die Finnen Pausenplatz-Hockey als Vorbereitung aufs olympische Hockey-Turnier.
04.02.2022, 19:4105.02.2022, 13:14
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Am Donnerstagvormittag sind die Schweizer Hockey-Männer in Peking eingetroffen. Schon auf dem gut neunstündigen Flug von Zürich nach Peking ist der Mannschaftsgeist gelebt worden: Die Hockey-Delegation hätte das Anrecht auf zwei Plätze vorne in der Business-Klasse gehabt. «Wir haben darauf verzichtet und sind alle hinten gesessen», sagt Patrick Fischer. Eine Mannschaft hat zwar eine klare Hierarchie und Leitwölfe. Aber sie ist im Sinne von Karl Marx und Friedrich Engels klassenlos.

Alle hinten in den engen, billigen Sitzen. Keiner vorne auf den teuren Plätzen, wo die Beine gestreckt werden können und besseres Essen aufgetischt wird. So muss es sein: Wenn alle bei einer olympischen Expedition im gleichen Boot sitzen, dann gehört es sich auch, dass im Flugzeug alle auf den gleichen Stühlen hocken. Der Auftakt ist schon mal gelungen.

Vor vier Jahren hatte das olympische Abenteuer in Südkorea mit einer denkwürdigen Medienkonferenz begonnen: Verbandssportdirektor Raëto Raffainer (heute Obersportchef beim SCB) und Nationaltrainer Patrick Fischer beklagten sich offiziell über zu harte Betten in der olympischen Unterkunft. Bissig war der Spott und nach einer Niederlage gegen Deutschland wurden die Lichter schon nach dem Achtelfinal gelöscht. Patrick Fischer versteht die Boshaftigkeit hinter der Frage, wie er und seine Männer jetzt liegen und beruhigt: «Die Betten sind gut.»

Ein erfreulicher Lernprozess. Vor vier Jahren haben die Männer des härtesten Teamsports noch über zu harte Betten gemurrt. Jetzt haben sie klaglos für einen Langstreckenflug auf den billigen Sitzen Platz genommen.

Aber die Vorbereitung für Peking ist nicht optimal. Ein letztes Testspiel gegen die Kanadier am letzten Dienstag im Zuger Luxus-Trainingszentrum OYM musste kurzfristig abgesagt werden. Die letzte Partie liegt nun schon mehr als 40 Tage zurück: Am 17. Dezember besiegte die Schweiz die Slowakei in Visp 3:2. Damals ging es um die Plätze im Olympia-Team, die neben den NHL-Profis noch zu vergeben waren. Aber die NHL hat ihre Stars nicht freigegeben. Patrick Fischer sind heikle Selektions-Entscheide erspart geblieben.

Ein Trainingsspiel vor der ersten Partie in Peking am Mittwoch gegen Russland wäre gut. Ist aber nicht machbar. Zumindest nicht offiziell. Aber Patrick Fischer hat eine Lösung gefunden: «Am Sonntag haben die Finnen gleich nach uns Training. Wir planen, unsere Trainings zusammenzulegen und ein Spiel auszutragen.» Ohne Schiedsrichter. Ohne Uhr. Die Unparteiischen sollen aus dem Staff der beiden Teams nominiert werden. Patrick Fischer sagt, man habe vom internationalen Verband die Bewilligung bekommen. Die Partie wird in keiner Länderspiel-Statistik erscheinen.

Die Finnen trainieren bereits in Peking.
Die Finnen trainieren bereits in Peking.bild: instagram.

Kommt dieses unkonventionelle Vorbereitungsspiel zustande, dann ist es internationales «Pausenplatz-Hockey» im besten Wortsinn: Ein wenig «Mätschlen» wie früher auf dem Pausenplatz. Pure Hockey- und Olympia-Romantik.

Eigentlich ein gutes Omen. Patrick Fischers Konzept war bei seiner ersten WM 2016 in Moskau als international untaugliches, viel zu offensives «Pausenplatz-Hockey» kritisiert worden: Zu stürmisch. Zu wenig strukturiert. Es reichte nicht einmal für die Viertelfinals.

Inzwischen wissen wir es besser und verneigen uns: Patrick Fischer war ein verkannter Visionär. Es war das erste Wetterleuchten einer spielerischen Entwicklung, die 2018 bis ins Penaltyschiessen des WM-Endspiels gegen Schweden geführt hat. Vom Pausenplatz in zwei Jahren bis hinauf in den WM-Final. Vielleicht gelingt diese Entwicklung hier in Peking in zwei Wochen.

Patrick Fischer, head coach of Switzerland national ice hockey team, looks his players during a training session, at the IIHF 2021 World Championship quarter final game between Switzerland and Germany ...
Patrick Fischer visiert mit seiner Mannschaft in Peking eine Medaille an.Bild: keystone

Olympische Geschichte haben die Schweizer Hockeystars hier ohnehin schon geschrieben. Andres Ambühl trägt bei der Eröffnungsfeier die Fahne ins Stadion. Zum ersten Mal seit Bibi Torriani 1948 bei den Spielen in St.Moritz den olympischen Eid abgelegt hat, darf ein Hockeyspieler eine Mission im Namen der gesamten Delegation übernehmen. Was gut zum kürzlichen 100-Jahre-Jubiläum des HC Davos passt: Bibi Torriani und Andres Ambühl sind alle beide HCD-Legenden.

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2022 in Peking: FINNLAND - Olympische Athleten aus Russland 2:1.
quelle: keystone / matt slocum
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