Mason McTavish sagt, die ganze Geschichte sei «pretty cool». Wohl wahr.
Eigentlich ist es fast so, wie wenn für ihn hockeytechnisch Weihnachten und Neujahr auf den gleichen Tag fallen: Erstens steht er hier in Peking im kanadischen Olympiateam und zweitens übt er im Training an der Seite von Superstar Eric Staal.
Ist das, was der Chronist während des Trainings von der Tribüne aus gesehen hat, keine Täuschung? Ist er tatsächlich als Linienpartner des NHL-Sauriers vorgesehen? «Ja, so ist es. Ich soll neben ihm Energie und Tempo ins Spiel bringen. Nie hätte ich auch nur zu träumen gewagt, dass ich einmal mit ihm bei Olympischen Spielen für Team Canada spielen darf.» Eric Staal ist 37, Mason McTavis 19: Der älteste und der jüngste Spieler des Teams im gleichen Sturm.
Das ist wahrlich eine ganz besondere Geschichte. Eric Staal (37) ist nach der Absage der NHL aus dem Ruhestand aufgescheucht worden und führt die Kanadier als Captain ins Olympische Abenteuer. Mit der Erfahrung aus 1 213 NHL-Partien (441 Tore, 593 Assists) und als Mitglied des exklusiven «Triple Gold Club» ist er der grösste Name des Turniers: In diese Vereinigung wird nur aufgenommen, wer Olympiasieger war, den Stanley Cup und den WM-Titel gewonnen hat. Eric Staal holte 2006 den Stanley Cup mit Carolina, 2007 den WM-Titel und 2010 gehörte er zum kanadischen Team, das in Vancouver im Final die Amerikaner in der Verlängerung besiegte und olympisches Gold holte.
Da drängt sich die Frage an den letztjährigen Stürmer der Oltner auf: Haben Sie Eric Staal beim Einrücken gleich um ein Autogramm gebeten? «Nein, aber ich denke, dass ich das noch machen werde. Ich habe ihn schon als Bub bewundert.» Als Eric Staal damals in Vancouver seinen Olympiasieg feierte, war ja Mason McTavish erst sieben Jahre alt.
Trainer Jeremy Colliton weiss, warum er seinen jüngsten Spieler mit dem Saurier tanzen lässt: Mason McTavish soll als Tempo- und Energie-Stürmer Eric Staal sozusagen im Windschatten mitziehen. Er hat die längsten, struppigsten Haare, sieht ein bisschen aus wie SCB-Kultverteidiger Beat Gerber in jungen Jahren und keine Frage: Mason McTavish ist der «wilde Hund» im Team.
Nach der Absage der NHL habe er zwar gewusst, dass er ein Kandidat fürs Olympiateam sei. Aber mit einer Nomination habe er eigentlich nicht gerechnet. «Ich war gerade im Auto unterwegs, als mich mein Vater angerufen hat. Er wusste es von meinem Agenten.»
Nach seinem erfolgreichen Einstand in der NHL mit Anaheim (9 Spiele /2 Tore/ 1 Assist) ist die letztjährige Powermaus diese Saison erst einmal zu den Junioren zurückgeschickt worden. Kein Problem. «Das ist besser für meine Entwicklung.» Er ist von Anaheim 2021 in der ersten Runde als Nummer 3 gezogen worden, gilt als einer der kommenden NHL-Stars und kann eine Karriere wie Eric Staal machen, der 2003 im Draft die Nummer 2 war.
Mason McTavish kann bereits jetzt auf seine Art Geschichte schreiben: In der Zeitspanne eines Jahres Tore für Olten in der Swiss League, für Anaheim in der NHL, weitere Treffer in der AHL, bei den Junioren und nun für Team Canada beim Olympischen Turnier.
Bescheiden, freundlich und cool wie er nun mal ist, sagt er zu dieser Aufzählung lediglich: «Ja, ich habe in einigen Teams gespielt …»
Wäre der Kanadier vor einem Jahr nicht ins kanadische U 18 WM-Team berufen worden, das er dann als Captain zum WM-Titel führte – Kloten wäre in den Playoffs schon im Halbfinal gegen Olten auf der Strecke geblieben. Mason McTavish hatte in den vier Viertelfinalpartien gegen Thurgau sieben Punkte gebucht.
Dass die Oltner diese Saison die Liga rocken, weiss er sehr genau. «Ich schaue immer nach, was Olten gespielt hat und ich bin nach wie vor mit einigen Oltnern in Kontakt. Natürlich mit Dion Knelsen und Garry Nunn. Aber auch mit weiteren Leuten, unter anderem mit dem Präsidenten. Es war eine coole Zeit in Olten …»
Und so wie Eric Staal mit 37 noch einmal aus dem Ruhestand aufs Eis zurückgekehrt ist, so ist die Hoffnung berechtigt, dass Mason McTavish dereinst in 18 Jahren, nach mehr als 1000 NHL-Spielen, ein paar Stanley Cups und vielen Millionen auf dem Bankkonto noch ein oder zwei Jahre in Olten anhängt.
Eine Schweizer Lizenz hat er ja. Sein Vater Dale McTavish stürmte von 2000 bis 2010 in der Schweiz für die Lakers, die ZSC Lions und Zug. In dieser Zeit löste sein Sohn als Junior die erste Lizenz und gilt nun hockeytechnisch lebenslänglich als Schweizer.
Die Kanadier bestreiten am Donnerstag gegen Deutschland das erste Spiel.